Wissenschaftlerin aus den USA: „Rumänien ist ein kultureller Schnittpunkt Europas“
Mary Claire Heffron unterrichtet und forscht im Bereich Psychologie und Sozialarbeit an der Universität Babeş-Bolyai in Klausenburg. Die amerikanische Professorin ist von der Geschichte Rumäniens und den vielfältigen kulturellen Einflüssen begeistert.
Hildegard Ignătescu, 03.03.2020, 18:00
Mary Claire Heffron ist zum ersten Mal im Jahr 2007 nach Rumänien gekommen. Damals begleitete sie ihren Ehemann auf einer Tagung der Europäischen Stiftung für amerikanische Studien, die in der Hafenstadt Constanţa stattfand. Sie ist Psychologin von Beruf und unterrichtet therapeutische Kommunikation für die Menschen, die Öffentlichkeits- oder Sozialarbeit leisten. Mary Claires Ehemann ist Historiker und sein erster Kontakt mit dem Land ist auf die Zeit des Kommunismus zurückzuführen, als die rumänischen Behörden eine gewisse Öffnung gegenüber den USA zeigten. 2018 unterrichtete er Geschichte an der West-Universität in Timişoara und Mary Claire begann damals ihre erste Zusammenarbeit mit Forschern im Bereich der Psychologie und mit Sozialhelfern in Rumänien. Ein Jahr später erhielt sie ein Fulbright-Stipendium. Jetzt unterrichtet und forscht sie im Bereich Psychologie und Sozialarbeit an der Universität Babeş-Bolyai in Klausenburg.
Natürlich kenne ich die Geschichte dieses Landes und wie sie das Verhalten der Menschen prägt. Ich tue alles Mögliche, um mich an die rumänische Realität anzupassen. Die Menschen, mit denen ich arbeite, erzählen, dass ihre Kindheit im Kommunismus ihr Leben stark geprägt hat. Ich erinnere mich die Geschichte einer jungen Frau, deren Mutter als Ärztin in einer weit entfernten Stadt arbeitete. Seit sie zwei Monate alt war, sorgten ihre Großeltern für sie, mit ihrer Mutter verbrachte sie nur die Wochenenden. Solche Trennungen haben negative Folgen im Familienleben und in der Beziehung Eltern-Kinder in der frühen Kindheit. Solche Geschichten haben einen gewissen Einfluss auch auf die Gesellschaft, genau wie die wirtschaftlich schweren Zeiten, die das Volk vor der Wende erlebte.“
Mary Claire hat das Land bereist, sie hat Siebenbürgen und Bukarest besucht, sie ist eine begeisterte Wanderin, die sich in die rumänischen Berge verliebt hat. Sie liebt auch das kosmopolitische und lebendige Cluj (Klausenburg), eine Stadt die sie an Berkley erinnert. Rumänien ist für sie ein zweites Zuhause.
Rumänien hat mich positiv überrascht, die Menschen sind so freundlich und offen. Am Anfang sind sie eher zurückhaltend, aber dann zeigen sie ihre wahre Natur und werden sehr freundlich. Mich begeistern auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Gebieten und Städten sowie die Geschichte des Landes. In den Apuseni-Bergen fühle ich mich wie im Paradies. Ein Leben ist, glaube ich, nicht genug, um die ganze Geschichte dieses Ortes zu erfahren, die für mich als kultureller Schnittpunkt Europas gilt. Das Leben hier ist überraschend und anders als das Leben in den USA. Hier spürt man die Geschichte und die Vergangenheit überall, an jeder Ecke.“
Im Juli 2020 kehrt Mary Claire zurück nach Hause in die USA. Zum Schluss des Gesprächs haben wir sie gefragt, was sie mitnehmen möchte:
So viele Erinnerungen, die Erinnerungen an alle wunderbaren Menschen, die ich hier kennengelernt habe, zudem Gefühle und wunderschöne Orte sowie eine gewisse Art und Weise, das Leben zu leben. Was ich hier bemerkenswert finde, ist, dass, selbst wenn man viel arbeitet und beschäftigt ist, es immer Zeit für Gespräche mit Freunden gibt. Wenn man mit einer Freundin beim Kaffee verabredet ist, muss man sich dafür drei Stunden reservieren. Auch das Treffen mit der alten Besitzerin des Hauses, wo ich in Timişoara lebte, das würde ich bestimmt mitnehmen. Sie ist eine alte Dame, ehemalige Apothekerin, mit einem vollen Leben. Jetzt widmet sie sich ihrem Garten, der riesig und wunderschön ist. Sie war auch meine Rumänischlehrerin, die mir alle Namen der Pflanzen und Bäume auf Rumänisch beibrachte. Sie ist eine gute Freundin und für mich stellt sie das Bild der rumänischen Frau mit einer langen Karriere und einer schönen Familie dar, die ihren Garten liebt. Ich würde natürlich auch ein paar Kunststücke rumänischer Handwerker mitnehmen, ich werde aber bestimmt die Menschen vermissen, meine Freunde und die Art und Weise der Rumänen, locker und flexibel zu sein.“