Hörerpostsendung 13.12.2015
Heute mit Zuschriften von Michael Lindner, Bernd Seiser, Herbert Jörger und Andreas Pawelczyk.
Sorin Georgescu, 13.12.2015, 17:35
Zu Beginn möchte ich für die Hörer ohne Internetzugang die beiden QSL-Karten für Oktober und November kurz vorstellen. Es handelt sich dabei um die Höhlen Coiba Mare und Coiba Mică. Beide liegen im Westgebirge und sind durch einen unterirdischen Wasserstrom verbunden.
[…]
Und jetzt zu Hörerzuschriften. Michael Lindner (aus Gera, Thüringen) schrieb uns unlängst eine E-Mail und stellte eine schwierige Frage:
Liebe Freunde in der deutschen Redaktion!
Zum Wochenende möchte ich Sie alle in der deutschen Redaktion ganz herzlich aus Gera im schönen Thüringen grüßen. Gleichzeitig möchte ich mich mit einem Thema an Sie wenden, worauf Sie in Ihren Sendungen schon öfters eingegangen sind. Es geht um die rumänischen Roma, die erst unlängst hier im Fernsehen in einer Reportage aus Duisburg Thema waren. Es ging um die große Zahl von Ausländern, die in Duisburg wohnen. Man sprach da von einem Ausländeranteil von etwa 32%. Den Hauptanteil bilden die Türken. Hauptsächlich bewohnen diese Leute den Stadtteil Marxloh, zu vergleichen mit Berlin-Neukölln. Dieser Bezirk hat seit der großen Flüchtlingswelle natürlich auch Zuzug bekommen, und zwar von rumänischen Roma. Allerdings gibt es mit diesen Roma absolute Schwierigkeiten, da sie sich an keinerlei Regeln halten und dazu beigetragen haben, dass viele Straßen, die von den Roma bewohnt werden, total vermüllt sind. Ich sah unfassbare Bilder, wie alles verwahrlost und verdreckt wurde. Zugeteilte Wohnungen waren in kürzester Zeit unbewohnbar. Dadurch isolieren sich diese Menschen total von den anderen Ausländern, die sich deshalb sehr negativ über den Zuzug dieser Roma äußerten.
Das hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Warum lassen sich die Roma nicht integrieren? Warum können sich diese Menschen nicht an Regeln halten, um ein normales Leben in Würde zu leben? Kein Wunder also, dass die Roma überall auf dieser Welt gemieden werden.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie das Thema mal ausführlich behandeln würden, in der nächsten Hörerpost.
Vielen Dank für Ihre Zeilen, lieber Herr Lindner. Ich muss von Anfang an sagen, dass ich weder Soziologe noch Experte in der Romaproblematik und Integrationspolitik bin. Außerdem kenne ich die Lage in Marxloh nicht persönlich, sondern bin nur auf das angewiesen, was man durch die Medien übermittelt bekommt. Ich kann daher nicht beurteilen, was in diesem Duisburger Stadtteil nicht klappt und warum es zu diesen Zuständen kam. Generell würde ich aber nicht von der These ausgehen, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht integrierbar seien.
Um die Roma besser verstehen zu können, muss man deren Geschichte kennen. In Südosteuropa waren sie schon immer ausgegrenzt und lebten schon lange in Armut. In den rumänischen Fürstentümern war ein guter Teil der Roma seit dem Mittelalter versklavt – sie verdingten sich gegen Obdach und Nahrung auf Fürstenhöfen, bei Großgrundbesitzern oder Klöstern. Erst 1855 bzw. 1856 wurde die Sklaverei in der Moldau und in der Walachei abgeschafft. In Siebenbürgen und in anderen, damals zu Österreich gehörenden Gebieten war sie bereits 1768 abgeschafft worden. Es folgte aber keine soziale Integration – die nunmehr frei lebenden Roma wurden sich selbst und damit einer prekären Existenz am Rande der Gesellschaft überlassen. Nach dem Verschwinden traditioneller Berufe wie Kesselflicker, Ziegelbrenner, Bärenführer u.a.m. hatten viele auch keine Existenzbasis mehr. Allein die Musikanten und die Hufschmiede sind gut integriert und werden auch heute respektiert. Bis heute gehören aber die meisten Roma zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen in Rumänien und sie werden nicht selten diskriminiert. Selbstverständlich ist es keine staatlich getragene Diskriminierung, aber die soziale Exklusion hat strukturelle Dimensionen. Daran ändern auch Ausnahmen wie kriminelle Clans oder Unterweltbosse nichts, die ja im Grunde meistens ihre eigenen Volksangehörigen ausbeuten. Wenn also ganze Roma-Familien das Land verlassen, um beispielsweise nach Deutschland zu ziehen, so tun sie das nicht, weil sie den deutschen Sozialstaat unterwandern wollen, wie oft gesagt wird, sondern weil sie hierzulande oft gar nichts haben und aufgrund der mangelnden Ausbildung auch keine Arbeit finden. Und Zugang zu Ausbildung haben sie in manchen Fällen auch wegen der eigenen Abschottung nicht; in sehr traditionellen Familien müssen die Mädchen mit 14 die Schule abbrechen, um zu heiraten. Es ist ein Teufelskreis, der nicht leicht zu durchbrechen sein wird.
Ich habe wie gesagt keine Erklärung für die Zustände in Marxloh, aber ich wage mal eine Vermutung: Wenn einem ständig gesagt wird, dass man unfähig sei, ein normales soziales Leben zu führen, wenn man seit Jahrhunderten mit Misstrauen, Vorurteilen und bisweilen auch Hass konfrontiert wird, verliert man irgendwann selber das Vertrauen zu den Außenstehenden und will gar nicht mehr Teil dieser Gesellschaft sein.
Außerdem muss man sich fragen, ob tatsächlich alles stimmt, was berichtet wird. Es ist oft so, dass miserable Wohnbedingungen und Dreck nicht den Slumlords, sondern den Bewohnern angelastet werden. Ich habe nämlich ein Gegenbeispiel, das zeigt, dass die Integration der Roma durchaus gelingen kann, wenn man sie richtig anpackt. Es handelt sich um eine Wohngemeinschaft im Berliner Stadtteil Neukölln, die ich dieses Jahr und auch vergangenes Jahr besucht habe. Dort wohnen seit Jahren überwiegend Roma aus Rumänien, die meisten gehören auch der religiösen Gemeinschaft der sogenannten Pfingstler an. Vor mehreren Jahren herrschten auch dort desolate Zustände: Der Keller stand teilweise unter Wasser, die Wohnungen waren dreckig, der Hof zugemüllt – das Haus war in der Nachbarschaft berüchtigt. Trotzdem verlangte der damalige Eigentümer horrende Mieten, die die Leute nur mühsam bezahlen konnten. Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, dass niemand noch wollte oder sich’s leisten konnte, dort sauber zu machen. Müllabfuhr und Reinigungskräfte kamen nicht mehr oder ließen die Arbeit unverrichtet, weil den Bewohnern niemand Mülltrennung beigebracht hatte. Stellen Sie sich vor: Jemand weist Ihnen eine völlig verdreckte Wohnung zu und will auch noch eine saftige Miete dafür. Würden Sie nach der Behandlung noch besonders sozial reagieren oder sich um Sauberkeit dort kümmern, wo sie von Anfang an nicht gegeben war?
Vor ein paar Jahren hat dann ein der Katholischen Kirche nahestehendes Unternehmen das Haus in Neukölln gekauft, die Wohnungen saniert und sie zu vernünftigen Preisen wieder an die Roma vermietet. Einzige Bedingung: klare Regeln des Zusammenlebens beachten und sauber halten. Und siehe da, es funktioniert: Im ganzen Haus ist es tipptopp, die Menschen sind bescheiden, aber sauber angezogen, reagieren auch freundlich und viele der Kinder sprechen gar kein Rumänisch mehr, sondern nur noch Deutsch und Romanes, denn sie gehen in die Schule. Im Innenhof gibt es außerdem eine Werkstatt für kreative Aktivitäten mit Kindern und viele Neuköllner Künstler engagieren sich ehrenamtlich. Es gibt auch eine aus Rumänien stammende Psychologin, die immer wieder vorbeischaut und mit Übersetzungen bei Behördengängen hilft. Von wegen also, dass Roma nicht integrierbar sind. Für solche Beispiele gelungener Integration interessieren sich die Medien aber weniger. Der RBB hat allerdings schon 2012 von diesem Roma-Wohnprojekt in der Harzer Straße berichtet – das Video ist auf Youtube zu finden. Und in der FAZ erschien vergangenes Jahr ein Interview mit Benjamin Marx, dem Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft und dem Herzen des ganzen Projekts.
