Braunbären in den Karpaten: Überbevölkerung wird zum Problem
Mensch und Natur leben nicht immer in perfekter Harmonie. In den rumänischen Karpaten sind Bären längst nicht mehr nur drollige Touristenattraktionen, sondern eine Gefahr für die Menschen, die hier leben.
România Internațional, 04.09.2017, 17:45
Übersteigt die Dichte der Bärenbevölkerung eine bestimmte Grenze, wird es für die Menschen gefährlich. Bären greifen Schafhirte und ihre Herden an, oder auch Landwirte und Kinder, die Waldfrüchte sammeln. Oft suchen sie auch Gehöfte auf. Seit Jahresanfang wurden allein bei der Umweltschutzbehörde im Landkreis Harghita 176 Vorfälle gemeldet. Dutzende Nutztiere wurden getötet, vier Menschen landeten im Krankenhaus. Den Kommunalbehörden sind die Hände gebunden — sie beantragen dringend Ausnahmen von den Obergrenzen für die Tötung und den Fang dieser Tiere. Csaba Borboly ist der Vorsitzende des Landeskreisrates von Harghita — hier und im benachbarten Kreis Covasna leben 50% der Bären in Rumänien. Der Lokalpolitiker sieht keinen Ausweg mehr:
Die Situation ist sehr gravierend, nicht nur in Harghita, sondern auch in Covasna, Mureş, Braşov, Argeş und Prahova, weil es immer mehr Bären gibt. In Harghita hat die Zahl der Bären um 15% zum Vorjahr zugenommen. Sie haben einfach keinen Platz mehr. Experten sagen, dass ein einziger Bär 1000 Hektar Waldhabitat braucht, um gut zu leben. Deshalb drängt es diese Bären auf die Straßen, die Gehöfte und Felder — und leider greifen viele Bären auch Menschen an. Auch der Sachschaden ist hoch — sie bringen Tiere um, zerstören Obstbäume und Bienenstöcke. Es ist also ein großes Problem und wir brauchen eine Lösung, um diese Überbevölkerung unter Kontrolle zu bringen.“
Wer vermutet, dass zu viel abgeholzt wurde, liegt falsch, meint der Politiker: In Harghita hat die Waldfläche in den letzten Jahren sogar zugenommen. Man habe es mit einem anderen Problem zu tun und die Ortsbehörden haben dem Umweltministerium verlangt, dringend einzugreifen:
Das Ministerium muss schnellstmöglich neue Entnahmequoten festlegen, aber auch der Rechtsrahmen muss geändert werden, denn die Wildtiere sind per Gesetz geschützt, nicht aber die Menschen. Wird jemand verletzt oder bleibt sogar mit einer Behinderung, bietet das Gesetz keine Unterstützung. Die Rechte der Menschen im Konflikt mit großen Wildtieren muss nicht nur in Rumänien, sondern in ganz Europa geregelt werden.“
Als Vorsitzender des Landeskreisrates von Harghita ist Csaba Borboly Mitglied auch im Ausschuss der Regionen, einem Gremium der EU. Dort hat er eine Novellierung der einschlägigen Richtlinie gefordert, um einen besseren Schutz der Menschen im Konflikt mit Wildtieren zu gewährleisten. Außerdem muss der Schaden, den diese Tiere verursachen, dringend wiedergutgemacht werden. Die Politik müsste mit Umweltverbänden und Jägervereinen und Experten zusammenarbeiten, um echte und tragfähige Lösungen zu finden, meint Borboly. Zumindest müsste man die Bären zählen können, weil im Moment niemand genau sagen könnte, wie viele es in Rumänien gibt. Eine andere Idee wäre, Vergütungen für die Menschen einzuführen, die in den Naturschutzgebieten wie dem Netz Natura 2000 leben. In anderen Ländern werden 200 Euro pro Hektar bezahlt, die Haushalte können damit auch bestimmte Schutzmaßnahmen finanzieren, gibt der Vorsitzende des Landeskreisrates von Harghita zu bedenken.