Hörerpostsendung 14.12.2014
Heute mit der Beantwortung einer Frage unseres Hörers Reinhold Meyer zu Dialekten in Rumänien und dem Backrezept eines Apfelkuchens vom Blech.
Sorin Georgescu, 14.12.2014, 21:45
Heute möchte ich eine Hörerfrage etwas ausführlicher beantworten. Und zum Schluss gibt es erneut ein leckeres Backrezept aus Rumänien, das nicht nur zu Weihnachten geeignet ist.
Reinhold Meyer (aus Liesborn, NRW) schrieb uns unlängst einen Postbrief mit allerlei Beilagen:
Hallo RRI,
Hallo Sorin Georgescu,
Einmal mehr schicke ich Ihnen zwei Empfangsberichte mit einigen Informationen zur Laientheaterschauspielergruppe des Adolph-Kolping-Gesellenvereins aus meinem Heimatort nach Bukarest. Es ist ein zum 50-jährigen Jubiläum entstandenes Heft, welches mit vielen Bildern und Berichten aus früheren Stücken der Schauspielgruppe gefüllt ist.
Daher möchte ich wissen: Gibt es in Rumänien auch Theateraufführungen solcher Volksstücke in verschiedenen Dialekten des Landes?
Vielen Dank für die Infos und für Ihre Fragen, lieber Herr Meyer. Der Zufall will es, dass ich ein Faible für Dialekte und für Sprachwissenschaft schlechthin habe. Zur Beantwortung Ihrer Frage muss ich etwas weiter ausholen. In Rumänien sind die Dialekte zum einen nicht so stark ausgeprägt, dass heißt, die regionalen Unterschiede führen selten zu Kommunikationsschwierigkeiten. Zum anderen gibt es in Rumänien gefühlt auch das Phänomen des sogenannten Dialektsterbens – durch Schule und Medien sprechen immer mehr Menschen Standardsprache, auch wenn sie lokale Wörter oder Ausdrücke in ihre Sprechweise hin und wieder noch einfließen lassen. Andererseits ist nach dem Einheitsbrei zu Zeiten des Kommunismus natürlich auch der Lokalpatriotismus wieder ein Thema, der Rivalitäten und gegenseitiges Belächeln – auch aufgrund des sprachlichen Einschlags –, aber auch das Herauskehren der eigenen Sprachidentität durchaus beinhalten kann. Im Jahr 2008 habe ich für das Gemeinschaftsprogramm Euranet einen gebauten Beitrag über rumänische Dialekte produziert, der sich genau mit diesen Themen befasste.
Hören Sie zunächst ein Fragment aus meinem damaligen Beitrag, um mehr über rumänische Dialekte zu erfahren. |
Das war ein Beitrag aus dem Jahr 2008 über Dialekte in Rumänien. Dem ist noch hinzuzufügen, dass in Rumänien die Mundartliteratur nicht in höheren Kreisen gepflegt wurde. Volksdichtung wird oder wurde natürlich in der jeweiligen Mundart vorgetragen, sie war aber eher ein Forschungsgegenstand für Folkloristen und Dialektologen als ein überregional identitätsstiftendes Element. Schriftsteller haben sich meistens der Standardsprache bedient, wenn auch Meistererzähler wie Ion Creangă oder Mihail Sadoveanu moldauische Wörter in Hülle und Fülle verwendeten, die in Schulbüchern in Fußnoten erläutert werden, damit sie auch Sprecher aus anderen Landesteilen verstehen. Das hat vielleicht auch etwas mit der späten – manche sagen: verspäteten – Entstehung der rumänischen Nation zu tun. Erst 1918 entstand ein rumänischer Staat, der die mehrheitlich von Rumänen bewohnten Gebiete vereinte. Da war man wohl zunächst bemüht, die regionalen Unterschiede nicht besonders hervorzuheben.
Dennoch gibt es volkstümliche Aufführungen in Mundart. Das sind die sogenannten Weihnachts-, Krippen- oder Hirtenspiele, die in Rumänien von Region zu Region unterschiedlich bezeichnet werden. In Siebenbürgen und in der Marmarosch heißt dieser Brauch Viflaim, in der Kleinen Walachei heißt er Vicleim. Beide Wörter sind eine volkstümliche Bezeichnung der Stadt Bethlehem, die aus dem Griechischen über das Altslawische ins Rumänische gelangte. In der Moldau nennt man einen ähnlichen Brauch Irozi, abgeleitet von der biblischen Gestalt des Herodes. Diese traditionellen Volksspiele vereinten vorchristliche Elemente mit der christlichen Darstellung der Geburt Jesu Christi. Die verkörperten Figuren sind Josef, Maria, Herodes, der Verkünder, der Gastwirt, der Engel, zwei Hirten, die Drei Heiligen Könige, zwei römische Legionäre, der Tod, der Teufel, ein alter Mann und der Wachtmann. Die religiösen Motive mischten sich mit moralisierenden Geschichten über Hochmut, Verlogenheit, Heuchelei oder mit Sozialkritik in Form von Darstellung der Ausbeutung der Armen durch die Reichen bzw. der Kaltschnäuzigkeit der letzteren. Heute fließen auch immer mehr Stegreifsprüche über das Dorfleben ein, dabei werden Spottverse über Ehe und Ehebruch, über Trunkenheit, Fleiß und Faulheit, Erfolg und Misserfolg, Armut und Wohlergehen zum Besten gegeben. In der Marmarosch ist die Tradition noch lebendig. Das Weihnachtsspiel Viflaim wird im Freien aufgeführt und vom ganzen Dorf mitverfolgt, Sprechen und Singen wechseln einander ab.
Weihnachsstpiel „Viflaim” in Oberwischau (rum. Vișeu de Sus, Marmarosch) aus dem Jahr 2012 in voller Länge auf Youtube:
Den Brauch gibt es auch bei anderen Volksgruppen in Rumänien, z.B. bei den Ukrainern. Und die Siebenbürger Sachsen waren spätestens seit der Reformation nicht nur mehrsprachig, sondern auch diglossisch, d.h. sie sprachen sowohl ihre zur ripuarischen Dialektgruppe gehörende Mundart als auch Hochdeutsch.
Passend zur Jahreszeit hat Irina Adamescu ein leckeres Rezept für Sie parat, doch zuvor darf ich die Posteingangsliste verlesen.
Die E-Mail-Liste geht diesmal nur bis einschließlich vergangenen Mittwoch – ich gönne mir nämlich seit Donnerstag ein verlängertes Wochenende in Hermannstadt. Wenn Sie diese Aufzeichnung in Erstausstrahlung am Sonntag hören, dürfte ich gerade auf der Rückreise sein. Die siebenbürgische Stadt habe ich seit Jahren nicht mehr besucht, sie soll in der Zeit, als der inzwischen zum Staatspräsidenten gewählte Klaus Johannis Bürgermeister war, richtig aufgeblüht haben. In dem Sinne wird die Stadt neuerdings im Volksmund spaßhalber Johannisburg genannt.
Also: E-Mails erhielten wir bis vergangenen Mittwochnachmittag von Josef Robl (Österreich), Dmitrij Kutusow (Russland), Helmut Matt, Fritz Andorf, Jörg Hoffmann, Martina Pohl (Deutschland).
Ich sage an dieser Stelle danke fürs Zuhören und tschüss – und weiter erfahren Sie von Irina Adamescu das Rezept eines Apfelkuchens vom Blech.
Apfelkuchen vom Blech
Füllung:
1 kg Apfel
1,5 Becher Zucker (nach Geschmack)
½ Päckchen Butter
1 Becher saure Sahne
1 Ei
2 Esslöffel Semmelbrösel
geriebene Schale ½ Orange
Saft ½ Orange
1 Fläschchen Rumaroma
1 Teelöffel gemahlener Zimt
Die Äpfel schälen, Kerngehäuse entfernen, grob reiben. Die geriebenen Äpfel mit den restlichen Zutaten ca. 15 – 20 dunsten. Leicht abkühlen lassen.
Teig:
150 ml Öl
150 ml Wasser
350-400 g Mehl
1 Päckchen Backpulver
1 Prise Salz
Alle Zutaten zu einem Teig verkneten (der Teig sollte nicht zu fest werden).
Den Backofen auf 170 Grad Celsius vorheizen, ein Backblech einfetten.
Den Teig in zwei Teile teilen und ausrollen.
Das erste Teigblatt auf das Backblech legen. Semmelbrösel drauf streuen, anschliessend mit der Füllung bestreichen und das zweite Teigblatt darauflegen.
Den Kuchen 30 – 40 Minuten backen, auskühlen lassen, schneiden, mit Puderzucker und etwas Zimt bestreuen.
(Bild: http://retete-haplea.ro/placinta-cu-mere-cu-foi-de-casa/#jp-carousel-7721)
Alternativ Kürbisfüllung:
1,5 kg Kürbis
5 Esslöffel Zucker
3 Esslöffel gehackte Nüsse
1 Teelöffel Zimt
Den Kürbis schälen, grob reiben, mit Zucker, Zimt und Nüssen vermengen, auf kleinem Feuer dünsten und etwas abkühlen lassen.
Gesamten Audiobeitrag hören: