„Klein-Wien“: Temeswar, die reizvolle Stadt in Westrumänien
Heute laden wir Sie in den Westen Rumäniens ein, und zwar in der Stadt, wo die rumänische Revolution 1989 gegen die kommunistische Diktatur von Nicolae Ceauşescu ihren Ursprung hatte – Timişoara (dt. Temeswar).
Ana-Maria Cononovici, 17.10.2018, 17:45
Die Stadt liegt im Westen Rumäniens, knappe 700 Km von 13 europäischen Hauptstädten entfernt. Temeswar war im Laufe der Zeit stets an den Kulturwerten des alten Kontinents gebunden. Temeswar ist die Stadt historischer Premieren — 1718 zum Beispiel wurde hier die älteste Brauerei in Rumänien urkundlich erwähnt. Darüber hinaus war Temeswar die erste Stadt der habsburgischen Monarchie, dessen Straßen durch Straßenlampen beleuchtet wurden. Außerdem wurde Temeswar am 12. Oktober 1884 eine der ersten elektrisch beleuchteten Städte Europas. Ebenfalls in Temeswar fuhr ab 1889 die erste elektrische Straßenbahn in Rumänien.
Das heutige Stadtzentrum am Piaţa Victoriei (dt. Siegesplatz oder Opernplatz), der bekanntesten Flaniermeile der Stadt, besteht aus einem breiten Boulevard mit Geschäften und Straßencafés in zahlreichen großbürgerlichen, am Anfang des 20. Jahrhunderts erbauten Wohnpalais. Der Platz liegt zwischen der rumänisch-orthodoxen Kathedrale der Heiligen drei Hierarchen und dem Nationaltheater und Opernhaus. Ebenso sehenswert ist der alte Festungskern der Stadt (Cetate) rund um den Piaţa Unirii (auch Domplatz“) mit ihren repräsentativen, zumeist aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammenden Kirchen und Palais. Die Innenstadt wird wegen der langen Zugehörigkeit der Stadt zu Österreich-Ungarn und der damit verbundenen Prägung durch Bauten aus der Kaiserzeit auch als Klein-Wien“ bezeichnet, da sie an das alte Wien erinnert.
Im Jahr 2021 soll Temeswar Kulturhauptstadt Europas sein. Zu den Vorbereitungen, die die Lokalbehörden zu diesem Zweck treffen, gehört die Sanierung des Altstadtkerns und die Einrichtung von thematischen Touristenrouten. Eine etwas jüngere Attraktion in Temeswar, die vor allem Familien mit Kindern anspricht, ist das Wasserkraftwerk, das einst einen großen Teil der Stadt mit Strom versorgte. Mehr über das Projekt erzählte uns Violeta Mihalache, Vorsitzende des Vereins Urban Survey und PR-Verantwortliche im Rahmen des Projektes Aquapic:
Das Wasserkraftwerk liegt derzeit in einem bewohnten Stadtviertel, in ein 100 Jahre altes Gebäude. Das Gebäude wurde im Art-Nouveau-Stil errichtet. Die Baupläne entwarf der erste leitende Architekt der Stadt, László Székely, der die städtische Entwicklung von Temeswar entscheidend prägte. In unmittelbarer Nähe liegt ein wundervoller Park, der sich auf fast 3 Hektar erstreckt. Im Rahmen des Projektes nahmen wir uns vor, knapp 2 Hektar des Parks umzugestalten. Demnach montierten wir verschiedene Spielanlagen, die den Kindern die Möglichkeit bieten, mehr über das Wasser und die Abläufe, die es in der Natur durchläuft, zu erfahren. Wir haben alle Anlagen bewahrt, die früher im Wasserkraftwerk waren — Maschinen, Wannen, Ausrüstungen — praktisch alles, was es drinnen gab, als 1916 der Betrieb startete. Wir versuchten das frühere Wasserkraftwerk in einen freundlichen Ort umzugestalten, wo man etwas dazu lernen kann. Erwachsene wie Kinder können anhand des nachgestellten Wasserkraftwerks die technologischen Abläufe zur Herstellung von Industriewasser nachvollziehen.“
Seit 1953 ist Temeswar die einzige europäische Stadt, die drei Staatstheater in drei verschiedenen Sprachen beherbergt. Das Nationaltheater ist gleichzeitig der Sitz des Deutschen Staatstheaters (DSTT), des Ungarischen Staatstheaters Csiky Gergely“ sowie des Nationaltheaters Mihai Eminescu“. Eintrittskarten zu den Aufführungen können sowohl im Internet wie auch am Verkaufsschalter vor Ort gekauft werden.