Ein Chinese spielt Käpt’n Hook in Bukarest
Fang Shuang lebt schon seit 2005 in Rumänien. Als ausgebildeter Sänger tritt er auf der Bühne der Bukarester Komischen Oper für Kinder auf.
Roxana Vasile, 30.08.2015, 10:50
Chinesen sind in Bukarest nicht gerade selten anzutreffen – sie betreiben Imbissbuden oder kleine Läden. In Bukarester Kulturbetrieben, wie die so genannte Komische Oper für Kinder, würde man weniger damit rechnen, ihnen über den Weg zu laufen. Fang Shuang nennt aber just dieses Ensembe sein berufliches Zuhause. Mit ihm unterhielt sich Roxana Vasile.
Wer Fang Shuang anspricht, darf ruhig staunen – er redet wie ein waschechter Rumäne. In Bukarest ist er schon 2005 als 16jähriger Teenager aus dem Nordosten Chinas eingetroffen. Sein erstes Ziel war, sich mit der Landessprache vertraut zu machen.
Ich muss zugeben, dass Rumänisch für Asiaten, für Chinesen, keine einfache Sprache ist. Als ich nach Rumänien kam, sprach ich kein Wort davon. Die Grammatik ist kompliziert. Mit der Aussprache ist es auch nicht einfach, aber ich habe es geschafft. Am meisten hatte ich mit dem R-Laut zu kämpfen, den es ja im Chinesischen nicht gibt, aber nach langer Mühe habe ich auch das hingekriegt“, erinnert sich Fang Shuang.
Das rumänische R“ zu schaffen, das hatte nicht nur mit der richtigen Aussprache zu tun. Denn der junge Chinese ging schon auf die Musikakademie und musste dort bei den klassischen Gesangstunden das Italienische hinkriegen. Bis zuletzt gelang es ihm – die Liebe zur Musik und die Bewunderung für viele rumänische Musikkünstler halfen ihm dabei. Seine Eltern, die bereits 2003 hier eintrafen, hatten von der guten Qualität des Musikunterrichts in Rumänien erfahren und von Namen wie Ciprian Porumbescu, George Enescu, Angela Gheorghiu, Nicolae Herlea oder Mariana Nicolescu gehört. Am Anfang war es für Fang Shuang nicht leicht, dem Unterricht in einer neuen, zum Teil immer noch fremden Sprache zu folgen. Er studierte aber hartnäckig weiter, machte seinen Abschluss und landete einen Job als Baritonsänger an der Komischen Oper für Kinder in Bukarest. Die Arbeit macht ihm Spass:
Bis jetzt habe ich an Premieren wie ‘Don Pasquale und ‘Hänsel und Gretel mitgewirkt. Jetzt ist ein Musical dran – Peter Pan, in dem ich den Part des Piraten Käpt´n Hook spiele. Diese Rollen entsprechen meinem persönlichen Charakter wirklich gar nicht, aber sie sind eine hohe Herausforderung für die Entwicklung meiner Sängerpersönlichkeit“, berichtet der junge Chinese.
Nicht nur die ernste Musik liegt Fang Shuang – er mag auch Popmusik und das Rampenlicht des Fernsehens. Deshalb nahm er 2013 an der auch in Rumänien populären TV-Show X-Factor teil, in der Zuschauer gegeneinander antreten.
Schon als kleines Kind habe ich gerne gesungen. Natürlich hatte ich damals keine Ahnung von Opernmusik und spielte mit Popsongs herum. Das gefällt mir auch heute noch. Und weil ich von der Show gehört hatte, wollte ich mir diese Erfahrung nicht entgehen lassen – es ging mir weniger ums Finale oder Halbfinale, eher um das Erlebnis“, sagt Fang Shuang.
Naturgemäß sind die meisten seiner Freunde, Kollegen und früheren Kommilitonen Rumänen. Mit ihnen war er früher unterwegs, geht aber auch heute noch auf Tournee durch das ganze Land, denn er hat Auftritte in Braşov (Kronstadt), Sibiu (Hermannstadt), Oradea (Großwardein) oder Baia Mare (Frauenbach). Und wenn er nicht gerade beruflich unterwegs ist, erforscht er seine rumänische Wahlheimat eben auf eigene Faust. Wo er in einigen Jahren sein wird, weiß er heute nicht. Eine Künstlerseele eben, die überall und nirgendwo richtig zuhause ist.