In zwei Kulturen zu Hause: Nguyen Van Hoang aus Vietnam
Nicht nur aus Europa, sondern selbst aus Fernost finden Menschen eine neue Heimat in Rumänien. Mit dem Vietnamesen Nguyen Van Hoang sprach Hildegard Ignătescu.
Hildegard Ignătescu, 20.11.2017, 17:45
Nguyen Van Hoang wurde in Vietnam, in Hanoi, geboren und wuchs in Rumänien auf. Hier besuchte er die Akademie für Wirtschaftsstudien in Bukarest und machte auch seinen Magisterabschluss. Zur Zeit ist er Supply Assistant bei UNICEF Rumänien, nachdem er eine Zeit lang in London gearbeitet hat. Nguyen Van Hoang hat sich in Rumänien niedergelassen, ist rumänischer Staatsbürger und spricht ausgezeichnet Rumänisch. Wie kam es dazu, dass er in Rumänien lebt?
Ich kam nach Rumänien, als ich 11 Jahre alt war, im Jahr 1998. Meine Eltern waren bereits 1993 nach Rumänien gekommen, aber ich blieb noch einige Jahre bei meinen Großeltern in Vietnam. 1998, nachdem ich die 6. Klasse beendet hatte, beschlossen meine Eltern, mich nach Rumänien zu holen; hier besuchte ich die 7. und 8. Klasse, das Gymnasium, die Universität und machte auch meinen Magisterabschluss im Fach Betriebswirtschaft. 2009 erhielt ich auch die rumänische Staatsbürgerschaft. Sobald ich in Rumänien angekommen war, im Jahr 1998, begann ich, Rumänisch zu lernen. Am Anfang fiel es mir sehr schwer, die ersten Monaten waren wirklich hart. Als im September die Schule anfing, saß ich meistens allein an meinem Tisch, aber bereits nach drei Monaten, in Dezember, kurz vor den Winterferien, konnte ich mich mit meinen Kollegen unterhalten. Nach und nach holte ich auch den Lernstoff nach und hatte keine Probleme mehr. Der Anfang war sicherlich schwer, aber als Kind passt man sich leichter einer neuen Situation an, ein Kind findet sich schneller in einer neuen, verschiedenen Welt zurecht. Die Menschen um mich herum waren sehr verschieden von den Leuten in Vietnam, sie waren viel größer, mit blondem oder rötlichen Haar, auch ihre Gesichter waren anders. Auch das Schulsystem war ganz anders als in Vietnam — am Anfang war es nicht leicht, aber ich passte mich an die neue Situation an und bald hatte ich auch viele Freunde.“
Nguyen Van Hoang hat für kurze Zeit in London gearbeitet. Auch wenn die britische Hauptstadt ihm viel zu bieten hatte, entschied sich Hoang Van Nguyen, nach Rumänien zurückzukehren.
Die Zeit in London war für mich eine schöne Erfahrung. Es hat mir gefallen, wieder etwas Neues zu erleben, aber mir fehlten die Freunde, die Familie, mir fehlte Rumänien. Es gefällt mir, dass ich in Rumänien sowohl ins Gebirge fahren und auch Sommerferien an der Schwarzmeerküste machen kann. Rumänien hat ein hohes Entwicklungspotenzial, hier gibt es noch so viel zu tun. Ich mag die Menschen hier, ich habe mich an die rumänische Lebensart sehr gut gewöhnt, und das Essen ist wirklich lecker. Ich esse besonders gern rumänische Gerichte, zum Beispiel ‚mici‘ (die rumänischen Cevapcici) und ‚sarmale‘ (Sauerkrautwickel mit Hackfleisch). Am Weihnachten macht meine Mutter immer sarmale, sie hat ein gutes Rezept und macht sarmale extra für mich. Alle drei Jahre besuche ich meine Großeltern und andere Verwandte in Vietnam — dort verbringe ich meine Zeit mit der Familie. Freunde habe ich kaum noch in Vietnam. Meine Kindheitsfreunde sind jetzt erwachsen, jeder hat seinen eigenen Weg gefunden, es ist schwer, sie alle zu treffen. Ja, ich reise gern ab und zu nach Vietnam, um meine andere Hälfte zu erleben.“
Man kann schon sagen, dass Nguyen Van Hoang nicht nur Staatsbürger zweier Länder ist. Er fühlt sich auch in diesen zwei Ländern richtig zu Hause.
In Vietnam wurde ich geboren, dort verbrachte ich meine Kindheit. In Rumänien bin ich aufgewachsen. Hier bin ich erwachsen geworden, ich habe meinen Weg gefunden, ich habe mich beruflich entwickelt. Beide Länder liegen mir am Herzen, in jedem dieser zwei Länder würde ich gerne leben. Aus Rumänien würde ich viele Traditionen mitnehmen, die rumänischen Volkstrachten, den rumänischen Pflaumenschnaps ‚Tzuika‘ und viele leckere Gerichte. Aus Vietnam, wo wunderschöne Objekte handgefertigt werden, würde ich geflochtene Hüte und andere Bambusgegenstände und sicherlich landesspezifische Früchte mitnehmen, die man in Rumänien nicht findet. Wenn ich in Vietnam mein Geburtshaus besuche, werde ich nostalgisch, das ganze Haus ist voll mit Fotos aus meiner Kindheit. Ich kann mich nicht allzu viel an meine Kindheit erinnern, aber einige Erinnerungen habe ich noch, ich erinnere mich an die Spiele, die ich als Kind mit den alten Freunden spielte und jedes Mal überkommt mich die Nostalgie. Aber dann vermisse ich meine Eltern und meine Schwester, meine Freunde in Rumänien und selbstverständlich meine Freundin, meine zukünftige Ehefrau. Sie ist Rumänin.“