Lyrik-Festival „Gellu Naum“: wegen Finanzknappheit nur einen Tag anberaumt
Am 1. August fand in Bukarest das Festival Gellu Naum“ statt, das einem der größten Künstler des Surrealismus europaweit, dem rumänischen Dichter Gellu Naum gewidmet war. Auch dieses Jahr wurde das Festival gut besucht.
Corina Sabău, 14.08.2019, 18:00
Das Nationale Literaturmuseum in Bukarest hat am 1. August zusammen mit der Stiftung Gellu Naum“ zum 104. Jahrestag der Geburt des Dichters das vierte gleichnamige Festival organisiert. Zwischen 1933 und 1937 studierte Gellu Naum an der Universität Bukarest Philosophie. 1938 ging er auf Anraten seines Freundes, des surrealistischen Malers Victor Brauner, nach Paris, wo er das Philosophiestudium an der Sorbonne weiterführte. Seine Doktorarbeit beschäftigte sich mit Pierre Abélard. In Frankreich trat er, animiert von André Breton, in den Kreis der Surrealisten ein. Im Jahr 1939 kehrte er zurück nach Rumänien, wo er in die Armee eingezogen wurde. 1944 erkrankte er an den Spätfolgen des Aufenthaltes in der Armee.
Im Jahr 1941 entstand der Kreis der Surrealisten Rumäniens, bestehend aus Gellu Naum, Gherasim Luca, Dolfi Trost, Virgil Teodorescu und Paul Păun. Ihre Aktivität war in den Jahren 1945–1947 besonders intensiv. Breton äußerte sich seinerzeit dazu: Das Zentrum der Welt ist nach Bukarest gezogen.“ Anfang des Jahres 1948 wurde die Gruppe der Surrealisten in Rumänien verboten und sie löste sich auf. Die Texte von Gellu Naum — außer einigen Kinderbüchern — durften zwanzig Jahre lang nicht erscheinen. 1968 wurde das Publikationsverbot aufgehoben und er veröffentlichte weitere Gedichtbände, so zum Beispiel Athanor“ (1968), Mein müder Vater“ (1972), Ausgewählte Gedichte“ (1974). Ab 1990 wurde er häufig nach Deutschland, Frankreich und in die Schweiz eingeladen, um dort aus seinen Werken vorzulesen. Seine Werke wurden in die wichtigsten Sprachen übersetzt und mit Preisen ausgezeichnet, u.a. 1999 mit dem Preis der Stadt Münster für Europäische Poesie. Der Dichter ist am 29. September 2001 verstorben. Das Festival, das seinen Namen trägt, feiert die Lyrik des Dichters seit vier Jahren, dieses Jahr seien die Finanzmittel für die Veranstaltungen stark gekürzten worden, sagt der Intendant des Literaturmuseums, Ioan Cristescu:
Dieses Jahr wäre unser Festival fast eingestellt worden. Wir haben aber alles Mögliche unternommen, um die Partnerschaft mit der Stiftung »Gellu Naum« und mit der Schriftstellerin Simona Popescu weiterzuführen. Wir haben uns entschieden, einen einzigen Festivaltag zu organisieren und die Ausgaben stark zu reduzieren, aber auf die Veranstaltung nicht zu verzichten. Auf dem Programm standen, wie jedes Jahr, Lesungen aus den Werken junger Dichter. Die Veranstaltung fand im Garten des Museums statt und wurde sehr gut besucht. Der Pianist Mircea Tiberian und der Flötist Ion Bogdan Ştefănescu haben den Abend musikalisch begleitet.“
Mit dem Rundtischgespräch Gellu Naum — kritische Perspektiven“ haben die Organisatoren versucht, einen Dialog zwischen unterschiedlichen Zeiten und Räumen zu schaffen, um das Erbe der rumänischen Dichtung und die zeitgenössische Kultur wieder in die Aufmerksamkeit zu bringen. Ioan Cristescu kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:
Voriges Jahr haben wir ein internationales Festival organisiert und hatten viele Künstler aus Europa zu Gast, die die Gedichte von Gellu Naum kannten. Gellu Naum bleibt ein Symbol der europäischen Avantgarde, und das Interesse für seine Lyrik bleibt europaweit bestehen. Mit jeder Ausgabe des Festivals erfährt sein Werk mehr Anerkennung. Gellu Naum ist ein bedeutender Vertreter der europäischen Avantgarde der Nachkriegszeit.“