Der Franzose Frédéric Vigroux: eine Geschichte von Wein, Politik und Film
Seit sechs Jahren lebt der gelernte Sommelier und Weinimporteur Vigroux nun schon in Rumänien.
Roxana Vasile, 05.06.2015, 17:14
Als er Ende der Nuller Jahre nach Bukarest kam, war Rumänien für den Franzosen kein unbeschriebenes Blatt — er hatte Politikwissenschaften in Lyon studiert und legte dann einen Master in England im Filmbereich nach. Seltsamerweise brachte ihn genau diese Kombination nach Bukarest.
In meiner Abschlussarbeit habe ich mich mit dem rumänischen Film auseinandergesetzt — genauer gesagt, mit dem Bild der Frau in rumänischen Filmen. Dafür musste ich einen Sommer lang recherchieren. Drei Monate lang war ich in Bukarest im Filmarchiv und schaute mir drei-vier Filme am Tag an… Es war eine lange und komplexe Recherche, es gab wenig Information und ich musste deshalb die Daten eher aus meiner eigenen Sicht auslegen… Dann fand ich hier auch einen Job — und noch einen. Ich blieb dann hier und gründete auch eine Firma…”
Vor etwa zwei Jahren entschied sich Frédéric Vigroux zu einem plötzlichen Karrierewechsel — besser gesagt zu einem Sprung in ein vollkommen anderes Karriereboot. Die Idee war, aus seiner Leidenschaft ein Geschäft zu machen. Wein ist für den Wahlbukarester aus Frankreich eine Histoire d’amour”.
Nachdem ich es in mehreren Fächern versucht habe — auch im Bereich der europäischen Förderprojekte — sah ich langsam ein, dass das alles nicht für mich geschaffen ist. Und ich wollte unbedingt, dass ich auch Spaß an meinem Job habe. Nun war es so, dass ich schon drei Jahre auf Sommelier studiert hatte und mich in dieser Welt sehr gut auskannte. Deshalb gründete ich eine Weinimportfirma, die neben dem Wein selbst auch viel Beratung für Restaurants anbietet.”
Vigroux hätte natürlich überall als Sommelier oder Weinimporteur arbeiten können. Aber er beschloss dennoch, das Geschäft in Rumänien aufzuziehen:
Nachdem ich mich hier eingelebt hatte, kam ich drauf, dass mir dieses Land eigentlich gefällt. Ich hatte viele neue Freunde und ich fand das Leben einfach super. Dazu kommt natürlich, dass Rumänien selbst ein Weinland ist, das diesbezüglich also eine ausgeprägte Kultur und Tradition hat, wo aber relativ wenige Weinmarken importiert werden. Es gab zwar den Markt für rumänische Marken, aber die großen Weine gab es nicht, die habe ich dann importiert.”
Vigroux ist nicht nur Franzose, sondern kommt aus der Bourgogne, einem der renommiertesten Weingebiete. Bei Wein versteht er also keinen Spaß. Einen Wein, erzählt er, empfiehlt er nicht, weil er einfach gut ist: Er muss genau auf den Geschmack und den Bedarf der Kunden zugeschnitten sein. Um sicher zu gehen, dass er das kann, probiert der Sommelier rund 2000 Weine im Jahr. Bei seinen persönlichen Vorlieben zögert er nicht lange:
Wenn Sie mich fragen, was für Rotwein und was für Weißwein ich auf eine verlassene Insel mitnehmen würde – einen deutschen Moselwein und einen Burgunder für Weißwein und für Rotwein einen Burgunder, einen italienischen Piemont oder einen spanischen Xeres … und Champagner würde ich auch gerne mut dabei haben. Mit den rumänischen Produzenten ist das eher delikater. Nicht alle Hersteller sind richtig gut. Prince Stirbey, Serve, Avincis … das sind die Namen, die mir jetzt partout einfallen und die ich wirklich mag.”
Frédérics Freunde waren am Anfang eher skeptisch — würde ihm in Bukarest nicht das französische Baguettebrot fehlen? Auf keinen Fall, sagte er ihnen, denn er hatte bereits die Erfahrung gemacht, dass er das auch hier problemlos und ohne Qualitätskompromisse kaufen kann:
Überhaupt vermisse ich hier kaum etwas aus Frankreich. Ich will im Gegenteil mehr von Rumänien erleben. Ich war schon öfters in Siebenbürgen, das Meer liegt mir weniger. Ich würde gerne den Norden sehen, die Maramureş . Und was ich natürlich liebend gerne möchte, ist, mich mit rumänischen Weinherstellern auszutauschen.”