Daisy Olivia Stevens: „Großbritannien ist nicht mehr dasselbe Land nach dem Brexit“
Die Britin Daisy Olivia Stevens hat in einem kleinen Dorf bei Bukarest ihr neues Zuhause gefunden. Rumänien liegt ihr sehr nah am Herzen. In ihrem ursprünglichen Heimatland fühle sie sich langsam wie eine Ausländerin.
Hildegard Ignătescu, 18.02.2020, 18:00
Daisy Olivia Stevens kommt aus Großbritannien. Sie wurde in Brighton geboren, dort hat sie auch studiert, dann ist sie nach London gezogen, wo sie in paar Jahre als IT-Spezialistin arbeitete. 2018 ist sie nach Rumänien übergesiedelt. Ihr neues Zuhause ist ein kleines Dorf, das 50 km entfernt von Bukarest liegt. Von dort arbeitet sie jetzt für die britische Modeindustrie. Rumänien liegt ihr jetzt sehr nah am Herzen. Als sie in ihrem Heimatland noch lebte, las sie zahlreiche negative Berichte in der britischen Presse über Rumänien. Damals nahm sie sich vor, solche Vorurteile abzubauen und ihren Landsleuten ein wahres Bild von Rumänien zu vermitteln. Wie hat sich Daisy überhaupt für Rumänien entschieden und wie kam sie dazu, die rumänische Kultur gründlich kennenzulernen?
Das ist eine lange Geschichte, aber ich versuche sie jetzt zusammenzufassen: Ich hatte eine rumänische Freundin in London, die mich mit der rumänischen Kultur vertraut machte und die mir zahlreiche Rumänen vorstellte, die in der Nachbarschaft lebten. Mit der Zeit sind sie meine Freunde geworden, so dass meine Freundeskreis zu 90% aus Rumänen bestand. So habe ich zum ersten Mal ein paar rumänische Wörter gelernt und mit der Zeit ein steigendes Interesse für die rumänischen Traditionen entwickelt. Ein Jahr später habe ich zum ersten Mal Rumänien besucht, ein Verwandter meiner Freundin hat mir Bukarest gezeigt, und so ist meine Leidenschaft für dieses Land entstanden. Als ich zurück in London war, habe ich alles Mögliche getan, um nach Rumänien zurückzukehren. Auf dem Dorf legen die Menschen viel Wert auf Gemeinschaft und Traditionen. Ich kenne meine Nachbarn und wir unterhalten uns gerne jedes Mal, in London sind die Menschen hingegen immer in Eile und man verbringt so wenig Zeit mit den anderen. Nach meinem ersten Besuch in Rumänien war ich entschlossen, hier zu bleiben.“
Daisy liebt Bukarest, eine Stadt die sie regelmäßig besucht, der chaotische Verkehr der rumänischen Hauptstadt stört sie nicht, weil sie Fahren in Spanien gelernt hat. Was sie in Rumänien allerdings stört, ist die überflüssige Bürokratie:
Bukarest ist eine wunderbare Stadt mit einer großartigen Architektur, ich liebe diesen Zusammenfluss zwischen Neu und Alt. Bukarest ist zudem eine lebendige Stadt, es ist so leicht, hier neue Freundschaften anzuknüpfen, die Menschen sind so hilfsbereit. In London hatte ich ein stressiges Leben und deswegen wollte ich ein neues Leben anderswo starten. Meine Nachbarn in Rumänien sind offen und hilfsbereit, sie zeigten sich jedoch überrascht, dass ich London für ihr Dorf verlassen habe. Ich habe vor, auch ein Grundstück zu kaufen und Tiere zu züchten. Nach Bukarest fahre ich jeden zweiten Tag, ich bin zudem Mitglied eines Netzwerks von Ausländern, wir kommen oft zusammen und ich helfe ihnen, sich schneller einzuleben. Ohne Absicht bin ich zum lokalen Reiseleiter geworden. Das einzige, was meiner Meinung nach hier schief läuft, ist die Bürokratie. Ich komme aus London, wo man von der Ferne aus Sachen erledigen kann, hier muss man noch in der Schlange warten, um einen Stempel zu bekommen. Ich liebe jedoch mein Leben hier. Ich vermisse natürlich meine Freunde aus London, die meisten von ihnen sind aber Rumänen und ich treffe sie jedes Mal wenn sie zurück nach Bukarest kommen. Was ist nicht vermisse, ist der kalte Regen, das Wetter und der Lebensstil der Londoner. Eigentlich jedes Mal, wenn ich Großbritannien besuche, fühle ich mich langsam wie eine Ausländerin, mein Heimatland ist nicht mehr dasselbe nach diesem einmaligen Erlebnis, dem Brexit. Wenn ich meine langfristige Aufenthaltserlaubnis in Rumänien kriege, werde ich mich bestimmt glücklich fühlen, denn hier kann ich mir ein schönes Leben aufbauen, mit Menschen, die ich wirklich mag.“