„Liebe per Post geliefert“ – die Briefe-Werkstatt
Handgeschriebene Briefe über die normale Post zu verschicken, ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr. Dennoch ließen sich zwei junge Damen vom Zauber vergangener Zeiten verführen und starteten eine überraschende Initiative.
Ana-Maria Cononovici, 08.12.2016, 17:30
Briefe im Kleinformat, Briefe in versiegelten Umschlägen, Puzzle-Briefe, Briefe im Reagenzglas, Briefe zum Anbauen, in Schachteln verpackte Papyrusbriefe oder Flaschen-Briefe — all das wird an einem Arbeitstag in der Werkstatt für Briefe bewerkstelligt. Zwei junge Damen nahmen sich vor, die älteste schriftliche Kommunikationsform neu zu beleben — den Brief. Demnach boten Sie den Interessenten an, ihre Botschaften schön aufzuschreiben und an den von ihnen angegebenen Empfänger liebevoll zu verschicken. Loredana Munteanu, Mitbegründerin der Initiative livrezdragoste.ro (Atelierul de scrisori“) (dt. Liebe per Post geliefert.ro, die Briefe-Werkstatt), lieferte uns mehr Einzelheiten zur Geschichte des Vorhabens:
Wir starteten die Initiative im Jahr 2013, aus dem Wunsch heraus, die Kommunikationswege zu vervielfältigen. Wir planten ursprünglich ein dreimonatiges Projekt. Doch es kam sehr gut an, daher entwickelten wir es weiter. Mit der Zeit verwandelte es sich in eine echte Werkstatt zum Briefe schreiben. Wir wollten zeigen, dass die Handschrift nicht am Aussterben ist.“
Das Ergebnis? Mehrere Hunderte Briefe werden jeden Monat von der Hand geschrieben, erzählte uns Loredana Munteanu. Das Projekt soll erweitert werden. In einem nächsten Schritt werden handgeschriebene Briefe im öffentlichen Raum verteilt:
Wanderbriefe ist eine Initiative, die mir sehr am Herzen liegt. Es war nämlich meine Idee. Zweck des Vorhabens war, den öffentlichen Raum kreativ zu verwerten. Und wir wünschten uns, ein ehrliches Lächeln ins Gesicht der Fahrgäste zu zaubern. Den ersten Versuch machten wir vor 2 Jahren. Wir verteilten Briefe in der U-Bahn. Die Initiative kam dermaßen gut an, dass wir sie ausbauten. Wir verteilten Briefe in Zügen, Straßenbahnen, im Touristenbus. Vor kurzem, genauer am 22. November, reisten wir zum ersten Mal aus Bukarest hinaus nach Kronstadt (rum. Braşov). Dort verteilten wir 300 Briefe in einem Bus. Wir waren sehr gespannt auf die Reaktion der Fahrgäste. Sie waren entweder neugierig oder eher schüchtern. Manche wussten nicht, was zu tun sei, ob sie den Brief nehmen sollen oder nicht. Obwohl auf dem Umschlag deutlich stand: ‚Nur zu! Mach den Umschlag auf. Du bist der Empfänger des Briefs!‘ Die Kronstädter waren begeistert, kann ich im Nachhinein sagen.“
Wie die Leute diese Kommunikationsform betrachten, erfuhren wir ebenfalls von Loredana Munteanu:
Grundsätzlich sind die Menschen beeindruckt davon, dass zwei offenbar verrückte Damen eine klassische Kommunikationsmethode wiederbeleben wollen. Wir legen hohen Wert auf den Charme vergangener Zeiten und schreiben jeden Tag, von der Hand, unzählige Geschichten. Es macht viel Spaß!“
Was die Zukunftspläne betrifft, vor allem in der Vorweihnachtszeit, erzählte uns Loredana Munteanu Folgendes:
Wir haben schon viele Anfragen erhalten. Wir werden gefragt, welches das passende Geschenk für die Mutter, den Vater, die Großeltern, die Arbeitskollegen, die geliebte Person wäre. Viele Rumänen schreiben uns aus dem Ausland. Sie möchten einen Brief an ihre Lieben verschicken, die im Land zurück geblieben sind. Neuerdings zeigen auch die Unternehmen Interesse für unsere Briefe. Sie wollen sich vom klassischen Weihnachtskorb entfernen und, im Gegenzug, ein paar ehrliche Worte, vom Herzen, niederschreiben. Es ist eine schöne Form, sich bei den Partnern und bei den Mitarbeitern für die erzielten Resultate zu bedanken. Wir haben zwei weitere Reiseziele, die wir bald erreichen werden — die Städte Baia Mare und Iaşi. Danach kommen wir nach Bukarest zurück, wo wir wieder ein Verkehrsmittel mit Briefen dekorieren. Ein Verkehrsmittel, das wir bis jetzt mit unseren Briefen nicht in Anspruch genommen hatten.“
Dennoch wollte uns unsere Gesprächspartnerin nicht enthüllen, um welches öffentliche Verkehrsmittel es ginge. Es sei eine Überraschung, hieß es. Mir persönlich gefielen die Flaschen-Briefe am besten. Daher forderte ich Loredana Munteanu auf, uns mehr darüber zu erzählen:
Es sind drei verschiedene Briefarten — der klassische Brief, der Brief in Form eines Cellos und der Brief in Form eines Herzens. Jede Flasche ist schön verziert, entweder mit Lavendel, da wir diesbezüglich viele Anfragen hatten, oder mit einer Weizenähre. Die Weizenähre sei ein Glücksbringer, wird erzählt. Die Botschaften werden auf gewachstem Papier geschrieben. Der Rand des Briefpapiers ist angebrannt, für einen besseren Papiereffekt. Nachdem die Botschaft geschrieben wird, wird das Papier zusammengerollt und in die Flasche gesteckt. Die Flasche wird schön verpackt und mit viel Liebe an den Empfänger verschickt.“
In einer digitalisierten Zeit kann das Verschicken eines Briefes über die normale Post eine Geste sein, die den feinen Unterschied macht und zum Dialog auffordert. Dazu erweicht es Herzen und es schafft bleibende Erinnerungen.