Hörerpostsendung 9.6.2019
Heute u.a. mit Zuschriften von Beate Hansen und Carsten Fenske.
Sorin Georgescu, 09.06.2019, 17:30
Herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI!
Zunächst möchte ich im Namen unserer Redaktion die Anteilnahme an zwei Todesfällen in den Familien von zwei unserer Hörer aussprechen. Herr Frank Bresonik hat unlängst seinen Vater verloren und Herr Helmut Matt kürzlich seine Mutter, wie uns die beiden Hörer per Post bzw. E-Mail mitteilten. Auch wenn die Verstorbenen im hohen Alter waren – der Verlust eines Elternteils ist immer schmerzvoll. Unser aufrichtiges Beileid, liebe Freunde!
Nach längerer Zeit meldete sich unlängst unsere Stammhörerin Beate Hansen (aus Wiesbaden) mit einigen Anmerkungen und Fragen:
Lieber Sorin Georgescu,
nach langer Zeit – in der ich nicht geschrieben, aber (fast) alle RRI-Sendungen gehört habe – hier mal wieder ein paar kleine Fragen und Anmerkungen.
Zuerst die Anmerkungen:
Die RRI-Sendungen finde ich in ihrer bunten Mischung aus ernsthafter Information, Musik und leichteren Themen – jeweils dargeboten von sympathischen SprecherInnen – nach wie vor absolut hörens- und empfehlenswert.
Gut, dass die komplizierten Zusammenhänge in Wirtschafts- und Finanzpolitik von Alex Gröblacher erklärt werden! Damit wird doch einiges klarer, soweit das überhaupt möglich ist.
Danke, dass Sie sich in den Hörerpostsendungen so engagiert um z.T. sehr ausführliche Antworten bemühen und dabei auch mal schön persönlich und deutlich werden!
Manche Sendungen machen richtig Lust auf vertiefte Beschäftigung mit dem Thema oder auch – z.B. das Interview mit Jonas Sell (cool, wie er mit Öffis durch Rumänien getourt ist!) oder Berichte über Bergtourismus oder das Schokoladenmuseum – auf eine weitere Reise nach/durch Rumänien.
Wenn in Nachrichten und Kommentaren die beiden Regierungsparteien als „links” oder „linksgerichtet” und die Oppositionsparteien als „rechts(gerichtet)” tituliert werden, finde ich das ziemlich irritierend, wenn nicht sogar irreführend. Glauben die Nachrichtenredakteure wirklich, das Parteienspektrum in RO für ihre ausländischen Hörer transparenter zu machen? Meiner Meinung nach ist eher das Gegenteil der Fall.
Vielen Dank für die freundlichen Worte und für das ausführliche Feedback, liebe Frau Hansen! Zunächst einmal zu Ihrer letzten Anmerkung: Ich vermute auch, dass die Redakteure von der zentralen Nachrichtenredaktion mit links“ und rechts“ im Zusammenhang mit den hiesigen Parteien den Hörern die Orientierung erleichtern möchten. Ich kann allerdings mit Begriffen wie links“ und rechts“ auch nicht mehr viel anfangen, zumal es in Rumänien bei den meisten Parteien schlicht um Etikettenschwindel geht. Die PSD mag sich zwar als sozialdemokratisch bezeichnen, hat aber nur wenig mit Sozialdemokratie am Hut. Zwar hat die Regierung einige Sozialschutzmaßnahmen getroffen, aber nur zögerlich und unzureichend. Gleichzeitig hat sie aber die Spezialrenten für bestimmte Berufskategorien (etwa Militärs, Richter und Staatsanwälte) erhöht, was viele Otto-Normal-Rentner als ungerecht empfinden. Sonst hat die Partei z.B. im letzten Wahlkampf für die Europawahl mit populistisch-nationalistischen bis europafeindlichen Parolen geglänzt. Die Liberalen hierzulande sind eher eine konservative Partei, was wohl die Bezeichnung national“ in der offiziellen Benennung National-Liberale Partei (PNL) signalisiert. Sicherlich ist das auch der Geschichte verschuldet, denn die Liberalen betrachten sich als Fortsetzung der gleichnamigen Partei aus der Zwischenkriegszeit, als sich die meisten Parteien die Bezeichnung national“ verpassten. Im Grunde gibt es zwei Flügel bei den rumänischen Liberalen, die übrigens der EVP angehören: Manche Politiker der PNL sind neoliberal, andere wie gesagt eher konservativ. Die eigentlichen Konservativen nennen sich Christlich-Demokratische Nationale Bauernpartei, sind ebenfalls ein Nachfolger einer Partei mit ähnlichem Namen aus der Zwischenkriegszeit, haben Ende der 1990er in Koalition mit anderen Parteien oder auch als Minderheitskabinett regiert und spielen seit 2004 eigentlich keine nennenswerte Rolle mehr, nachdem zahlreiche Korruptionsskandale der Partei eine niederschmetternde Wahlniederlage bescherte und sie sogar die Prozenthürde für den Einzug ins Parlament nicht mehr schaffte. Und bei der neuen politischen Kraft, der Allianz USR-PLUS, die bei der Europawahl drittstärkste Kraft wurde, weiß keiner so sicher, wofür sie einsteht; wenn man ihren diversen Vertretern zuhört, vermerkt man vielmehr ein Sammelsurium von mitte-links bis neoliberalen Tendenzen. Und der Erfolg des bürgerlichen Lagers bei der Europawahl sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die PSD immer noch die zweitstärkste Partei im Lande ist. Und es ist gar nicht sicher, dass sich der Erfolg der bürgerlichen Opposition bei der nächsten nationalen Parlamentswahl oder im Fall von vorgezogenen Wahlen wiederholt. Denn die Opposition zerfleischt sich jetzt schon, Politiker der PNL untereinander und Liberale und Politiker der Allianz USR-PLUS streiten um ideologische Reinheit und werfen sich gegenseitig Deviationismus vor, also Abweichler von der jeweiligen Parteilinie zu sein.
Und nun zu ihren insgesamt vier Fragen. Die Fragen mit wirtschaftlichem Hintergrund werde ich an Kollege Alex Gröblacher weiterleiten, da Sie ihn erwähnten und er ohnehin mehr von Wirtschaft versteht als ich. Die erste Frage zu den Eilverordnungen werde ich recherchieren, für heute nehme ich mir ihre letzte Frage vor:
Wie hat sich eigentlich der Wegfall der Gebührenfinanzierung ausgewirkt? Als es soweit war, wurden viele Befürchtungen geäußert, dass die Unabhängigkeit des Rundfunks durch die staatliche Finanzierung gefährdet sei – ist es wirklich so gekommen?
Vielen Dank für die Frage, die gar nicht so leicht zu beantworten ist. Es gab zwar Gerüchte und auch einige Medienberichte in den Privatmedien über mutmaßliche politische Einmischungen in Sendeinhalte, ich weiß aber nicht, was ich davon halten soll. Denn zum einen sind die Privatmedien oft darauf erpicht, den öffentlich-rechtlichen eins auszuteilen oder zu behaupten, dass sie eh nur Steuergelder vergeuden. Zum anderen sind nicht wenige Redakteure des Inlandsrundfunks auch sehr eitle Persönlichkeiten mit markigen Sprüchen, die möglicherweise nur um Positionen streiten und sich gegenseitig der Einmischung in Sendeinhalte bezichtigen. Und ich glaube den Berichten in Privatmedien auch nicht bedingungslos, zumal deren Eigentumsverhältnisse und politische Positionierung nicht immer eindeutig ist. Bis vor einigen Jahren wusste man z.B., dass der private Nachrichtensender X der Partei Y nahesteht, weil der Hauptaktionär oder Eigentümer des Mediums selber Politiker war. Jetzt ist es immer mehr diffus, man weiß oft nicht mehr, wem bestimmte Medien gehören, und oft ändert sich die Berichterstattung oder die Kritik ändert ihre Richtung, so dass man oft nicht mehr versteht, wem bestimmte – angeblich unabhängige – Medien zuarbeiten.