Und jetzt muss ich Grüße ausrichten. Bernd Seiser (aus Ottenau, Baden-Württemberg) lässt gleich mehrere Hobbyfreunde grüßen:
Lieber Sorin,
gerne bedanke ich mich, wenn zeitlich bei Dir in einem Funkbriefkasten möglich, beim technischen Direktor unseres RTI-Hörerklubs Ottenau, Dietmar Wolf, für seine lobenden Worte im Funkbriefkasten vom 29. November.
Es ist der Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung unserer Hörerklubmitglieder, die einem doch etwas kleinen Hörerklub im Vergleich mit den Mitgliederstarken anderen DX-Klubs trotzdem Gehör und Antwort von deutschsprachigen Kurzwellenredaktionen verschafft.
Danke an alle unsere Hörerklubmitglieder, die das Interesse an den Kurzwellensendungen bei und von Radio Rumänien International unterstreichen.
Ich bitte um Verständnis, dass nicht alle jetzt genannt werden können, aber neben Dietmar und unseren stellvertretenden Vorsitzenden Herbert Jörger und Gerard Koopal sind ja auch Alfred Albrecht, Dieter Leupold, Heinz Guenter Hessenbruch, Michael Lindner, Lutz Winkler, Volker Willschrey und Yigal Benger sehr aktive Repräsentanten in Bukarest von unserem RTI-Hörerklub Ottenau.
Freundliche Adventsgrüße aus Ottenau
Bernd
Und Herbert Jörger (aus Bühl) grüßt seinerseits zurück:
Liebes Radioteam!
Ich darf Ihnen schon jetzt gesegnete Weihnachten und ein gutes erfolgreiches neues Jahr 2016 wünschen. Derzeit sieht es nach einem Winter noch nicht aus. Die Weihnachtsmärkte leiden auch darunter. Der Besuch des Publikums fehlt. Es ist zwar am Abend nasskalt, aber da wagt sich kaum jemand aus der warmen Stube hinaus. Selbst einige Buden des Bühler Weihnachtsmarktes wurden aufgebrochen und die darin aufbewahrte Ware vernichtet. 35 kg Schokolade wurde gestohlen und Lebkuchen im Stadtgarten zertrampelt. Dieses ist kein gutes Omen für Weihnachten.
Die letzte Woche bekam ich von Ihnen auch eine QSL-Karte und die neuesten Winterfrequenzen übersandt. Hierfür bedanke ich mich herzlichst. Das Programm Ihres Senders ist höchst aktuell und bunt gemischt. An dieser Stelle sende ich auch einen Gruß an den Vorsitzenden der RTI-Ortsgruppe Ottenau, Bernd Seiser, für seine vielfältige Arbeit für uns Kurzwellenhörer.
Vielen Dank an alle Hörer, die uns Advents- oder auch schon Weihnachtsgrüße geschickt haben. Stellvertretend für alle verlese ich zum Schluss ein Gedicht, das uns Andreas Pawelczyk aus Mannheim zuschickte:
Die ersten Kerzen sind entzündet,
hell erstrahlt ihr warmer Schein.
Von Herz zu Herz in Liebe kündet,
Frieden auf Erden möge sein.
Diesen Wunsch gar viele hegen,
in besinnlicher Vorweihnachtszeit.
Im Jahreslauf dies auch zu pflegen,
ein Segen – wären alle dazu bereit.
Ganz zum Schluss die Posteingangsliste. Postbriefe lasse ich mir nächste Woche zum letzten Mal in diesem Jahr in die Hand drücken, da unsere Poststelle von Weihnachten bis zur zweiten Januarwoche geschlossen bleibt.
E-Mails erhielten wir bis Freitagnachmittag von Ramana Rao aus Indien, Dmitrij Kutusow und Andy Martinjuk (beide aus Russland) sowie von Alfred Albrecht, Bernd Seiser, Dieter Feltes, Fritz Andorf, Steffen Kuhn, Jens Adolph, Erik Öffinger, Andreas Pawelczyk (alle aus Deutschland).
Das Internetformular nutzten ein Hörer aus Ljubljana in Slowenien, der sich nur Samo nennt, und Hans Gosdschan aus Deutschland.
Sorin Georgescu dankt Ihnen fürs Zuhören und wünscht Ihnen eine schöne Adventszeit.
Audiobeitrag hören: