„Poesie beißt nicht“: Lyrik-Tram bimmelt durch die Stadt
Eine NGO hat kürzlich in Zusammenarbeit mit der Stadt Bukarest eine Literatur- und Leseförderungsaktion in der Straßenbahn veranstaltet.
Corina Sabău, 16.10.2019, 18:00
Das Projekt Tramvaiul poeziei“ (Lyrik in der Straßenbahn“) wird von der NGO Arta nu muşcă“ (Kunst beißt nicht“) in Partnerschaft mit der Bukarester Stadtverwaltung und der Rumänischen Gesellschaft für öffentlichen Personenverkehr organisiert. Mit diesem Projekt setzen sich die Organisatoren zum Ziel, das Interesse des Publikums an Gedichten zu wecken. Laut dem Kulturbarometer 2018 erklärten 69% der Rumänen und 46% der Bukarester, sie hätten kein Buch in dem Jahr gelesen, lediglich 9% der Befragten lesen laut der Umfrage fast täglich.
Das Projekt Lyrik in der Straßenbahn“ begann am 10. September und endete Anfang Oktober. Die Bukarester, die in die gelbe Straßenbahn eingestiegen sind, haben sich der Möglichkeit erfreut, Gedichte zu lesen und zu hören, mit Jazzmusik im Hintergrund 100 Gedichtbände durchzublättern, die den Reisegästen in der Straßenbahn zur Verfügung standen. Loredana Munteanu ist Gründerin und Koordinatorin des Projektes Kunst beißt nicht“:
Alles hat dieses Jahr am Welttag der Poesie am 21. März angefangen; aus diesem Anlass haben wir ein ähnliches Event in einer Straßenbahn organisiert, und die Reaktionen waren positiv, das Event war ganz gut besucht. Wir haben beschlossen, die Idee weiterzuführen und die Poesie sozusagen auf die Straße zu bringen, das heißt näher an das Publikum. Das Event hieß »Poesie beißt nicht«. Zu Gast hatten wir Dichter, die zahlreichen Begeisterten der Gedichte aus ihren Bänden vorgelesen haben. Als zweiten Schritt haben wir eine interaktive Bibliothek eingerichtet und Dichter zu zahlreichen Events eingeladen.“
Auf der ersten Reise mit der gelben Tram waren überall in den Wagen Zitate aus berühmten rumänischen Dichtern zu lesen, wie Mihai Eminescu, George Bacovia, Lucian Blaga, Geo Bogza, Nichita Stănescu, Magda Isanos, Tudor Arghezi, Cristian Popescu. Für die Reisegäste gab es auch ein Musik- und Gedichtrezital der Schauspielerin Silva Helena Schmidt und des amerikanischen Künstlers Warren Walker. Wie die Reisegäste darauf reagiert haben, erläutert Loredana Munteanu:
Viele Menschen, besonders Jugendliche, haben gesagt, sie sind sich dessen bewusst geworden, dass sie mehr lesen und weniger Zeit mit dem Tablet oder Smartphone verbringen sollen. Andere dachten am Anfang, sie wären in die falsche Straßenbahn eingestiegen, und als wir ihnen erklärten, worum es geht, sagten sie, so eine Veranstaltung gab es noch nie in Bukarest. Es gab auch andere Reisegäste, die nur für eine kurze Zeit in Rumänien waren und sagten, die Idee sei ihnen aus anderen Ländern bekannt. Es hat mich gefreut, das zu hören, ein ähnliches Projekt gab es allerdings erstmals 2013 in Hong Kong.“