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Hörerpostsendung 4.12.2016

Heute u.a. mit der Beantwortung einer Frage von Andreas Pawelczyk zu Schusswaffen und Tötungsdelikten in Rumänien und einem TV- und einem Filmtipp.

Hörerpostsendung 4.12.2016
Hörerpostsendung 4.12.2016

, 04.12.2016, 17:30

Liebe Freunde, herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI. Zu aller erst möchte ich mich für die von mehreren Hörern übermittelten Grü‎ße zum Nationalfeiertag Rumäniens am 1. Dezember bedanken. Der war in Rumänien ein arbeitsloser Tag, der mit einer Militärparade und einem Aufmarsch mit Panzerfahrzeugen, Raketen und Gewehr präsentierenden Soldaten direkt unter dem Bukarester Triumphbogen gefeiert wurde, in Anwesenheit des Staatschefs und anderer hochrangiger Politiker. Nun, das mag man sich vielleicht ein bisschen an Frankreich abgeguckt haben, ich fand es aber etwas befremdend, bei manchen TV-Sendern und in den sozialen Netzwerken Kommentare über die Schönheit“ der Panzer und Raketen zu hören bzw. zu lesen. Denn Waffen haben – au‎ßer vielleicht für Waffennarren oder Liebhabern von phallischen Symbolen – nichts Schönes an sich, sondern dienen der Tötung von Menschen, auch wenn der Einsatz von Waffen im Fall der Selbstverteidigung oder der Notwehr als legitim erscheinen mag.



Das bringt mich direkt zu einer Frage von unserem Hörer Andreas Pawelczyk aus Mannheim:



Ich hätte eine Frage zum Waffenbesitz und zu den Tötungsdelikten in Rumänien. In Deutschland gibt es zurzeit 5,5 Millionen legale Schusswaffen, die verteilt 1,45 Millionen Besitzer haben. Es sind Jäger, Sportschützen, Sammler und Sicherheitsunternehmer. Die Tötungsrate ist dazu in Deutschland etwa 2000 Tötungsdelikte pro Jahr, die aber nicht unbedingt mit einer Schusswaffe in Verbindung zu bringen sind. Wie sieht es da in Rumänien aus? Gibt es statistisches Zahlenmaterial dazu?




Vielen Dank für Ihre interessante Frage, lieber Herr Pawelczyk. Ich muss zugeben, dass ich mir nie dazu Gedanken gemacht habe, zumal es in den Medien hierzulande selten Berichte über Tötungsdelikte im Zusammenhang mit Schusswaffen gibt. Auch ist es schwierig, an aktuelle Statistiken zu kommen, die Polizei und die Staatsanwaltschaft veröffentlichen nur selten derart Statistiken, man bekommt sie möglicherweise als Journalist oder als Forschungseinrichtung nur auf Anfrage und nach langem Warten und Nachhaken. Und auf der Webseite des Rumänischen Statistikamts muss man registrierter und zahlender Benutzer sein, um an vollständige und detaillierte Informationen zu kommen, was aber beim Statistischen Bundesamt in Deutschland auch nicht anders ist. Die kostenpflichtige Auskunft ist aber letztendlich normal, denn die Beantwortung jeder Anfrage ist natürlich mit einem gewissen Aufwand verbunden.



Ich habe dennoch ein paar Zahlen im Internet gefunden, die zwar nicht ganz aktuell und auch nicht aus direkter Quelle sind, aber zumindest einen Einblick ermöglichen. So wurde etwa in einer Presseagenturmeldung von 2014 eine Statistik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2012 zitiert, laut der im genannten Jahr die Tötungsrate in Rumänien bei 2,09 je 100.000 Einwohnern gelegen habe. Auf 19 Mio. Einwohnern hochgerechnet waren das rund 397 Tötungsdelikte im Jahr 2012. In 28% der Fälle sei die Tat mit einem Messer oder anderen scharfen Gegenständen verübt worden, bei 10% sei brachiale Gewalt zur Anwendung gekommen, in 34% der Fälle sei die Todesursache ungeklärt gewesen und nur in 3% sei der Tod des Opfers infolge des Gebrauchs einer Schusswaffe eingetreten. Über die restlichen 15% klärt das Presseportal nicht auf, auch werden keine genaueren juristischen Kategorien wie fahrlässige Tötung, Körperverletzung mit tödlichen Folgen, Totschlag und Mord angeführt, was für den Durchschnittsleser sicherlich auch nicht unbedingt interessant gewesen wäre.



Nach einer anderen Statistik des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung sei die Tötungsrate in Rumänien 2012 in Höhe von 1,7 pro 100.000 Einwohner gewesen (auf Seite 132 im verlinkten Dokument), bei einer Gesamtanzahl von 378 Kapitalverbrechen, also niedriger als in der zuvor angegebenen Quelle. Die Statistiken sind also nicht besorgniserregend, zumal in Rumänien nicht jeder eine Waffe tragen darf, wie etwa in den USA. Au‎ßer Militär, Polizei, Sicherheitsdiensten, Jägern und Sportvereinen dürfen nur ganz wenige Bürger Waffen tragen, und auch das nur unter Erfüllung bestimmter Bedingungen und Auflagen. Laut einem weiteren Presseartikel von 2014, der sich auf Quellen aus dem Innenministerium beruft, gab es knapp 125.000 registrierte tödliche Schusswaffen in Rumänien, wovon etwas mehr als 107.000 Jagdwaffen waren, knapp 3.700 waren Schusswaffen für Selbstverteidigung und Schutzagenten und ca. 9.230 Sportschusswaffen.



Laut dem Internet-Auftritt eines rumänischen Schützenvereins, der sich wiederum auf Polizeiquellen beruft, sei Rumänien EU-weit das Land mit den wenigsten Schusswaffen pro Einwohnerkopf. Demnach würden knapp 164.300 Personen in Rumänien insgesamt etwas mehr als 214.000 Waffen besitzen, davon seien über 117.000 tödliche Schusswaffen (knapp 0,60 je 100 Einwohner) und etwas mehr als 96.000 sogenannte nichttödliche Schusswaffen (knapp 0,50 je 100 Einwohner). Von den tödlichen Schusswaffen seien es zu 95% Jagdwaffen. Was man unter nichttödlichen Schusswaffen versteht, wird da nicht näher erläutert, es sind vermutlich Gas- und Luftdruckpistolen u. dgl. gemeint, die aber aus unmittelbarer Nähe sehr wohl tödlich sein können. Alles in allem: Ich finde es gut, dass der Waffenbesitz in Rumänien streng geregelt ist, vor allem wenn ich an die Gro‎ßstadtneurotiker denke, die sich sonst beispielsweise im Bukarester Stra‎ßenverkehr austoben.



Dennoch kommt es auch in Rumänien, wenn auch selten, zu aufsehenerregenden Vorfällen im Zusammenhang mit Schusswaffen. So ereignete sich beispielsweise 2012 in Bukarest eine Tragödie, die als Frisiersalon-Amoklauf bezeichnet wurde. Dabei handelte es sich um ein Beziehungsdrama. Ein 51-jähriger Mann, der als Chauffeur beim rumänischen Innenministerium angestellt war, stürmte, mit einer Glock-Pistole bewaffnet, ein Bukarester Frisiersalon und eröffnete das Feuer. Im Kugelhagel starben seine als Friseurin arbeitende Frau und die Kassiererin, weitere sechs Menschen wurden z.T. schwer verletzt. Nach der Flucht und einer kurzen Verschanzung in einem benachbarten Gebäude stellte sich der Täter schlie‎ßlich der Polizei. Das Motiv der Tat soll Eifersucht gewesen sein, seine Ehefrau wollte sich von ihm trennen, was er nicht hinnehmen wollte oder konnte. Der Täter wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Dieser Fall warf damals viele Fragen auf, etwa ob Angestellte des Innenministeriums nicht zu leicht die Erlaubnis bekommen, eine Waffe zu tragen, und zwar ohne eine gründliche psychologische und psychiatrische Begutachtung. Wie auch immer, es gab auch Konsequenzen: Der Chef der Bukarester Polizei und weitere Mitarbeiter des Führungsstabs mussten ihre Posten räumen.




Und nun zu einem friedlicheren Thema. Das Interesse der deutschen Medien für Rumänien hat scheinbar etwas zugenommen, denn es gibt immer wieder interessante Reportagen über und aus Rumänien in den verschiedenen TV-Sendern zu sehen. Mehrere Hörer (darunter Bernd Seiser und Andreas Pawelczyk) haben uns auf eine Ende September im SWR ausgestrahlte Reportage aufmerksam gemacht. In der Serie Eisenbahn-Romantik“ wurde die Folge Bahnraritäten im Banat“ gesendet, in der auch auf die Geschichte der Banater Schwaben eingegangen wurde und sogar der deutschen Redaktion von Radio Temeswar ein Besuch abgestattet wurde. Und damit bleiben wir bei Andreas Pawelczyk aus Mannheim, denn er fasste den Inhalt folgenderma‎ßen zusammen:



Der Spätsommer im Banat hat viele Gesichter. Es ist eine historische Landschaft. Menschen aus Deutschland haben hier Geschichte geschrieben. In der Stadt Arad ist das Stra‎ßenbahnsystem gut ausgebaut. Die Eisenbahn hat hier einen schweren Stand, aber es gibt sie noch. In der Stadt fahren nach Bukarest die meisten Stra‎ßenbahnen. Arad hat 16 Linien mit 48 km Länge und ist ein Knotenpunkt. Das Depot gibt es seit 1920. Die deutschen Stra‎ßenbahnen, die hier fahren, sind gut in Schuss und sehr komfortabel. Stra‎ßenbahnen fahren sogar aus der Stadt raus.



Im Industriegebiet von Arad sind viele deutsche Unternehmen ansässig. Das liegt an den niedrigen Löhnen und der gro‎ßen Motivation der Arbeiter. Hier ist auch die Modelleisenbahnschmiede. 1911 ist hier die erste Stra‎ßenbahn Südosteuropas gefahren. In Ghioroc gibt es ein Eisenbahnmuseum mit vielen Stra‎ßenbahnen. Star im Museum ist ein Triebwagen von 1905. In der Gegend gibt es einen Wallfahrtsort, dem der Priesternachwuchs fehlt. 1898 wurde in Arad der Bahnhof gebaut. Es ist ein Backsteingebäude. Hier gibt es auch die Malaxa-Firma mit den Vorkriegstriebwagen. Nicolae Malaxa hatte in Deutschland studiert und war von deutscher Eisenbahntechnik begeistert. Die Donauschwaben sind hier im 17. Jahrhundert aus Ulm gekommen. Gutenbrunn ist eine deutsche Enklave, aber es gibt hier nur noch wenige dieser Leute. In der Gegend sind noch Schienenbusse der DDR im Dienst. Etliche stammen aus dem Jahre 1986.



Radio Temeswar sendet aus der Gegend täglich 60 Minuten. Es hat seine Hörerschaft auch in Deutschland. Im Umfeld finden die Hatzfelder Tage statt, weil hier vor 250 Jahren die Banater Schwaben eine Gemeinde gegründet haben. Zurzeit ist hier der Grenzverkehr zwischen Rumänien und Serbien eingestellt. Man kann hier auf die Semmering-Bahn treffen, die 33 Km fährt und von der Stilllegung bedroht ist.



Soweit diese Sendung über das Banat, die bei mir gro‎ßes Interesse erzeugt hat.




Vielen Dank für Ihr Interesse, liebe Freunde. Bei der Semmering-Bahn handelt es sich um die Banater Semmering-Bahn, die natürlich nach dem österreichischen Vorbild so benannt wurde, der ersten gro‎ßspurigen Gebirgsbahn in Europa, die neun Jahre zuvor gebaut worden war. Die rumänische Semmering-Bahn wird auch Anina-Bahn genannt, sie führt durch 14 Tunnels und über 10 Viadukte von Oraviţa an der Donau nach Anina im Banater Bergland und wurde in den Jahren 1861 bis 1863 gebaut. Grund für den Bau der Bergbahn im Osten der damals österreichisch-ungarischen Monarchie, heute im Westen Rumäniens, war die Beförderung der Kohle von den Gruben aus dem Karpatenbogen an die Donau. Und der Bergarbeiterort Anina im Banater Bergland wird im Deutschen Steierdorf genannt, wohl nach der Herkunft der ersten Siedler aus der Steiermark. Und auch eine Ortschaft namens Tirol ist auf der Strecke zu finden. Sie sehen also, die historischen Verbindungen zu Österreich sind im Banat immer noch zuhauf anzutreffen. Die Reportage Bahnraritäten im Banat“ kann immer noch in der SWR-Mediathek abgerufen werden (den Link werden Sie auf unserer Webseite finden), wer keine Internetverbindung hat, merke sich den nächsten Sendetermin: am Donnerstag, den 5. Januar 2017, um 14:45 Uhr im SWR.



(Mehr Info und Fotos von der Anina-Bahn finden Sie in diesem Artikel eines deutschsprachigen Blogs: http://weltenfinder.de/2014-03-07-09-50-06/eur/rumaenien/166-aninabahn. Historische Fotos und weitere Info zur Bahnstrecke und zur Region finden Sie in englischer Sprache auch hier: http://www.oravita-anina.eu/en/history.php.)




Zum Schluss noch einen aktuellen Kinotipp, den wir von unserem Hörer Georg Barth aus Passau erhielten. Es handelt sich um ein rumäniendeutsches Familiendrama und um eine pointierte Zeitreise zwischen Tragik und Komik, der Film hei‎ßt Die Reise mit Vater“ (Regie: Anca Miruna Lăzărescu), ist eine internationale Koproduktion Deutschland-Schweden-Ungarn-Rumänien und hatte seinen Start in deutschen Kinos am 17. November. Die Hauptdarsteller sind rumänische und deutsche Schauspieler; ich selbst habe den Film noch nicht gesehen, daher kann ich vorerst nur zitieren, was auf der Webseite filmstarts.de zum Inhalt steht:



1968 in Rumänien: Seit dem Tod der Mutter ist es am jungen Arzt Mihai Reinholtz (Alex Mărgineanu), seine Familie zusammenzuhalten. Sein jüngerer Bruder Emil (Răzvan Enciu) hingegen verbringt viel Zeit damit, gegen den Staat zu rebellieren, und zu allem Überfluss ist Vater William (Ovidiu Schumacher) nicht nur langsam am Erblinden, sondern auch noch lebensbedrohlich erkrankt. Das einzige, was ihn jetzt noch retten könnte, ist eine Operation in der DDR. Gemeinsam ziehen Mihai, Emil und William also los in Richtung Ostdeutschland. Kaum angekommen, müssen die drei erfahren, dass sowjetische Panzer, die den Aufstand in der Tschechoslowakei unterdrücken, den Weg zurück versperren und die Männer darum in Deutschland festsitzen. In einem Auffanglager lernt Mihai die Studentin Ulrike (Susanne Bormann) kennen und verfällt ihr sofort. Als Familie Reinholtz dann dank eines Transitvisums unverhofft in der BRD landet, steht sie vor der gro‎ßen Frage: im Westen bleiben oder in die Heimat zurückkehren?



So, das war’s für heute, ganz zum Schluss geschwind die Postliste. Briefe konnte ich mir auch diese Woche nicht aushändigen lassen, die Poststelle war Dienstagnachmittag schon geschlossen, denn nicht nur der Nationalfeiertag am 1. Dezember war ein freier Tag in Rumänien, sondern auch der vorangegangene Mittwoch am 30. November, dem Tag des Hl. Andreas. Andreas gilt als der Apostel Kleinasiens, Konstantinopels, der Russen und der Rumänen und er ist der Nationalheilige von Russland, Schottland und Rumänien. Seine Bedeutung soll für die Orthodoxe Kirche vergleichbar mit der seines Bruders Petrus für die Römisch-Katholische Kirche sein. Folglich haben sich viele Menschen auch am Freitag einen zusätzlichen freien Tag genommen und damit ein superverlängertes Wochenende genossen.



E-Mails erhielten wir bis Freitagnachmittag von Wolodymyr Bondar (UA), Adam Grzenia (PL), Gérard Koopal (NL) sowie von Hans-Joachim Pellin, Bernd Seiser, Georg Barth und Heinz-Günter Hessenbruch (alle aus D).



Das Internetformular nutzten Christian Laubach (D) und Paul Gager (A).



Danke fürs Zuhören, tschüss und bis nächsten Sonntag!




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