Historienfilm-Festival in Rosenau: Globalisierung und Populismus zur Debatte
Vom 28. Juli bis zum 6. August findet in der siebenbürgischen Stadt Râşnov/Rosenau das neunte Internationale Festival der Geschichtsfilme statt.
Luana Pleşea, 26.07.2017, 17:45
Ohne roten Teppich, ohne Stars und Hysterie, ohne Breaking News. Damit jeder weiß, was gerade mit der Welt passiert“ — unter dieser Devise zeigt das Internationale Festival der Geschichtsfilme zwischen dem 28. Juli und dem 6. August im mittelrumänischen Râşnov (Rosenau) 44 Spielfilme, die auf historischen Figuren und Ereignissen basieren. Seit neun Jahren prägt die Veranstaltung die kulturelle Identität der Kleinstadt im Herzen Siebenbürgens. Der Intendant des Festivals, Mihai Dragomir von der Kulturstiftung Mioritics, ist der Ansicht, dass die siebenbürgische Burg der ideale Ort für ein Festival der Historienfilme ist:
Es gibt keinen besseren Platz für dieses Festival. Alles hat durch eine Zusammenarbeit mir der Stadtverwaltung Rosenau begonnen. Es war eigentlich ihr eigenes Projekt und die Kulturstiftung Mioritics hat sich der Initiative angeschlossen. Wir haben 8 Auflagen mit einem reichhaltigen Programm hinter uns und das Festival ist von Jahr zu Jahr gewachsen. Beim ersten Festival haben wir einfach 16 Geschichtsfilme präsentiert, dann haben wir das Programm mit Musik, Ausstellungen, Buchpräsentationen und der sogenannten Sommerschule ergänzt, die dieses Jahr bereits zum sechsten Mal stattfindet. Einen Höhepunkt des Festivals stellen, wie jedes Jahr, die Neuinszenierungen geschichtlicher Ereignisse dar, um gar nichts zu sagen von der tollen Stimmung am Lagerfeuer, das wir im Hof der Burg organisieren. Diese Festspiele sind also zu einer Veranstaltung gewachsen, die mehr als ein Filmfestival ist. Während der zehn Festivaltage sprechen wir ohnehin über viel mehr als die offizielle Geschichte. In unserem Leben haben wir immer mit unterschiedlichen Geschichten zu tun, mit wahrscheinlichen und unwahrscheinlichen Geschichten, mit einer aus unteschiedlichen Blickwinkeln betrachteten Geschichte. Daher haben wir dieses Jahr die Veranstaltung in Film- und Geschichtefestival Râşnov umbennant.“
Neben den 44 Filmen locken die Organisatoren die Filmliebhaber nach Rosenau auch mit 15 Konzerten, 22 Vorlesungen, Debatten, Workshops und 5 Ausstellungen. Auf dem Programm der Festspiele stehen dieses Jahr unter anderen die Produktion Hidden figures“, die 2017 für einen Oscar in der Kategorie Bester Film nominalisiert wurde, Lodyssée“, ein Spielfilm über das Leben des Pioniers in der Meeresforschung Jacques-Yves Cousteau, sowie die rumänischen Streifen Der Rest ist Schweigen“ und 6.9 auf der Richterskala“ in der Regie von Nae Caranfil. Was die 9. Festspiele neu bringen, erläutert in den folgenden Minuten Mihai Dragomir:
Im Hebst letzten Jahres haben wir ein neues Projekt angestoßen und somit steigen wir langsam auch in die Filmproduktion ein. Es handelt sich um eine Koproduktion zwischen dem Geschichtsmuseum Braşov (Kronstadt) und dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen, einen Dokumentarfilm, der ein Licht auf die Ereignisse von 15. November 1987 in Braşov wirft. Im Herbst jähren sich die Ereignisse zum 30. Mal. Damals fand ein Aufstand von rund 20.000 Arbeitern gegen das kommunistische Regime statt. Der Film wird seine Premiere am 6. August feiern und die endgültige Version der Dokumentation soll am 15. November im Fernsehen präsentiert werden. Bei der diesjährigen Auflage der Festspiele wird zum ersten Mal auch eine Buchmesse organisiert. Im Salon der Geschriebenen Geschichte, den wir zusammen mit dem Verband rumänischer Verleger veranstalten, präsentieren sich dieses Jahr 15 Verlage. Wir sind zudem sehr begeistert von einer Idee, die wir voriges Jahr zum ersten Mal getestet haben: die Burg Râşnov als Gastgeber auf Airbnb zu listen. Nur während der Festspiele kann ein Tourist, ein Besucher der siebenbürgischen Stadt, eine Übernachtung in der Burg auf Airbnb buchen. Wir bieten ein Paket mit Übernachtung in Ritterzelten des 13. Jahrhunderts, traditionellen Speisen aus dieser Zeit und Festivaltickets an.“
Die Dokumentation Braşov 1987. Zwei Jahre früher“ des Regisseurs Liviu Tofan versucht den Aufstand der rumänischen Arbeiter des Lastkraftwagen-Werkes in Braşov Steagul Roşu“ (Rote Fahne”), der als spontaner Streik ausbrach, nachzuzeichnen. Zum ersten Mal waren im kommunistischen Rumänien die Rufe Nieder mit dem Diktator!“, Nieder mit Ceauşescu!“, Nieder mit dem Kommunismus!“ zu hören. Der Aufstand von Braşov war der erste Massenprotest im kommunistischen Rumänien und hat entscheidend zum Sturz des Kommunismus beigetragen.
Das Haupthema des 9. Festivals der Geschichtsfilme ist Globalisierung und Populismus“. Die Sommerschule Astra, die im Rahmen der Festspiele stattfindet, wird auch davon thematisch bestimmt. Die Organisatoren laden das Publikum ein, Debatten über ein höchst aktuelles Thema zu verfolgen. An den Diskussionen, die um Nebenthemen wie Religion und Populismus“, Globalisierung der Kultur“ und Die Zukunft Europas“ kreisen, nimmt dieses Jahr auch der US-Botschafter in Bukarest, Hans Klemm, teil. Der Diplomat wird eine Vorlesung mit dem Titel Populism and the Rule of Law“ halten. Das Festival der Geschichtsfilme fand zum ersten Mal im Jahr 2009 aus der Initiative statt, unbekannte Teile der rumänischen Geschichte ans Licht zu bringen.