Hörerpostsendung 8.3.2015
Heute mit Zuschriften von Wolfgang Waldl und Paul Gager aus Österreich sowie ein paar Informationen zum Thema Fasching bei den Siebenbürger Sachsen.
Sorin Georgescu, 08.03.2015, 17:45
Heute in drei Woche wird auf Sommerzeit umgestellt und das heißt, dass ab dem 29. März auch unsere Programme über neue Frequenzen gesendet werden. Die Sommerfrequenzen werden Sie rechtzeitig auf unserer Webseite finden und ich werde Sie in einer Massenmail auch an die Hörer schicken, die in unserem Verteiler stehen. Und die Hörer ohne Internetzugang werden nächsten und übernächsten Sonntag die Gelegenheit haben, die Frequenzen zu erfahren, denn ich werde sie im Funkbriefkasten durchgeben.
Außerdem muss ich noch mitteilen, dass das Programmschema – also die Abläufe und der feste Platz der Sendungen – bis kommenden Herbst nicht mehr geändert werden kann. Das Programmschema gilt jeweils ein Jahr und daran darf nicht mehr gerüttelt werden. Somit können wir dem Wunsch einiger Hörer, dass der Funkbriefkasten am Montagmorgen statt des Mittwochnachmittags und –abends widerholt wird, leider nicht erfüllen. Aber ich werde diesen Wunsch vor der Umstellung auf die Winterzeit 2015/2016 erneut vortragen, vielleicht wird es dann möglich sein.
Da wir schon beim Thema Frequenzen und Radio sind: Herr Wolfgang Waldl (aus Wien) schrieb uns unlängst einen Brief, in dem er u.a. seinem Ärger über das allmähliche Einstellen der analogen Sendungen in Europa Luft macht:
1957 erschien das Buch von Nevile Shute: On the Beach“ – es wurde verfilmt und lief bei uns unter dem Titel Das letzte Ufer“. Es ist eine Vision vom Atomkrieg und dem Ende der Welt. Alles ist zerstört, nur in Australien läuft das Leben wie immer, allerdings bereiten sich die Menschen auf das Ende vor. Da empfangen die militärischen Horcher ein Signal, das sie nicht erklären können. Ein U-Boot wird nach Amerika (zur US-Westküste) geschickt, um das aufzuklären. Was man findet, ist eine verlassene, zerstörte Welt und eine Morse-Gerät, gegen das ein Jalousieteil im Winde schlägt.
Das alles kam mir in den Sinn, als ich immer mehr merke, wieviele Radiostationen in den letzten Jahren aufgegeben haben (oder: mussten!!!). der Trend zum Digital-Radio, zum Internet, zu Facebook, Google usw. wird immer brutaler forciert. Zum Jahresende sollen nun auch die MW-Frequenzen des Deutschlandfunks eingestellt werden. Auf www.rettet-unsere-radios.de kann dagegen protestiert werden. Die Alternative zum analogen Empfang ist dürftig. Wer kein Internet hat, bleibt über (wie wir sagen). Interessant ist auch, dass die Weltbevölkerung in dieser Zeit (1958: 2,4 Milliarden Menschen – 2012: 7,2 Milliarden Menschen) enorm zugenommen hat und der Markt so ein unheimliches Käuferpotential hat.
Was Ihr Programm betrifft, höre ich es nach wie vor mit Freuden. Der Bericht aus Hermannstadt (im Funkbriefkasten vom 18.1.2015) hat mir sehr gefallen. Vielleicht können Sie auch einmal etwas über Bukarest erzählen. Die Huldigungen an den Conducator [Ceausescu] – das Tondokument in der Hörerpostsendung am 25.1. waren mir bekannt (und typisch für Nordkorea und früher China). Auch die Sendung über den Brückenbauer Anghel Saligny hat mir gut gefallen.
Lieber Herr Waldl, vielen Dank für Ihren Brief. Ob Proteste auf der erwähnten Webseite etwas bringen, ist schwer zu sagen. Die Digitalisierung ist eine beschlossene Sache und der Trend geht weiter. Meistens wird das mit den Kosten begründet, die die analogen Sender verursachen würden. Bedenklich ist allerdings die Tatsache, dass ab 2016 Millionen analoge Radioempfänger, die die Menschen noch haben, einfach nutzlos werden – man kann sie dann direkt in den Mülleimer (oder in den Mistkübel, wie es in Österreich heißt) schmeißen. Dieser Trend zieht auch an Rumänien nicht vorbei. Auf der regionalen Konferenz für Medienübertragungen in Genf 2006 hat sich Rumänien verpflichtet, die analogen Fernsehsendungen bis 16. Juni 2015 einzustellen; ab besagtem Datum kann man in Rumänien heimische Fernsehsender nur noch in terrestrisch-digitaler Übertragung empfangen. Das Problem ist dabei, dass die digitale Versorgung nicht flächendeckend ist, vor allem im ländlichen Bereich gibt es noch Menschen, die bei keinem Kabelanbieter sind und TV-Sender mit der herkömmlichen Dachantenne empfangen. Das sind rund 7% aller Haushalte, in absoluten Zahlen sind es etwa 500.000 Haushalte, meldet das rumänische Nachrichtenportal Hotnews. Aus diesem Grund hat das Rumänische Fernsehen (TVR) zusammen mit dem staatlichen Unternehmen für Radiokommunikationen Radiocom eine gemeinsame Presseerklärung veröffentlicht, in der die rumänische Regierung aufgefordert wird, die analoge Übertragung der TV-Sender bis 31.12.2016 zu verlängern. Ferner heißt es, dass TVR und Radiocom der rumänischen Exekutive auch einen Gesetzesentwurf vorlegen werden, wonach den benachteiligten Menschen eine finanzielle Hilfe für die Beschaffung von digitaler Empfangsausrüstung gewährt werden soll.
Das Buch von Nevile Shute habe ich nicht gelesen, den Filmklassiker On the Beach“ von 1959 mit Gregory Peck, Ava Gardner und weiteren Stars kenne ich aber und er gehört zu meinen Favoriten aus dem Genre der Endzeitfilme. Ich empfehle Science-Fiction-Fans, insbesondere jenen, die das Subgenre der postapokalyptischen Filme mögen, immer den russischen Streifen Briefe eines Toten“ (1986) des Regisseurs Konstantin Lopuschanski. Es geht dabei um Überlebende eines atomaren Kriegs, die in Bunkern leben. Mehr verrate ich von der Handlung nicht, um Ihnen den Spaß am Film nicht zu verderben. Nur ein paar Zeilen eines Filmkritikers möchte ich noch zitieren. Stefan Höltgen beschrieb den Streifen im inzwischen eingestellten Online-Filmmagazin F.LM mit folgenden Worten: Briefe eines Toten ist ein eindringliches Mahnbild für die Vernunft, sowohl im Protest gegen den irrationalen Atomkrieg, als auch in der resoluten Betonung der Humanität des Menschen, die nicht zuletzt einen finalen Anker der Hoffnung darstellt.“
Wir bleiben in Österreich. Von unserem Stammhörer Paul Gager (aus Deutschkreutz, Burgenland) erhielten wir erst jetzt eine im Februar abgeschickte Postkarte aus dem burgenländischen Kurort Sauerbrunn:
Liebe Freunde im sonnigen Bukarest,
bevor die österreichische Post wieder an der Portoschraube dreht, noch schnell ein Kuvert mit Informationen, die Sie vielleicht auch interessieren.
Derzeit befinden wir uns in der Fünften Jahreszeit“, deshalb die Frage: Wird Fasching/Karneval auch in Rumänien gefeiert? Wenn ja, mit eigenen Liedern?
Vielen Dank für die Post, lieber Herr Gager. Fasching ist in Rumänien nicht so verbreitet wie im deutschsprachigen Raum. In den letzten Jahren wurden zwar immer wieder Karnevals und Umzüge veranstaltet, die aber nicht unbedingt mit der fünften Jahreszeit zu tun haben. Insbesondere an der Schwarzmeerküste, z.B. im Badeort Mamaia bei Constanţa, werden öfters thematische Umzüge mit Masken und Kostümen veranstaltet, um die Touristen anzulocken. Der Geschmack solcher Veranstaltungen ist allerdings meistens fraglich. Fasching in ähnlicher Form wie in West-Mitteleuropa gab und gibt es aber bei den Siebenbürger Sachsen und bei den Banater Schwaben. Auf der Webseite traditionen.evang.ro, ein Projekt der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, die sich der Sammlung und dem Erhalt der Bräuche der Siebenbürger Sachsen verschrieben hat, wird Fasching mit folgenden Worten beschrieben:
»Der Fasching war auch im sächsischen Jahreskalender eine wichtige Festzeit. Er dauerte vom Geschworenen Montag“, dem Montag nach dem Dreikönigstag, bis zum Aschermittwoch und wurde auch als Fastnacht“ (Foosnicht im Dialekt) bezeichnet. Die Faschingstraditionen in Siebenbürgen hatten ihre lokalen Besonderheiten und zeigten viele Varianten auf. Es gab in dieser Periode verschiedene Arten von Feierlichkeiten:
Die Faschingsbälle, die von der Jugend oder von den früher existierenden Vereinen organisiert wurden (Frauenverein, Freiwillige Feuerwehr etc.). Höhepunkt war der Marienball am 2. Februar. In Anlehnung an diese Tradition veranstaltet das Demokratische Forum der Deutschen in Hermannstadt heute noch jährlich den Marienball in Hermannstadt. Es ist ein Tanznachmittag mit Blasmusik vom Band, zu dem hauptsächlich Senioren kommen.
Einen eigenen Fastnachtsbrauch hatten in Siebenbürgen die Zünfte. Sie feierten vielerorts das Ladeforttragen“ (die Übergabe der Zunftladen der Gesellen an den neuen Zunftmeister). Dieser Brauch blieb auch nach dem Verbot der Zünfte im Jahr 1872 bestehen. Aus ihm entwickelte sich der bekannte Urzelnlauf, der in Agnetheln seit dem Jahr 2006 wieder gefeiert wird. Die Urzeln, zottelige Wesen mit Masken, spielten in früheren Jahrhunderten als Begleiter der Zunftlade nur eine marginale Rolle in dem Umzug der Zünfte. Nach deren Auflösung wurden sie allmählich zu Hauptfiguren.«
Soviel zum Thema Fasching bei den Siebenbürger Sachsen, die gerade gehörten Beschreibungen sind von Julia Jürgens unterzeichnet – mehr können Sie auf der erwähnten Webseite traditionen.evang.ro nachlesen.
Und wir wollen auch gleich erfahren, wie sich das anhört, doch zuvor die Posteingangsliste.
Postbriefe erhielten wir von Wolfgang Waldl (Wien), Paul Gager (Deutschkreutz, Österreich), Harald Süss (Strasshof an der Nordbahn, Österreich), Jason Vollmering (Wanzleben-Börde, Sachsen-Anhalt), Reiner Peuthert (Stendal, Sachsen-Anhalt) und Eduard Alex (Isny im Allgäu).
Und jetzt zur angekündigten Audiodatei. Auf Youtube habe ich eine Archivaufnahme des rumänischen Staatsfernsehens gefunden. Aufgezeichnet wurden Bilder vom Blumenfest in der Ortschaft Frauendorf im Landkreis Hermannstadt, wie es früher von den Siebenbürger Sachsen in der Faschingszeit gefeiert wurde. Hier sende ich einen knapp dreiminütigen Zusammenschnitt als Audiodatei. In der Online-Fassung des Funkbriefkastens werden Sie die etwas längere Version samt Bildern sehen können, ich werde das Youtube-Video dort einbetten.
Am Anfang hören Sie etwas Blasmusik, danach gibt es ein paar Ansprachen im siebenbürgisch-sächsischen Dialekt. Wenn Sie nur sehr wenig davon verstehen, kann ich Sie vertrösten: Mir geht’s genauso – die Mundarten der Siebenbürger Sachsen sind am nächsten mit den mosel-fränkischen und ripuarischen Dialekten und damit auch mit dem Luxemburgischen verwandt. Wer die nicht drauf hat, versteht folglich nicht sehr viel. Ich verstehe zumindest nur, dass die Mägde und Burschen (im Dialekt Mäd und Knjecht) sich durch jeweils einen Sprecher bzw. Sprecherin gegenseitig für die Anwesenheit und die gute Organisation beieinander bedanken. Zum Schluss wird die letzte Strophe des sogenannten Siebenbürgenlieds angestimmt. Diese Landeshymne der Siebenbürger Sachsen wird allerdings auf Hochdeutsch vorgetragen.
Audiobeitrag hören: