Opernsänger Fang Shuang aus China: „Rumänien ist meine neue Heimat geworden“
Fang Shuang ist Opernsänger, genauer gesagt Bariton, stammt aus China und lebt seit nahezu 19 Jahren in Bukarest. Rumänien ist mittlerweile seine Heimat.
Hildegard Ignătescu und Sorin Georgescu, 18.04.2024, 17:30
Fang Shuang wurde in der chinesischen Hafenstadt Qingdao geboren und erfuhr seine musikalische Ausbildung an der Nationalen Musikuniversität Bukarest, wo er Gesang und Musikdarstellung studierte und anschließend ein Masterstudium absolvierte. Seit 2013 ist er Solist der Komischen Oper für Kinder in Bukarest. In dieser Zeit hat er zahlreiche Rollen dargeboten und arbeitet auch mit weiteren Institutionen der darstellenden Künste zusammen, darunter das Stadttheater im nordrumänischen Baia Mare (dt. Frauendorf) und das Bukarester Metropolis-Theater. 2016 wurde er mit dem Sonderpreis des Opernsänger Studios Wien im Rahmen des Internationalen Wettbewerbs „Vox Artis“ in Hermannstadt ausgezeichnet. 2021 bis 2022 war er auch Sprachdozent für Chinesisch am Konfuzius-Institut im Rahmen der Bukarester Universität. Im folgenden erzählt er, wie er nach Rumänien kam und was ihn dazu bewog, Opernsänger zu werden.
„Ich fange mal mit der zweiten Frage an. Die Leidenschaft für die Musik wurde mir in die Wiege gelegt. Meine Mutter erinnert sich daran, dass ich als Kind sehr ruhig und alles andere als redselig war. Ich sprach zwar nicht viel, trällerte aber chinesische Lieder nach, ohne die Worte richtig zu verstehen. Und ich glaube an Schicksal, dass es für mich also vorbestimmt war, nach Rumänien zu kommen. Es war also kein Zufall oder eine Entscheidung aus freien Stücken, sondern ein Nachzug zu meinen Eltern, die schon 2003 nach Rumänien gekommen waren. Ich folgte ihnen zwei Jahre später, also 2005. In diesem zwei Jahren waren wir getrennt, denn die finanzielle Lage der Familie erlaubte es uns nicht, hin- und herzureisen. 2005 fand also die Familienzusammenführung statt, und ich begann zunächst, Rumänisch im Privatunterricht zu lernen. Danach folgte das vom rumänischen Bildungsministerium angebotene einjährige Sprachausbildungsprogramm für Ausländer, und 2006 bestand ich die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule.“
Die Eltern von Fang Shuang wollten nach ihrer Pensionierung ein neues Leben anfangen. Folglich kamen sie nach Rumänien und eröffneten eine Privatpraxis für traditionelle chinesische Heilkunde. Doch der Anfang in einem neuem Land in einem anderen Teil der Welt war schwer, erinnert sich der Sohn.
„Meine Eltern konnten von einer speziellen Regelung im damaligen China profitieren. Als Frührentner fühlten sie sich noch voller Tatendrang und Energie und sie wollten einen anderen Teil dieser weiten Welt sehen. Am Anfang war es schwer, denn, um Fuß fassen zu können in einem neuen Land, braucht man eine gewisse finanzielle Stabilität. In vielerlei Hinsicht hatten wir es alles andere als leicht. Ganz am Anfang haben wir alle drei in einem einzigen Zimmer gewohnt und geschlafen. Heute betrachte ich es aber als interessante Erfahrung.“
Fang Shuang fühlt sich heute perfekt integriert in der rumänischen Gesellschaft, doch in der Familie werden auch traditionelle chinesische Bräuche weitergepflegt. Er spricht ausgezeichnet rumänisch, doch am Anfang fiel es ihm schwer, sich mit den Einheimischen zu verständigen. Er erinnert sich an die Anfangstage in Bukarest, als er nach einer bestimmten Adresse suchte und ihm eine junge Frau half, indem sie ihn bis dorthin begleitete.
„Sie haben sich wirklich gut für dieses Interview vorbereitet. Ich weiß nicht, wo sie diese Geschichte aufgeschnappt haben, denn ich habe sie nicht allzu oft erzählt. Sie stimmt, und ich bin heute noch dieser jungen Frau dankbar und bereue es, sie nicht nach ihrem Namen gefragt zu haben. Ich sprach damals kein Rumänisch, sie konnte kaum Englisch, und die zurückgelegte Strecke war auch nicht besonders lang. Doch vielleicht wollte sie sich vergewissern, dass mir nichts zustößt, denn sie führte mich vom Athenäum bis zum Hotel Intercontinental.“
Zum Schluss eröffnet uns Fang Shuang, dass Rumänien mittlerweile seine neue Heimat ist.
„Rumänien ist mein Zuhause. Vor wenigen Jahren hätte ich noch gesagt, dass es meine zweite Heimat sei. Doch wenn ich zurückblicke, stelle ich fest, dass ich in China 16 oder 17 Jahre gelebt habe, während ich schon im Mai dieses Jahres auf den Punkt genau 19 Jahre hier in Rumänien bin. Ich bin also schon länger in Rumänien daheim, als ich es in China gewesen bin. Rumänien ist ein wunderschönes Land, hier gibt es ein Meer und Gebirge und Natur ohne Ende – es lohnt sich einfach, das Land zu entdecken!“