Plädoyer für ein geschichtsbewusstes Europa
Präsident Klaus Johannis hat am Sonntag im deutschen Bundestag eine Rede anlässlich des Volkstrauertags zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Diktatur gehalten.
Alex Gröblacher, 18.11.2024, 12:58
Zum Auftakt betonte er den Stellenwert der Erinnerungskultur in beiden Ländern. “Gemeinsam gedenken wir heute der Opfer von Krieg, Gewalt und Unterdrückung in allen Nationen. Doch der heutige Volkstrauertag mahnt uns auch, die Herausforderungen und Bedrohungen unserer Zeit zu bedenken – vielleicht die beunruhigendsten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Grenzen, Ethnien, Kulturen treten in den Hintergrund, wenn wir uns an das Opfer derer erinnern, die sich in der Vergangenheit für unsere Freiheit, Rechte und Würde mit ihrem Leben eingesetzt haben. So erkennen wir an diesem Tag einmal mehr, wie viel wir als Europäer teilen und was wir gemeinsam in einem freien und demokratischen Europa aufbauen können.
Wir müssen uns stets bewusst sein, dass Geschichtsvergessenheit zur Wiederholung der Fehler der Vergangenheit oder zur Fortsetzung von Ungerechtigkeit führt.
Das Vergessen stellt eine zunehmende Gefahr dar, da die Generationen, die Krieg und Diktatur direkt erlebt haben, bald nicht mehr unter uns sein werden. Ich schätze deshalb das Engagement Deutschlands, jungen Menschen die Geschichte nahezubringen. Auch in Rumänien setzen wir uns dafür ein, dass die jungen Menschen in der Schule über die Fehler der Vergangenheit lernen und sich dieser bewusst sind, um sie nicht zu wiederholen. Und im Hinblick auf die Jugend halte ich es für symbolisch, dass der Volkstrauertag in diesem Jahr mit dem Internationalen Tag der Studenten, am 17. November, zusammenfällt.
Dieses Jahr gedenken wir auch des 80. Jahrestags der Landung in der Normandie, und des 35. Jahrestags des Falls der Berliner Mauer – beide Wendepunkte der europäischen Geschichte.
1987, hatten die Arbeiterproteste in Brașov, Kronstadt in Rumänien, den ersten Massenaufstand gegen Ceaușescus Diktatur markiert und, obwohl dieser nach wenigen Tagen blutig niedergeschlagen wurde, war er einer der Katalysatoren der rumänischen Revolution von Dezember 1989.
Durch den Mut der rumänischen Bürger, die damals gegen den Diktator Ceaușescu und das kommunistische Regime protestierten, und durch das Opfer vieler von ihnen, die diesen Mut mit ihrem Leben bezahlt haben, wurde das repressive Regime in Rumänien gestürzt.
Rumänien ist seit 35 Jahren frei – eine Freiheit, die mit großem Leid, aber auch mit viel Hoffnung errungen wurde.
Der Fall der Berliner Mauer ermutigte auch die Rumänen im Kampf für Freiheit und Demokratie. Die Beseitigung des Eisernen Vorhangs ermöglichte für Rumänien die Rückkehr in die große Familie der europäischen Demokratien”, so der rumänische Präsident.
Die Gelegenheit nutzte Johannis auch zu einem Plädoyer für die EU, wobei er 35 jahre nach dem Fall der Berliner Mauer auch das Engagement Rumäniens für Freiheit und Demokratie hervorhob.
„Nicht nur die intellektuelle Elite, sondern die gesamte rumänische Nation hat sich stets in natürlicher Weise den westlichen Werten zugewandt, die heute durch die Europäische Union und NATO repräsentiert werden.Die Europäische Union, dieses große Friedensprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg und Jahrhunderten von Konflikten, ist das Ergebnis der Versöhnung europäischer Nationen. Unsere demokratischen Werte und unser wirtschaftliches Modell wurden zu einer Inspirationsquelle sowohl für Nachbarn, als auch internationale Partner.Wir stellen jedoch fest, dass unser europäisches Projekt auch andere Reaktionen hervorgerufen hat, insbesondere in einigen undemokratischen Staaten. Die Furcht totalitärer Regime vor der Attraktivität europäischer Werte hat dazu geführt, dass unsere Union als Bedrohung wahrgenommen wird. Die Kritiker der Europäischen Union sind die Feinde der Demokratie und Freiheit.Leider verbreiten sich die Propaganda- und Desinformationsmechanismen heute vermehrt, weil sich diktatorische Regime auf das Prinzip stützen, dass „eine Lüge, die oft genug erzählt wird, zur Wahrheit wird“.Wir sehen diese empörende Tatsache in der Aggression Russlands gegen Ukraine.
Wir werden weiterhin an der Seite des ukrainischen Volkes stehen, das mutig und heldenhaft der vom Kreml angeordneten Invasion widersteht und der Macht und Brutalität des russischen Imperialismus trotzt. Die Unterstützung unserer Staaten und der internationalen Gemeinschaft ist entscheidend, um letztlich einen gerechten und dauerhaften Frieden zu gewährleisten, der im Einklang mit der UN-Charta und dem Völkerrecht steht. Rumänien hat frühzeitig vor den Risiken durch aggressive Diktaturen, wie die des russischen Regimes, gewarnt“, sagte der rumänische PKH im deutschen Bundestag in seiner Rede anlässlich des Volkstrauertags zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Diktatur.