Hörerpostsendung 25.4.2021
Heute mit Zuschriften und der Beantwortung einiger Fragen von Beate Hansen und Paul Gager.
Sorin Georgescu, 25.04.2021, 17:30
Liebe Freunde, herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI!
Zunächst einmal möchte ich auf eine Neuerung auf unserer Webseite verweisen. Seit etwa zweieinhalb Wochen bieten wir auf unserer Webseite auch Podcasts zum Nachhören an. Wir laden jeden Abend die jeweilige Nachmittagssendung in einen bezahlten Soundcloud-Account hoch und betten sie dann auch auf unserer Homepage ein. Die jeweils letzte Sendung ist auf der Startseite oben rechts gut sichtbar, und in der oberen Leiste ganz rechts finden Sie unter dem Button PODCASTS“ alle bisherigen Sendungen. Wohlgemerkt kann man die Podcasts nur anhören, nicht auch herunterladen, und es funktioniert sowohl auf dem Rechner als auch auf mobilen Geräten wie Handy oder Tablet. Wer selber ein Souncloud-Benutzerprofil hat, kann sich die jeweils gewünschten Sendungen zu seiner eigenen Playliste hinzufügen und zu jedem beliebigen späteren Zeitpunkt anhören. Und natürlich kann man die Podcasts auch direkt im Browser auf unserer Webseite anhören.
Und jetzt zu Hörerzuschriften. Von unserer Stammhörerin Beate Hansen (aus Wiesbaden) erhielten wir per E-Mail noch im März mehrere Beobachtungen und Fragen zu Rumänien, die aufgrund des Umfangs nicht alle in einer Sendung zu beantworten sind. Für heute habe ich mir ein paar Fragen ausgesucht, die alle mit Umwelt- und Klimaschutzschutz zu tun haben:
Gelegentlich war zu hören, dass die Recyclingquote in Rumänien immer noch ziemlich niedrig sei. Ändert daran der European Green Deal etwas? À propos Autofahren: Ist der Grüne Freitag“ ein erster Ausdruck der USR-Regierungsbeteiligung? Welche konkreten Pläne gibt es, die miese Luftqualität in den Städten in den Griff zu bekommen? Wie soll es mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien weitergehen?
Vielen Dank für Ihre Treue, liebe Frau Hansen. Ich bin immer beeindruckt, wie sehr sich unserer Hörerinnen und Hörer für Rumänien interessieren. Nun, der Grean Deal ändert vorerst nur wenig an der Recyclingquote, er hat ja auch nur indirekt etwas damit zu tun. Es geht zunächst darum, die schädlichen Ausstöße der Industrie EU-weit zu begrenzen und schrittweise zu reduzieren, bis Europa im Idealfall zum klimaneutralen Kontinent wird – so das ehrgeizige Ziel, das sich Brüssel gesteckt hat. Für Rumänien bedeutet das zunächst, seine letzten Kohlegruben zu schließen. Die Europäische Union forderte Rumänien durch den Vizepräsidenten Frans Timmermans höchstpersönlich unlängst auf, einen Plan für den Kohleausstieg vorzulegen. Doch das dürfte angesichts alter Mammut-Kraftwerke schwierig werden. Erste Maßnahmen dazu haben zu Protesten einiger tausend Bergarbeiter geführt, die um ihre Arbeitsplätze bangten. Sie legten die Arbeit nieder und schlossen sich sich mehrere Tage lang im Untertagebau ein, was einige populistische Politiker ausschlachteten, um Stimmung gegen die Regierung und die EU zu machen. Die Recyclingquote ist auch deshalb so niedrig, weil es an Infrastruktur fehlt und weil die getroffenen Maßnahmen auch nur halbherzig umgesetzt werden. Leergut wird nur an wenigen Stellen entgegengenommen, zumindest in der Hauptstadt stehen große Container und Automaten eigentlich nur vor großen Hypermärkten. Bei mir im Kiez standen ein paar große Container für Glas, Plastik, Aludosen und Papierverpackung an der Hauptstraße, die sind aber irgendwann verschwunden, vermutlich weil sich die Anwohner wegen des Lärms beschwert haben. So hat man in Plattenbauten wie meinem nur die Möglichkeit, Glas, Plastik und Aludosen in getrennten Müllsäcken auf der Plattform der Müllrutsche liegen zu lassen und darauf zu vertrauen, dass die Müllabfuhr in Zusammenarbeit mit der Putzfrau sie einsammelt und auch getrennt entsorgt. Weggeräumt werden sie auf jeden Fall – über Feiertage sammeln sich da jede Menge Flaschen und Dosen an –, ob sie dann aber umweltgerecht entsorgt werden, das wäre mal eine investigative Recherche wert, also zum Beispiel ins Auto steigen und den Müllwagen bis zur Deponie verfolgen, um zu sehen, was am Endlager passiert. Einige Supermärkte haben inzwischen Behälter für Altbatterien und verbrauchte Leuchtkörper aufgestellt, aber beim Hineinschmeißen des recycelbaren Guts wird man oft vom Bodyguard des Supermarkts argwöhnisch beäugelt. Für den Ausbau der erneuerbaren Energien muss es allerdings auch einen politischen Willen und entsprechende Incentives (also finanzielle Anreize) geben. Zwar gab es immer wieder entsprechende Programme vom Umweltministerium auch für Endverbraucher, wie beispielsweise grüne Zertifikate für Solaranlagen, für die Verschrottung alter Wagen oder für den Erwerb umweltfreundlicher Haushaltsgeräte, doch wird man erst in einige Jahren sehen, inwiefern sie wirklich greifen.
Die schlechte Luftqualität in rumänischen Städten ist in erster Linie durch den übermäßigen Autoverkehr verursacht. Die Kommunalpolitik hat sich einfach nicht ernsthaft darum gekümmert, mehr auf öffentlichen Nahverkehr oder Fahrradpisten zu setzen und die Blechlawine durch mutige, aber unter Autofahrern sicherlich unpopuläre Maßnahmen einzudämmen. Ganz im Gegenteil – Grünflächen verschwinden, um Parkanlagen Platz zu machen, Straßen werden verbreitert, Gehsteige verringert oder Bürotürme ohne ausreichend unterirdische Garagen werden errichtet, so dass letztendlich noch mehr Verkehr angezogen wird. Und ich kenne in Europa keine passantenfeindlichere Hauptstadt als Bukarest. Ich wohne z.B. nahe einer der meistbefahrenen Ost-West-Achsen mit drei bis vier Fahrspuren in jeder Richtung. Die Ampeln bei den Kreuzungen oder Straßenüberquerungen sind ganz auf die Autofahrer eingestellt, das Grün für Passanten ist schwuppdiwupp weg, die letzten paar Meter muss man fast rennend bei bereits blinkendem Licht zurücklegen. Weniger flinke oder alte und gebrechliche Menschen haben da kaum eine Chance, die Straße rechtzeitig zu überqueren, sie müssen dann meistens in der Mitte stehenbleiben, mit etwas Glück in einer Straßenbahnhaltestelle, und aufs nächste Grün warten.
Außerdem ist immer wieder die Rede von illegalen Müllverbrennungen außerhalb der Städte, meistens bei Nacht. Im vergangenen Sommer sind die Bukarester mehrfach bei stinkender Luft aufgewacht. Zwar haben die Behörden immer wieder, in Begleitung von Kamera-Teams der Medien, irgendwelche Missetäter erwischt und vorgeführt, die ein paar Autoreifen verbrannten. Die Vermutung liegt aber nahe, dass da mehr am Laufen ist und es sich um Korruption bis an höchste Stellen handelt. Der ehemalige liberale Umweltminister, der sein Amt von November 2019 bis November 2020 inne hatte, hatte zwar ein großes Mundwerk, doch sein lautstarkes Engagement für die Umwelt war nur ein Lippenbekenntnis. Denn letztendlich stürzte er über eine Korruptionsaffäre, die, wenn sie bewiesen wird, eine ganz andere Sprache spricht: Er wird nun beschuldigt, von einem Eisen- und Stahl-Kombinat 22 Tonnen Wellblech in Wert von rund 21.000 Euro als Bestechung angenommen zu haben. Als Gegenleistung soll das Umweltressort dem Kombinat ein grünes Treibhausgas-Zertifikat ausgestellt haben, und das Wellblech soll bei einer Handelsgesellschaft gelandet sein, die einem Verwandten des Ministers gehörte.
Die USR (Union Rettet Rumänien) hat den Umweltschutz teilweise schon als Thema für sich beansprucht, so richtig auf die Fahnen geschrieben hat sie es sich aber nicht. Zwar gab es löbliche gesetzliche Initiativen ihrer Abgeordneten, z.B. gegen die Abholzung der Wälder oder im Fall der Goldförderung mit gefährlichen Chemikalien in Roșia Montană, aber gleichzeitig machten andere Initiativen die Runde in Satire-Publikationen. Beispielsweise wurde auf Initiative der USR 2018 ein Lärmschutzgesetz verabschiedet, das zwar gut gemeint ist, aber nicht in allen Fällen umsetzbar ist. Da heißt es, dass bei einer Lärmüberschreitung von über 35 dB – z.B. in Nachbarwohnungen, naheliegenden Bars, öffentlichen Institutionen oder durch den Verkehr – Geldstrafen verhängt werden können. Die Lärmüberschreitung müsse bei geschlossenen Fenstern und Türen festgestellt werden. Nun liegt es auf der Hand, dass nicht alle Streifenpolizisten Messgeräte zur Hand haben; der laute Nachbar kann andererseits bis zum Eintreffen der Polizei oder des Lärmexperten die Quelle des Getöses wieder einstellen; und außerdem ist in Großstädten an vielen verkehrsstarken Straßen der Limit von 35 dB ohnehin überschritten.
Und schließlich ist der Grüne Freitag“, also der Tag, an dem möglichst viele Menschen ermuntert sind, aufs Autofahren zu verzichten, eher ein PR-Gag, den die Wählerschaft auch so verstanden hat. Das ist eine gute Gelegenheit für Politiker jeglicher Couleur, die normalerweise ihre Hintern kaum aus den Limousinen setzen, sich auf dem Fahrrad ablichten zu lassen, um ihrer Engherzigkeit den Hauch eines grünen Herzens anzuheften.
Schlussfolgernd: Rumänien ist auf dem Gebiet Umweltschutz, Recycling, erneuerbare Energien usw. noch ziemlich am Anfang – es braucht Infrastruktur, es braucht Erziehung und es braucht auch einen politischen Willen – ob nun mit einer grünen Partei oder mit den bisherigen Parteien. Herzliche Grüße nach Wiesbaden, liebe Frau Hansen!
So, letzten Sonntag habe ich zeitlich sehr überzogen, was dazu geführt hat, dass die bereits produzierte Radiotour keinen Platz mehr in der Sendung hatte, worauf mich die Kollegen baten, mich künftig etwas kürzer zu fassen und mich idealerweise auf maximal 12 Minuten zu beschränken. Also Zeit noch für eine Botschaft. Paul Gager (aus Wien, Österreich) hinterließ uns eine Frage im Feedback-Formular:
Werte Redaktion!
Zum Thema Hochseeflotte“ in Rumänien im Funkbriefkasten vom 21. März hätte ich eine Frage. Hat zu früheren Zeiten der Rumänische Rundfunk eigene Kurzwellenprogramme/Sendungen für die rumänische Hochseeflotte-Besatzung ausgestrahlt? Vom Polnischen Rundfunk sind mir solche aus den 70erJahren des vorigen Jahrhunderts unter den Namen Polish for Seamen“ bekannt. Vom sowjetischen Rundfunk gab es mal eine Sendung: Fishermen-Service“ auf Kurzwelle sowie das Programm Radiostantsiya Atlantica for Mariners in the Atlantic“ – wie mir meine QSL-Karten-Sammlung zeigt.
Und im Schweizer Kurzwellenrundfunk gab es jeden ersten Sonntag im Monat, wie mir meine Unterlagen zeigen, die Sendung Seemannsposcht“ (Program for the Swiss Sailors). Vom Rumänischen Rundfunk habe ich in dieser Richtung leider nichts gefunden.
Mit grübelnden Grüßen
Paul Gager
Vielen Dank für Ihre Frage, lieber Herr Gager. Die Sendungen für rumänische Seeleute gibt es heute noch, sowohl im Internet als auch über Kurzwelle, allerdings ist das Angebot heute eingeschränkt. Im welchen Umfang sie früher ausgestrahlt wurden, als Rumänien noch eine Hochseeflotte hatte, die sich zeigen ließ, kann ich nicht sagen. Heute gibt es nur noch jeden Sonntag den Rumänischen Kurier für Seeleute“, der von 07.00 bis 10.00 Uhr UTC Sommerzeit bzw. 08.00 bis 11.00 Uhr UTC Winterzeit zu empfangen ist, und zwar auf den Frequenzen 15400 kHz und 17750 kHz mit dem Zielgebiet Ägypten sowie 11650 kHz mit dem Zielgebiet Westeuropa. Die Zielgebiete entsprechen wahrscheinlich den geografischen Regionen der Welthäfen, in denen rumänische Handelsschiffe heute noch anlegen. Ich glaube mich zu erinnern, dass uns ein Hörer aus dem norddeutschen Raum mal mitgeteilt hat, dass er die zuletzt genannte Frequenz mit seinem Weltempfänger sogar einfangen konnte. Ich kann mich aber partout nicht mehr erinnern, wer es war – vielleicht war es unser Hörerfreund Carsten Fenske (aus Greifswald) oder es war ein Gelegenheitshörer, ich weiß es einfach nicht mehr.
So, liebe Freunde, das war’s für heute, am Palmsonntag in der orthodoxen Kirche, zum Schluss noch die Postliste. Neue Postbriefe habe ich momentan keine, auf elektronischem Wege erreichten uns bis vergangenen Samstag Empfangsberichte und Botschaften von Anna und Bernd Seiser, Henning Deichsel, Michael Willruth, Lutz Winkler, Wolfgang Maschke, Dietmar Wolf, Jörg-Clemens Hoffmann und Helmut Matt (D) sowie von Albert Zrim und Paul Gager (A) und Siddhartha Bhattacharjee (IND).
S.G. sagt an dieser Stelle: Danke fürs Zuhören, bleiben Sie gesund und bis demnächst!
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