Tina Savoi aus Italien: „Rumänien bewegt sich vorwärts“
Tina Savoi ist Leiterin der italienischen Schule Aldo Moro in Bukarest. Den Lernprozess in der Schule hat sie gründlich verändert, indem sie den Akzent auf das kritische Denken und die individuelle Entwicklung setzte.
Hildegard Ignătescu, 28.07.2021, 16:09
Tina Savoi kommt aus Mailand und zog vor mehr als zehn Jahren nach Bukarest. 2009 unterrichtete die Lehrerin in Peru, an einer Schule in Lima, als sie vom Italienischen Kulturinstitut in Bukarest und dem damaligen italienischen Botschafter das Angebot erhielt, die italienische Schule Aldo Moro in Bukarest zu leiten. Tina besuchte die Schule in der rumänischen Hauptstadt und stimmte sofort zu, hierher zu ziehen, weil sie etwas verändern wollte. In der Tat ist eine ihrer grundlegenden Überzeugungen, dass sich eine Gesellschaft mit jedem Menschen, der was Neues bringt, weiterentwickeln kann. In der Schule, die sie leitet, fordert sie eine Bildung im Geist der Freiheit, des Selbstbewusstseins und des kritischen Denkens.
Sie kannte die Geschichte Rumäniens und war beeindruckt von dem stürmischen Weg des Landes und dem Willen zur Freiheit und Emanzipation. Tina Savoi erzählt, wie sie sich 2009 für Rumänien entschied: „Ich hatte nie eine ähnliche Schule in Südosteuropa gesehen. Ich fand es interessant, mich daran zu erinnern, was ich im Geschichtsunterricht über Rumänien gelernt hatte und ich fand es unglaublich, was für ein hartes Leben es hatte, mit Schmerzen und viel Leid. Die italienische Schule befand sich in einem kleinen und alten Gebäude, das für Kinder ungeeignet war. Wenn es so geblieben wäre, hätte sich die Schule gar nicht entwickeln können. Ich fand es interessant, eine für mich völlig neue Erfahrung zu machen, und ich dachte, ich stehe jetzt vor einer großen Herausforderung, darin fand ich meine größte Motivation. Die Schule wurde größer und wir haben es geschafft, eine stabile Gruppe von Lehrkräften zu bilden und das ist bis heute so geblieben. Ich bin sehr glücklich über diese reale Entwicklung.“
In ihrer Arbeit als Schulleiterin organisiert Tina Savoi den Lernprozess nach Werten wie kritisches Denken, individuelle Entwicklung entsprechend den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Schüler. Die Schule, die Tina leitet, bietet Kurse und Aktivitäten genau in diesem Sinne an. „An unserer Schule gilt der Grundsatz, dass Bildung von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist. Wir interessieren uns die Geschichte jedes Kindes, dafür, wie sie sind, was sie mögen, was sie nicht mögen, was sie mehr können und welche Talente sie haben. Wir gehen von dort aus und bewegen uns Schritt für Schritt vorwärts und die Basis sind die Kinder: wo sie herkommen und wo sie hinwollen. Das gesamte Schulsystem ist auf das Kind ausgerichtet. Gerade heute Nachmittag haben wir ein sehr interessantes Theaterstück inszeniert, Der Zauberer von Oz und einen Kurzfilm mit Pinocchio gedreht. Alle Kinder nehmen an solchen Aktivitäten teil, sie müssen keine Schauspieler oder Profis sein, sie sollen sich selbst ausdrücken und alle Aspekte ihrer Persönlickheit entwickeln.“
Tina liebt Bukarest und schätzt Rumänien als Ganzes. Sie hat es geschafft, mehrere Orte in Rumänien zu bereisen und wir haben sie gefragt, was sie am meisten an unserem Land und der Stadt schätzt, in der sie seit zwölf Jahren lebt und in der sich im Laufe der Jahre viele Veränderungen vollzogen haben: „In Bukarest liebe ich vor allem die Theater. Bukarest ist zudem eine Stadt der Kontraste und das gefällt mir sehr. Das ist sehr interessant für jemanden, der aus Italien kommt, wie ich. Das Athenäum, der Radio-Saal, die Konzerte, die Musik, das Theater, die Architektur der Stadt, alles ist unglaublich angenehm. Das gilt natürlich auch für die Architektur. Es stimmt, dass sich Bukarest in den letzten 4-5 Jahren stark entwickelt hat und es ist wunderschön. Ich war in der Bukowina, in Sibiu, an der Donau, ich war überall in Rumänien. Es ist ein Land, das mich verzaubert und einen Platz in meinem Herzen hat.“
Tina Savoi fühlt sich in Bukarest wohl und hat zumindest für die nahe Zukunft nicht vor, es zu verlassen. Sie liebt ihre Arbeit an der Italienischen Schule und die Schule wächst von Jahr zu Jahr. Unter ihrer Leitung wurde das Schulgebäude erweitert und derzeit wird an der Errichtung eines neuen Teils gearbeitet. Tina blickt optimistisch in die Zukuft, sowohl ihre pers, als auch ihrer Wahlheimat. „Hier hat sich viel verändert, trotzdem gibt es noch viel zu tun. Und doch haben sich meiner Meinung nach auch die Menschen verändert. Ich bin katholisch und früher, als ich mit einer Caritas-Aktion nach Rumänien kam, um den auf der Straße lebenden Kindern zu helfen, gab es niemanden aus Rumänien, der in diesem Bereich arbeitete. Jetzt sind es zwanzig Einheimische, die sich freiwillig melden. Es ist unglaublich und ich denke, das bedeutet Veränderung. Ich denke, wir bewegen uns langsam vorwärts. Es ist richtig, dass wir zuallererst an uns selbst denken müssen: Was funktioniert gut und was kann ich tun, vor allem ich persönlich. Das wichtigste Wort für mich ist Veränderung“.