Hörerpostsendung 25.5.2014
Heute mit der Auflösung unseres Geschichte-Quiz und Gedanken zur Europawahl.
Sorin Georgescu, 25.05.2014, 15:45
Heute ist es soweit: Die Gewinner unseres Geschichte-Quiz stehen fest. Zu gewinnen gab es dabei 10 Exemplare eines deutschsprachigen Abrisses der rumänischen Geschichte. Das Buch heißt Die Rumänen und Rumänien“ und wurde vom Historiker Ioan Aurel Pop verfasst, der zugleich Rektor der Klausenburger Universität ist. Um in den Besitz eines Exemplars zu gelangen, galt es, ein paar Fragen zur Geschichte der Rumänen richtig zu beantworten.
Wir erhielten insgesamt 11 Zuschriften mit der Auflösung des Quiz, drei gingen über die reguläre Post ein, acht via E-Mail. Doch bevor ich die Gewinner bekannt gebe, hier noch einmal die Fragen und die richtige Auflösung:
1. In welchem Jahrhundert wurden die ersten rumänischen Staatengebilde, die Fürstentümer Moldau und Walachei gegründet?
Auflösung: Das Fürstentum Walachei wurde zu Beginn des 14. Jh., das Fürstentum Moldau gegen Mitte des 14. Jh. gegründet; das genaue Gründungsjahr lässt sich nur schwer ermitteln und ist unter Historikern umstritten, die richtige Antwort lautet daher einfach nur 14. Jh.
2. Wie hieß der erste König des modernen Rumäniens (19. Jh.) und welchem europäischen Adelsgeschlecht entstammte er?
Auflösung: Karl Eitel Friedrich Zephyrinus Ludwig von Hohenzollern-Sigmaringen (1839-1914) war unter dem Namen Karl (rum. Carol) I. ab 1866 Fürst und ab 1881 bis zu seinem Tode König von Rumänien.
3. Der 1. Dezember ist Nationalfeiertag in Rumänien. Was bedeutet der 1. Dezember 1918 in der Geschichte der Rumänen?
Auflösung: Der 1. Dezember 1918 bedeutet die Vereinigung der ehemals zur ungarischen Krone gehörenden Gebiete Siebenbürgen, Teile des Banats, des Kreischgebietes und der Marmarosch mit dem Altreich, das aus der Walachei, der Moldau und der Dobrudscha bestand, zum sogen. Groß-Rumänien der Zwischenkriegszeit. Eine Volksversammlung der Siebenbürger Rumänen und der feierliche Festakt dazu fanden am 1. Dezember 1918 in Alba Iulia (dt. Karlsburg od. Weißenburg) statt.
4. Wann und wo begann die antikommunistische Revolution in Rumänien, die zum Sturz des Ceauşescu-Regimes und zur Wiedereinführung einer parlamentarischen Demokratie führte?
Zur Auflösung dieser Frage muss ich etwas weiter ausholen: Der 1952 in Klausenburg geborene evangelisch-reformierte Pfarrer László Tőkés ist ein Angehöriger der ungarischen Minderheit in Rumänien und gilt als Auslöser der Revolution vom Dezember 1989. Im Sommer 1988 organisierte er einen Widerstand gegen Ceauşescus sogen. Systematisierungspolitik, womit kleinere Dörfer zerstört und die Einwohner in Plattenbauten umgesiedelt werden sollten. Seine Gemeinde in Temeswar unterstützte ihn dabei. Daraufhin gelangte er ins Visier der Geheimpolizei Securitate. Am 31. März 1989 befahl der ungarisch-reformierte Bischof von Siebenbürgen Tőkés, seine Predigten in Temweswar einzustellen und in ein abgelegenes Dorf umzuziehen. Tőkés widersetzte sich diesem Befehl und seine Gemeinde unterstützte ihn weiterhin. Der Bischof zog vor Gericht, um ihn zur Räumung seines Pfarrhauses zu zwingen. Am 20. Oktober desselben Jahres sollte er zwangsumgesiedelt werden. Die Zwangsumsiedlung konnte aber nicht vollzogen werden. Gläubige Ungarn, aber auch Deutsche, Serben und Rumänen, darunter vor allem Jugendliche, hielten Mahnwachen vor seinem Haus. Eine nach Budapest geschmuggelte Videocassette mit einer Botschaft von Tőkés wurde im ungarischen Staatsfernsehen, das in Westrumänien problemlos zu empfangen ist, am 11. Dezember 1989 ausgestrahlt. Die gespannte Lage erreichte ihren Höhepunkt zwischen dem 15. und 17. Dezember, als Militär, Polizei und Geheimdienst versuchten, die Menschenmenge – auch mit Schüssen – zu vertreiben. Am 15. Dezember kam es zu ersten Zwischenfällen zwischen Demonstranten und Securitate-Leuten in Zivil, die Proteste breiteten sich aber vorerst nicht aus. Am 16. und 17. Dezember kam es zu ersten Zusammenstößen und Toten in der Innenstadt von Temeswar. Die Proteste schwappten ab dem 21. Dezember auf Bukarest und andere Großstädte Rumäniens über. Gegen Mittag des 22. Dezember floh das Diktatoren-Ehepaar Ceauşescu mit einem Hubschrauber vom Dach des Zentralkomitee-Gebäudes aus Bukarest. Nicolae und Elena Ceauşescu wurden noch am selben Tag aufgegriffen und verhaftet. Am 25. Dezember 1989 wurden sie nach einem kurzen und umstrittenen Prozess von einem Militärgericht zum Tode verurteilt und in einer Kaserne hingerichtet.
Soweit ein knapper Rückblick auf die dramatischen Ereignisse vom Dezember 1989, die mit den Protesten vom 15.-17. Dezember in Temeswar begannen.
Einige Hörer haben auf diese Quiz-Frage den 15. Dezember, andere den 16. Dezember 1989 als Antwort formuliert. Am 15. Dezember gab es die ersten Zwischenfälle, am 16. Dezember kam es zu dramatischen Zusammenstößen, folglich kann man sich darüber streiten, an welchem Tag die eigentliche Revolution begann. Ich lasse daher beide Antworten und darüber hinaus auch nur die Angabe Dezember 1989 als richtig gelten.
5. In welchem Verlag erschien der Abriss Romanians and Romania – a brief history“, die englischsprachige Fassung des Buchs von Prof. Ioan Aurel Pop?
Auflösung: Die Antwort zu dieser Frage war dem gesendeten Interview mit Prof. Pop zu entnehmen. Sie lautet: Die Abhandlung wurde bei Columbia University Press in New York gedruckt, dem Verlag der US-Universität, wo Prof. Pop als Visiting Professor zeitweilig dozierte.
Und nun habe ich die nicht leichte Aufgabe, von den 11 Quiz-Teilnehmern einen enttäuschen zu müssen, da wir nur 10 Bücher zu vergeben haben. Zwei Hörer haben die erste Frage offensichtlich missverstanden und falsch beantwortet. Die Frage bezog sich auf die Gründung der beiden Fürstentümer Moldau und Walachei im frühen Mittelalter, nicht auf deren Vereinigung am 24. Januar 1859. Der Realunion der Donaufürstentümer folgte am 26. März 1881 die Ausrufung des Königreichs Rumänien.
Herr Klaus Karusseit (aus Schweden) und Herr Horst Quitzau (aus Wien, Österreich) haben diese Frage falsch beantwortet und die Vereinigung statt der Gründung in ihrer Auflösung erwähnt. Sie kommen daher in die engere Auswahl. Es galt, 4 von 5 Fragen richtig zu beantworten. Herr Quitzau hat aber die restlichen Fragen genauer und etwas ausführlicher behandelt. Daher reicht es für ein Buch dieses Mal für Herrn Karusseit nicht. Ich hoffe, Sie sind nicht allzu sehr enttäuscht. Wir werden aber dem Autor schreiben und ihn bitten, uns noch ein paar Exemplare seines Buchs zuzuschicken, falls noch vorhanden. Sollte es der Fall sein, schicken wir auch Ihnen ein Buch nach, da Sie die übrigen Fragen richtig beantwortet haben.
Die Bücher werden in den kommenden Wochen zugeschickt, und wir bitten Sie, uns den Erhalt kurz zu bestätigen.
Eigentlich wollte ich heute auch noch die QSL Nummer 5 ausführlich vorstellen, ich würde damit aber den zeitlichen Rahmen sprengen und verschiebe es auf kommenden Sonntag. Die Recherche dazu ist aber schon abgeschlossen und der Text ist bereits im entsprechenden Abschnitt auf unserer Homepage nachzulesen, Hörer ohne Internetzugang müssen sich daher noch bis kommenden Sonntag gedulden.
Zeit vorhanden ist noch für eine Hörerzuschrift. Ralf Urbanczyk (aus Eisleben, Sachsen-Anhalt) schrieb unlängst passend zur heutigen Europawahl:
Die Europawahl rückt näher, so interessierten mich in Ihren Sendungen der letzten Wochen verstärkt Berichte zur Vorbereitung dieser Wahl in Rumänien. Was mir dabei auffiel, war, dass der Umgang mit dieser Wahl in Ihrem Land auch nicht besser ist als in Deutschland. Als Europawahl kann man das gar nicht bezeichnen, wenn die Parteien Wahlkampf für ihre eigenen Ziele machen und dabei überhaupt nicht darauf eingehen, dass deren Fraktionen im Europäischen Parlament ganz andere Vorstellungen haben. Die Spitze dieses Wahlkampfs ist dann, wenn Parteien, die in der gleichen europäischen Fraktion zusammenarbeiten werden, sich gegenseitig das Wahlprogramm kritisieren. Schön wäre es ja auch, wenn die tatsächlichen Spitzenkandidaten der europäischen Parteien in allen europäischen Ländern beim Wahlkampf viel mehr präsent sein würden. Ich würde mir viel mehr wünschen, dass auf meinem Wahlzettel die zugehörige europäische Partei stehen würde und nicht ein durch eine jeweilige Regionalpartei repräsentierte Bruchteil. Das wäre dann echte Europapolitik. So wie es jetzt ist, erscheint es eher als Testabstimmung der nächsten Parlamentswahlen im Land und nicht wie eine Wahl des Europäischen Parlaments. Manchmal gibt es aber auch Lichtblicke, wie der Wahlkampfauftritt des Spitzenkandidaten der europäischen Sozialdemokraten Martin Schulz kürzlich in Bukarest, doch mir scheint, das sind Ausnahmen.“
Vielen Dank für Ihre Zeilen, lieber Herr Urbanczyk. Ich bin ganz Ihrer Meinung, auch hierzulande gab es im Wahlkampf um die Europawahl kaum europäische Themen, es wurde nur gegen den Gegner gewettert, was das Zeug hielt. Und die Wahlslogans der hiesigen Parteien hatten auch herzlich wenig mit Europa zu tun und überboten sich gegenseitig in Einfallslosigkeit. Da die Wahl während dieser Sendung noch läuft, darf ich laut Mediengesetz nach abgeschlossenem Wahlkampf keine Partei in irgendeiner Hinsicht erwähnen, die als begünstigend oder benachteiligend ausgelegt werden könnte. Da wir hier aber bei einem Auslandssender sind, erlaube ich mir, das Gesetz etwas lockerer auszulegen. Ich nenne daher keine Partei namentlich, sondern erwähne nur einige Wahlplakate zur Veranschaulichung. Eine Partei bediente den Spruch Stolz darauf, Rumänen zu sein“ und pochte dabei auf touristische Sehenswürdigkeiten im Hintergrund oder vermeintliche Leistungen Rumäniens in Europa. Journalisten fanden allerdings heraus, dass eines der Fotos, auf dem ein Kornfeld und die stolze Überschrift Kornkammer Europas“ zu sehen sind, in einem anderen Land geschossen worden sei. Eine weitere Partei sagt auf ihren Plakaten und Transparenten Wir verteidigen dein Rumänien“ und wiederum eine dritte Partei verspricht sinngemäß, Rumänien auf Vordermann zu bringen. Beim letzten Wahlslogan wurde konkret das Verb hochbringen“ verwendet, einige Blogger, Internet-Foristen und Nutzer von sozialen Netzwerken konnten es sich dabei nicht verkneifen, die Ähnlichkeit zum anzüglichen Ausdruck einen hochkriegen“ zu belächeln.
Auch gab es zahlreiche Debatten darüber, ob es richtig sei, die Europawahl zu boykottieren, wie einige unabhängige Aktivisten forderten, die die Listenwahl kritisieren. Andere meinten hingegen, es helfe nicht weiter, der Wahl fernzubleiben, um sich dann zu beklagen, dass man sich nicht repräsentiert fühle. Ich muss zugeben, ich bin es auch leid, immer für das kleinere Übel stimmen zu müssen, bin aber auch eher der Auffassung, dass Wählengehen besser als ein Wahlboykott ist. Besonders bei der Europawahl finde ich es wichtig, wählen zu gehen, da in den letzten Jahren europaskeptische bis –feindliche und rechtsextreme Parteien vermehrt Zulauf gefunden haben. Und ich möchte dabei aus einem Kolumnisten der Zeit Online zitieren, den ich immer wieder gerne lese, auch wenn ich ihm nicht jedes Mal zustimme. Eric T. Hansen ist ein Texaner mit deutschen Vorfahren, der seit den 1980er Jahren in Deutschland lebt. Seine Artikel sind fast immer gewitzt, er gaukelt dem Leser oft eine amerikanische Überheblichkeit vor, auf die viele hereinfallen, und bringt dabei einen frischen, unvoreingenommenen Blick auf Deutschland und Europa ein. In seinem Artikel Union der Angsthasen“ setzt er sich mit der Europa-Wahl, dem Verhältnis der EU zu den USA und der Europaskepsis der Deutschen und anderer Europäer auseinander. Sein Fazit:
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin Ami. Wir werden immer zu den Großen gehören. Wenn Deutschland und die anderen europäischen Länder jedes für sich klein bleiben wollen, heißt das für uns weniger Konkurrenz. Wenn es niemals eine starke, vereinigte EU gibt, die uns auf Augenhöhe begegnen kann, kommt das uns nur recht. Nur für mich persönlich hat das Ganze einen Wermutstropfen: Ich kann Europa nicht mehr so bewundern wie damals, als ich die Europäer noch nicht aus eigener Anschauung kannte. Tun Sie also einem sentimentalen, Europa-verliebten Ami einen Gefallen: Gehen Sie am Sonntag wählen.“
Zeit für die Posteingangsliste. Postbriefe erhielten wir von Sandro Blatter (CH) sowie von Günter Jakob, Hermann Steiger, Joachim Verhees, Detlef Jurk, Jürgen Hannemann und Reiner Peuthert (alle aus Deutschland).
E-Mails erhielten wir bis Sonntagmittag von Herbert Jörger, Willi und Bernd Seiser, Peter Vaegler, Helmut Matt, Heinrich Eusterbrock, Horst Kuhn und Andreas Pawelczyk (alle aus Deutschland). Unser Online-Formular füllte Marco Bonitz (ebenfalls aus Deutschland) aus.
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