Mittlerweile gibt es eine Initiative mehrerer Gewerkschaften im Rumänischen Rundfunk, eine Petition für die Wiedereinführung der Rundfunkgebühr zu erarbeiten. Das wird aber schwierig, denn in der Öffentlichkeit sind gerade andere Themen wichtig, die Regierungskoalition ist um Schadensbegrenzung nach der Europawahl bemüht, und bei der Opposition ist – wie vorhin erwähnt – auch nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Zum anderen gibt es für meinen Geschmack etwas zu viele Gewerkschaften im Rundfunk (bis zu sechs waren es einmal und zum Teil heillos untereinander zerstritten), um die nötige Relevanz und Verhandlungskraft aufbringen zu können.
Es bleibt also abzuwarten, um zu sehen, wie sich das weiterentwickelt. Bei uns im Auslandsrundfunk ist es auf jeden Fall friedlich und mir ist bisher kein Fall bekannt, dass sich jemand in die Programme eingemischt oder Sendeinhalte vorgegeben hätte. Solange uns niemand ins Handwerk pfuscht oder uns vorschreibt, was wir in der Berichterstattung sagen sollen, sehe ich keinen Grund zur Besorgnis um die Unabhängigkeit des Rundfunks.
Vielen Dank nochmals für das rege Interesse an Rumänien und herzliche Grüße nach Wiesbaden, liebe Frau Hansen!
Unsere Geschichtsreihe Pro Memoria erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit bei unseren Hörern, denn wir erhalten oft Feedback dazu. So etwa meldeten sich mehrere Hörer nach dem Beitrag über Rockmusik im Kommunismus. Bei Carsten Fenske (aus Greifswald) rief der Beitrag sogar Erinnerungen aus Zeiten der DDR wach:
Interessant fand ich Ihren Beitrag in Pro Memoria zur subtilen Form des Widerstandes mit Musik, Kunst und Literatur in den Zeiten des Kommunismus. Das kenne ich nur zu gut. Im Herbst des Jahres 1989 brachte der in der kommunistischen DDR damals sehr populäre Sänger Frank Schöbel ein Liebeslied mit dem Titel Wir brauchen kein Lügen mehr“ heraus. In einer bunten Unterhaltungssendung des Fernsehens wurde dieses Lied erstmals übertragen. Der Text war so deutlich, so klar, so unglaublich intensiv, das jedem bewusst wurde, worum es ging. Am Folgetag sendete man die Wiederholung im TV, hatte jedoch diesen Song herausgeschnitten. Die Angst der untergehenden Elite war so groß, dass sie tatsächlich glaubte, damit die Uhrzeiger zurück drehen zu können. Ein Irrglaube, wie uns die Geschichte lehrt.
Vielen Dank für das Feedback, lieber Herr Fenske. Ihre Frage zur elektronischen Musik habe ich mir auch gemerkt und beantworte sie in einer der kommenden Sendungen. Herzliche Grüße!
Zum Schluss die Postliste. Postbriefe erhielten wir von Frank Bresonik, Jürgen Hannemann und Christoph Paustian (alle aus Deutschland) sowie von Wolfgang Waldl und Manfred Schida (beide aus Wien/Österreich, mit mehreren Empfangsberichten und einer Ostergrußkarte).
E-Mails erhielten wir bis einschließlich vergangenen Freitagnachmittag von Bernd Seiser, Peter Vaegler, Dieter Langguth, Gerd Brüschke und Helmut Matt (alle aus Deutschland).
Audiobeitrag hören: