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Hörerpostsendung 20.6.2021

Heute mit einer Geschichte über den DDR-Rundfunk für Seeleute und einer Aufzeichnung von 1971 sowie mit Erinnerungen aus Rumänien zur Zeit der Fußball-WM im Jahr 1966.

Hörerpostsendung 20.6.2021
Hörerpostsendung 20.6.2021

, 20.06.2021, 17:30

Liebe Freunde, herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI!



Vor einigen Wochen hatte ich hier über den rumänischen Seemannsfunk berichtet und auch die jüngsten Empfangsbeobachtungen unseres Hörers Michael Lindner (aus Gera, Thüringen) dazu zitiert. Nun meldete sich zum selben Thema unser Hörer Carsten Fenske aus Greifswald, der uns eine spannende Geschichte über den Seemann-Rundfunk in der DDR samt einer historischen Aufzeichnung schickte, auf der sein Vater zu hören ist:



Liebes Team von Radio Rumänien INTERNATIONAL, Deutsche Redaktion, lieber Sorin,



nach längerer Pause heute nun wieder mal ein Lebenszeichen von mir.




Ich nehme Bezug auf den Funkbriefkasten vom 25.04.2021 und die Fragen von Paul Gager aus Wien bzw. Ihre Informationen zum rumänischen und internationalen Seemannsfunk über die Kurzwelle.



Auch in der kommunistischen DDR gab es eine Betreuung der in See gehenden Schiffseinheiten, und zwar über Rügen-Radio. Einmal im Monat grü‎ßten Angehörige ihre Seeleute auf gro‎ßer Fahrt aus dem Funkhaus Rostock über die Antennen von Rügen-Radio. Bis in die 1980er Jahre hinein wurde Rügen-Radio zu einem leistungsfähigen Funkamt des Küstenfunkdienstes in allen Dienstzweigen des terrestrischen Küstenfunks ausgebaut. Die Spitzenwerte lagen bei 280 000 Funk-Telegrammen im Jahr, mit über 200 Mitarbeitern und 700 Verbindungen zu den auf allen Meeren fahrenden DDR-Schiffen. Rügen-Radio konnte zu dieser Zeit mit allen anderen Küstenfunkstellen in Europa konkurrieren.



Mit dem Ende der DDR, aber auch durch neue Nachrichten-Technologien und immer kleiner werdende Schiffsbesatzungen sank jedoch das Sende-Aufkommen rasant, so dass Rügen-Radio am 31. Dezember 1992 den Kurzwellenfunk einstellte.



Wie der Zufall es will, bin ich im Besitz eines originalen Funk-Mitschnitts von 1971. Mein Vater war seinerzeit Politoffizier auf der ROS 318 Breitling, einem damals sehr, sehr modernen Schiff. Was ein Politoffizier dort so den lieben, langen Tag für Aufgaben hatte, erschlie‎ßt sich mir zwar nicht, und da mein Vater schon seit drei‎ßig Jahren tot ist, kann ich ihn auch nicht mehr fragen.



Das sollte aber die technische Seite des Kurzwellenfunks über Rügen-Radio nicht tangieren. Sein Schiff war also bereits auf Ausreise und der Mitschnitt erfolgte vom Schiffsfunker. Als Empfänger diente vermutlich der Allwellen Dabendorf, der üblicherweise auf den Schiffen genutzt wurde. Die Aufnahme erfolgte mit einem Spulen-Tonbandgerät des Typs Smaragd in Zweispurtechnik.



Und weil wir nun schon bei der technischen Seite sind, erzähle ich Ihnen die Geschichte bis zum Schluss. So lag dann seit 1971 diese Magnetbandspule im elterlichen Haus herum. 1979 legte ich besagte Spule in ein sowjetisches HI-FI-Spulen-Tonbandgerät vom Typ Jupiter, welches unglaubliche 1700 Mark der DDR kostete ,und überspielte die Aufnahme auf eine ORWO Tonbandkassette K60. Als Kassettenrecorder kam ein ebenfalls sowjetisches Gerät vom Typ Elektronika 302 zum Einsatz.



Irgendwann hat meine Mutter diese Aufnahme dann in den Computer eingespielt. Wenn Sie nun also glauben, das wäre es mit der Kurzwellen-Geschichte gewesen: Irrtum. Ich lege noch eine Schippe drauf.



Vor zehn Jahren, zu meinem 50. Geburtstag, schickte mit meine Mutter eine Video-DVD die sie selber gebrannt hatte. Dort fand sich dann die Aufnahme. Am besagten 24. April erinnerte ich mich nach Ihrem Beitrag im Funkbriefkasten an jenen Mitschnitt. Die DVD hatte ich nicht mehr im Kopf. Also fragte ich per WhatsApp bei meiner mittlerweile 81-jährigen Mutter nach dem Verbleib der Audiodatei. Sie bestand darauf, dass ich eine DVD hätte und somit auch die Datei. Und tatsächlich. Es ist die einzige DVD, die ich überhaupt noch besitze. Alle anderen sind lange im PC. Und so habe ich sie sofort in meinem Schrank auffinden können.



Was lehrt uns das nun? Höre Radio Rumänien, über Kurzwelle, dann sagte dir deine Mutter was du in deinen Schränken hast. So einfach kann das alles sein.



Wenn der Audiomitschnitt in Ihr Sendekonzept passt, können Sie ihn gerne abspielen. Wenn Sie etwas genauer lauschen, hören Sie im Hintergrund Pfeif- und Morsetöne.



Damit möchte ich schlie‎ßen und verbleibe wie immer mit freundlichen Grü‎ßen aus Deutschland, Campingplatz WALDCAMP Freest,



Ihr Hörer Carsten Fenske




Lieber Herr Fenske, vielen Dank für die spannende Story – sie ist Radiogeschichte pur und selbstverständlich möchte ich unseren Hörern den historischen Mitschnitt vom DDR-Rundfunk für Seeleute nicht vorenthalten. Hier kommt er, die Aufzeichnung dauert 2 Minuten und 50 Sekunden:



Audio DDR-Seemannsfunk




Und auch im nächsten Beitrag geht es um Erinnerungen aus vergangenen Zeiten. Ernst Meinhardt ist in Berlin zu Hause, ein regelmä‎ßiger Hörer und auch ein Kollege von uns, denn bis zu seinem Ruhestand hat er bei der Deutschen Welle gearbeitet und jahrelang sogar eine DX-Sendung betreut. Und das ist noch nicht alles – er stammt auch aus Rumänien, und zwar aus Temeswar im Banat, von wo er im Alter von 16 Jahren mit der Familie in die Bundesrepublik übersiedelte. Eine Sendung der Kollegen vom englischen Dienst brachte bei Herrn Meinhardt einige Erinnerungen aus der Kindheit in Rumänien hoch:



Oft höre ich morgens au‎ßer Ihrer deutschen auch Ihre englische Sendung. Da lief vor Kurzem ein Bericht über den Kurort Tușnad. Obwohl bereits 55 Jahre seit unserem ersten und einzigen Urlaub in Tușnad vergangen sind, sind durch diesen Bericht alte Erinnerungen wach geworden.



Erste Erinnerung: Fu‎ßball. Als wir in Tușnad waren – ich war damals zwölf Jahre alt –, fand gerade die Fu‎ßball-Weltmeisterschaft 1966 in England statt. Ein Höhepunkt war das Viertelfinalspiel Nordkorea – Portugal. Nach nicht einmal einer halben Stunde führten die krassen Au‎ßenseiter aus Nordkorea gegen die hoch favorisierten Portugiesen mit 3:0. Das Spiel wurde im rumänischen Radio direkt übertragen. Nach jedem nordkoreanischen Tor wurde die Stimmung im Speisesaal besser und der Torjubel lauter. Doch dann kam der Auftritt des portugiesischen Superstars Eusebio. Bis zur Halbzeitpause verkürzte er auf 2:3. In der zweiten Halbzeit schoss er noch zwei weitere Tore zum 4:3 und bereitete das Tor zum 5:3-Endstand für Portugal vor. Nordkorea war damit ausgeschieden. Aber der beherzte Auftritt verschaffte der Mannschaft sehr viele Sympathien. Wohlgemerkt, der Mannschaft, nicht dem nordkoreanischen kommunistischen System.



Schon in der Gruppenphase hatte Nordkorea Italien sensationell 1:0 geschlagen. Italien und Chile blieben auf der Strecke, fürs Viertelfinale qualifiziert haben sich die Sowjetunion und Nordkorea. Vor der WM ging es eigentlich nur um die Fragen: Wie hoch werden die Nordkoreaner ihre drei Gruppenspiele verlieren? Sie verloren gegen die Sowjetunion, spielten gegen Chile unentschieden und gewannen – wie gesagt – gegen Italien.




Die zweite Erinnerung an Tușnad 1966 ist lustig. Wir haben zwar im Speisesaal eines Erholungsheims gegessen, aber privat gewohnt. In der Ferienwohnung“ gab es nur eine Au‎ßentoilette, also auf gut deutsch: ein Plumpsklo im Hof. Als meine Mutter mal auf diesem Klo war, legte sich das Hausschwein unserer Gastgeber vor die Klotür und ging nicht mehr weg, so dass meine Mutter die Tür nicht aufbekam. Unsere Gastgeber waren Szekler.



Zusammen mit dem Sohn unserer Gastgeber, der ein oder zwei Jahre älter als ich war und Tamás hie‎ß, machten wir einen Ausflug zu dem berühmten Sankt-Anna-See, den Ihre englischen Kollegen auch erwähnten. Obwohl es doch Mitte Juli war, war es ein trüber, kühler Tag. Jacke war durchaus angebracht.




Das Endspiel um die Fu‎ßball-WM1966 England – Deutschland sahen wir zu Hause in Temeswar. Wir hatten damals noch kein Fernsehgerät, gingen deswegen zu unseren Nachbarn. An einen Satz unserer Gastgeberin erinnere ich mich heute noch: Wer nicht für Deutschland ist, kommt hier nicht herein.“ Selbstverständlich waren wir für Deutschland. Ich denke, dass alle Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen damals für Deutschland waren. Es war das Spiel mit dem berühmten, umstrittenen Wembley-Tor“ in der Verlängerung, das die Entscheidung zugunsten Englands brachte.




Herzliche Grü‎ße nach Bukarest


Ernst Meinhardt




Vielen Dank für die tollen Erinnerungen, lieber Herr Meinhardt! Bei der Geschichte vom Plumpsklo musste ich laut lachen, als ich sie las. Ich war übrigens auch – vielleicht zweimal – in Tușnad. Das letzte Mal muss es vor 10 oder 15 Jahren gewesen sein, der Kurort war ziemlich heruntergekommen, nur einige apathische Rentner sa‎ßen im Restaurant des grö‎ßten Hotels und wurden von lustlosen Kellnern bedient. Dabei war der Ort auch in meinen Teenie-Jahren in den 1980ern noch gut besucht, Ferienlager wurden dort organisiert und Schulklassen aus dem ganzen Land gaben sich den ganzen Sommer über die Klinke in die Hand in den Unterkünften von damals. Vielleicht geht’s den Leuten dort inzwischen wieder besser. Der überwiegend von ungarischsprachigen Szeklern bewohnte Landkreis Harghita ist übrigens einer der ärmsten in Rumänien; au‎ßer Waldwirtschaft, etwas Viehzucht und Milchwirtschaft gibt es dort keine anderen Einnahmequellen mehr. Da wäre es sicher nicht schlecht, wenn der Tourismus wieder angekurbelt werden könne. Herzliche Grü‎ße nach Berlin!



Das war’s für heute, zum Schluss noch die Postliste. Postbriefe hole ich mir nächste Woche wieder vom Rundfunk, auf elektronischem Wege schrieben uns bis einschlie‎ßlich Freitag Josef Robl und Paul Gager (A) sowie Helmut Matt, Xaver Hellmeier, Ernst Meinhardt, Michael Willruth, Carsten Fenske und Jürgen Zenker (D).




S.G. sagt Ihnen: Danke fürs Zuhören, bleiben Sie gesund und bis demnächst!



Audiobeitrag hören:



RadioRomaniaInternational · Funkbriefkasten – 20.06.2021

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