Medizinstudentin aus Malaysia: Auslandsstudium bewirkt Wandel der Denkweise
Ein Medizinstudium in Rumänien ist für viele junge Ausländer eine gute Möglichkeit, hohe Studiengebühren oder einen Numerus Clausus zu umgehen, ohne auf gute Qualität des Unterrichts zu verzichten. Diese Möglichkeit nahm Anisha Kumari aus Malaysia wahr.
Carmen Pelin, 08.01.2016, 18:01
Anisha Kumari kommt aus der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur. Die junge Frau, deren Name in ihrer Muttersprache so viel bedeutet wie hoffnungsvolle Prinzessin“ will OP-Ärztin werden und studiert seit 2011 Medizin an der Carol-Davila-Universität in Bukarest. Ihre Entscheidung für Rumänien kam nicht von ungefähr, erzählt sie:
Meine ältere Schwester wollte ihrerzeit in Europa studieren und Rumänien war das einzige Land, wo sie sich das Studium leisten konnte. Dazu kommt, dass der Mann der malaysischen Botschafterin in Bukarest mit meinem Vater befreundet war. Er hat meiner Schwester Rumänien empfohlen und ihr hat das Land auch echt gefallen. Ich hätte eigentlich in Russland studieren müssen, aber dann hat mir meine Schwester erzählt, wie gut es hier ist, und mein Vater sagte, es wäre schön, am gleichen Ort zu studieren wie meine Schwester. Übrigens hat auch mein Bruder in Rumänien studiert — aber in Ploieşti. Vor zwei Jahren hat er dort ein Studium der Ingenieurswissenschaften im Erdöl- und Erdgasbereich abgeschlossen. Meine Schwester wird bald mit dem Medizinstudium fertig, ich habe noch acht Semester vor mir. Meine kleinere Schwester wird ebenfalls in Bukarest studieren. Also eine Familie mit drei Ärzten und einem Ingenieur — und alle haben in Rumänien studiert.“
Das Studium war eine völlig neue Erfahrung für die junge Frau aus Kuala Lumpur:
Ich wusste ehrlich gesagt nichts über Rumänien. Nur, dass Dracula von hier stammt. Als ich meinen Freunden über mein Studium erzählte, fragten alle, wo denn Rumänien liegen würde. Ich sagte ihnen, dass es irgendwo in der Nähe der Türkei sei, und dann konnten sie das irgendwie nachvollziehen. Sie wunderten sich nur, warum ich so weit weg will. Meine Schwester hatte mir nur erzählt, dass es ein schönes Land sei, wo es kälter und weniger modern als in Asien ist. Das ist mir dann auch tatsächlich hier aufgefallen. Zuhause haben wir nur zwei Jahreszeiten, Regen und Trockenheit. Alles ist grün, die Bäume sehen immer gleich aus. Und wir haben auch andere Blumen, Hibiskus und Orchideen blühen überall. Rumänien hat aber Winter, wo alles weiß ist. Und Herbst, wo alles vergilbt. Im Frühling grünt dann wieder alles, der Sommer ist farbenprächtig. Dieses Wechselspiel der Farben gefällt mir sehr.“
Doch nicht nur optisch gibt es viele Unterschiede. Für die junge Malaysierin bedeutet die Studienzeit hier auch eine Auseinandersetzung mit anderen Denkweisen.
Eine solche Erfahrung verändert dich als Mensch. Als ich bei meinen Eltern wohnte, hatte ich keine Ahnung, was es bedeutet, wirklich unabhängig zu sein. Hier habe ich dieses Gefühl; meine Mutter ist nicht da, um zu kochen. Ich musste das selbst erledigen. Als ich zurück in Malaysia war, sah ich die Dinge aus einer unterschiedlichen Perspektive. Die Denkweisen in Asien und Europa sind sehr unterschiedlich. In Asien ist man nicht so veränderungswillig wie in Europa, wo die Menschen ermutigt werden, sich zu verändern — das hat mir sehr gefallen. Das ist eine Herausforderung. So wird man reifer. Jeder Mensch müsste das tun. In Asien hängt vieles von der Familie ab. Ich komme aus einer sehr weltoffenen Familie. Aber auch die Gesellschaft ist sehr wichtig, es gibt Regeln, an die man sich halten muss. Als Individuum wird man von der Gesellschaft stark beeinflusst. Hier musste ich feststellen, dass die Meinung der anderen nicht so wichtig ist, der Druck der Gesellschaft ist nicht ganz so stark. Hier hängt vieles von dir selbst ab. Diese Denkweise habe ich auch nach Asien mitgebracht und viele in meinem Umkreis haben festgestellt, dass ich mich positiv verändert habe. Eine Studienerfahrung im Ausland bewirkt so einen Wandel der Denkweise — und es lohnt sich.“
Deutsch von Alex Gröblacher