100 Jahre rumänischer Schachverband
Als Miniatur-Militärkonfrontation betrachtet, dient Schach auch als Metapher für komplexe Situationen, in denen zwei Seiten aufeinandertreffen. Im 19. Jahrhundert trafen sich die besten Spieler Europas in Cafés, um ohne Zeitbegrenzung Partien auszutragen – oft um Geld. Rumänien war keine Ausnahme.
Steliu Lambru, 21.01.2025, 11:29
In Paris war das berühmte Café de la Régence ein solcher Ort, während in Sankt Petersburg das Dominique mit Billardsälen, Dame- und Schachspiel bekannt war. Konkurrenz machte ihm das nahe gelegene Café Reiter, während in Moskau das Café Peking am Theaterplatz renommiert war. Die besten Spieler eines solchen Cafés konnten als professionelle Schachspieler angesehen werden. Zu jener Zeit gab es noch keine Schachvereine, und die Partien wurden häufig in Cafés ausgetragen – manchmal um Geld.
Die Geschichte dieses Strategiesports in Rumänien feierte Anfang 2025 das 100-jährige Bestehen des Rumänischen Schachverbbands. Doch das Spiel selbst war in Rumänien natürlich schon früher präsent – doch obwohl die rumänischen Fürstentümer über mehrere Jahrhunderte Teil des Osmanischen Reiches waren, wo Schach bereits seit dem Mittelalter gespielt wurde, wurde Schach erst im Kontext der Revolution von 1848 aus Frankreich eingeführt. Der Schachhistoriker Ștefan Baciu schildert Details zur Verbreitung des Spiels im Rumänisch-sprachigen Kulturraum.
„Auch in den hiesigen Cafés wurde Schach gespielt – und zwar leidenschaftlich. Ein in der Nähe von Czernowitz geborener Rumäne, George Marcu oder Georg Marco, veröffentlichte in der Fachzeitschrift Wiener Schachzeitung eine Partie, die er gegen seinen Bruder Mihai im Café Europa in Czernowitz gespielt hatte. Auch in den Bukarester Cafés wurde Schach mit Begeisterung gespielt.
Manolache Costache Epureanu, Vorsitzender des Ministerrats gegen Ende des 19. Jahrhunderts, wollte die Partie in einem Café nicht abbrechen, um zu seiner Kabinettssitzung zu gehen – eine Begebenheit, die in einer Skizze von I.L. Caragiale beschrieben wird. In Cafés wurden später auch die Grundlagen der ersten Schachvereine gelegt. 1875 organisierte der aus Österreich stammende Geigenvirtuose und Konservatoriumsprofessor Ludovic Wiest den ersten Schachsalon in Bukarest im Café Concordia in der Smârdan-Straße der Altstadt. 1892 wurde der erste Schachclub Bukarests im Café Kuebler gegründet. Frauen hatten keinen Zutritt zu den Cafés, aber wohlhabende Männer fanden Lösungen: Der Industrielle Basil Assan richtete in seinem Haus in Bukarest einen Schachsalon ein, in dem er mit seinen drei Töchtern spielen konnte.“
Zu den Gründern des ersten Schachclubs zählte Hercule Anton Gudju, der in den 1880er-Jahren in Paris Jura studiert hatte und mehrere starke Turniere in der französischen Hauptstadt gewonnen hatte. Sein Sohn Ion Gudju war später maßgeblich an der Gründung des Rumänischen Schachverbands beteiligt.
Im Sommer 1924 nahmen Ion Gudju, George Davidescu und Leon Loewenton während der Olympischen Sommerspiele in Paris an einem Mannschaftsturnier teil. Am 20. Juli 1924, nach der letzten Runde des Turniers, unterzeichneten 15 Delegierte die Gründungsurkunde der Fédération Internationale des Échecs (FIDE), darunter auch der Rumäne Ion Gudju. Nach seiner Rückkehr aus Paris bereiste Gudju das gesamte Land, um mit Vertretern der Schachkreise Großrumäniens über die Gründung eines nationalen Verbands zu sprechen, erläutert Ștefan Baciu die Geschichte.
„Am 4. Januar 1925 gründeten Vertreter von 26 Schachkreisen das provisorische Komitee des Rumänischen Schachverbands. Zum Präsidenten wurde Adam Hențiescu gewählt, eine prominente Persönlichkeit der Epoche und Vorsitzender des Schachkreises Bukarest. Er war als Adam Hențiescu in Siebenbürgen geboren und hatte mit 21 Jahren die Karpaten überquert, um am Unabhängigkeitskrieg von 1877 teilzunehmen. Nach dem Krieg änderte er seinen Familiennamen von Hențiu in Hențiescu und studierte in Bukarest auf Apotheker. Er setzte sich für die Vereinigung Siebenbürgens mit dem Königreich Rumänien ein und kämpfte als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg.
Leider verstarb er, bevor der Rumänische Schachverband offiziell gegründet wurde. Zum Initiativkomitee zählte auch der Temeswarer Alexandru Tyroler, der 1926 den ersten nationalen Meistertitel gewann. Bekannte Spieler waren Nicolae Brody aus Cluj und Janos Balogh aus Miercurea Ciuc, der mit einer Verteidigung, die seinen Namen trägt, in die Schachgeschichte einging. Dem Komitee gehörten auch Hochschulprofessoren, Anwälte und Politiker an.“
Im Jahr 1925 wurden in den Städten, Gymnasien und Universitäten Großrumäniens Schachkreise gegründet, allein neun in Bukarest. Die Gründungsurkunde des Rumänischen Schachverbands wurde am 14. März 1926 anlässlich des ersten Kongresses des Verbands in Bukarest offiziell besiegelt. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933 hatte auch Auswirkungen auf die Schachbewegung in Rumänien. In den Jahren 1932 und 1933 fand keine nationale Einzelmeisterschaft der Männer statt, und die rumänische Mannschaft, die zuvor regelmäßig an den ersten Schacholympiaden teilgenommen hatte, fehlte bei den Ausgaben von 1937 und 1939.