Moldauisches Theater in Bukarest
Wie viele internationale Kulturveranstaltungen setzt auch das Theaterfestival Undercloud Länderschwerpunkte – in der diesjährigen Ausgabe ist die Republik Moldau dran.
Luana Pleşea, 25.08.2015, 17:50
Die Theaterkünstler aus dem mehr oder weniger gleichsprachigen Nachbarland sind dieses Jahr durch das so genannte Theaterlabor Foosbook aus der Hauptstadt Chişinău vertreten. Für das Ensemble entschied sich die Theaterkritikerin Irina Ionescu, die auch generell die Auswahl der Stücke für Undercloud 2015 traf.
Nachdem wir uns entschieden haben, einen Moldau-Fokus zu machen, recherchierten wir in der dortigen Szene nach und wurden mit Foosbook auch schnell fündig. Sie sind stark interessiert an Performance und zweitens — wie auch wir bei Undercloud — an zeitgenössischem Theater und dranaturgisch aufbereiteten Texten. Wir haben drei sehr unterschiedliche Stücke gewählt: »Nekrotitanium« vom bekannten Label Planeta Moldova, mit dem ausgezeichneten Schauspieler Alexandru Pleşca, der von der Jury des Theatervereins UNITEM zum besten Darsteller nominiert wurde. Dann »Sex & Perestroika« mit Mihai Fusu, ein sehr interessantes Werk, das Performance mit Videoprojektion vermischt. Und schließlich ein in Bukarest sehr bekanntes Stück nach Neil LaButes »Bash. Stücke der letzten Tage«. Es ist eine ganz spezielle Aufführung.“
Am Montag wurde Nekrotitanium“ in der Regie von Luminiţa Ţâcu aufgeführt. Sie schrieb das Drehbuch nach dem gleichnamigen Roman von Mitoş Micleuşanu und Florin Braghiş und beschreibt das Stück als zynisch und hart wie die Wirklichkeit:
Ich weiß, dass das Stück eher auf das Publikum in der Moldau zugeschnitten ist, weil es die dortige Wirklichkeit widerspiegelt — wir kennen sie eben besser als andere. Das Publikum hat auf dieses textlastige Theater sehr feinfühlig reagiert, und das hat mich beeindruckt. Aber ich muss zugeben, dass ich gar nicht ans Publikum gedach habe, denn als Labor experimentieren wir in erster Linie mit Texten, an denen uns selbst etwas liegt. Die Grundidee hat mit Unsterblichkeit zu tun — gegen uns ist kein Kraut gewachsen: leider, könnte man auch sagen“, meint die Regisseuerin, die auch eine Kostprobe aus dem Stück Nekrotitanium“ bietet.
Am Dienstagabend: Sex und Perestroika“. Regie führte ebenfalls Luminiţa Ţâcu, Vorlage war der gleichnamige Roman von Constantin Cheianu. Er war schon immer ein ambitionierter und couragierter Autor, der sich mit unserer Gesellschaft auseinandergesetzt hat… »Sex und Perestroika« war auch für mich ein Experiment — zur Zeit der Perestroika und der Wende war ich zehn Jahre alt, aber ich stand am 7. November an vorderster Front, vor den Panzern. Ich ging damals, 1989, mit dem Hauptdarsteller Mihai Fusu auf die gleiche Schule und wir erinnern uns zusammen an die Geschichte. Das ist ganz wichtig für uns in der Moldau, ich denke, wir lernen immer wieder ewas aus der Aufarbeitung. Unsere Indentität ist wie unsere Geschichte, also konfus, wir suchen ständig nach unserem Platz… Und deshalb ist es wichtig, dass wir in der Literatur dieses moldauische Wesen erforschen. Wir sehen uns vorläufig als eigenständiges Volk, auch wenn wir historisch zu Rumänien gehören. Alle wissen das, wir können es uns leisten, darüber offen zu reden“, so die Theaterkünstlerin.