QSL 8 / 2014: Corviner Burg in Hunedoara (Eisenmarkt)
Die Burg Hunedoara (auch als Schloss Hunyadi und Corviner Burg bekannt) gehört zu den bedeutendsten Profanbauten Siebenbürgens und ist eines der wichtigsten gotischen Baudenkmäler in Südosteuropa.
Sorin Georgescu, 29.08.2014, 14:53
Burg Hunedoara (auch als Schloss Hunyadi und Corviner Burg bekannt) gehört zu den bedeutendsten Profanbauten Siebenbürgens und ist eines der wichtigsten gotischen Baudenkmäler in Südosteuropa. Die denkmalgeschützte Burg trägt noch weitere Namen (Burg der Corviner, Burg Corvinus, Schloss Corvinesti, Burg Corvin, Burg Eisenmarkt, Schwarze Burg, Burg Vajdahunyad, Burg Hunyadi), die sich auf ihren Standort oder ihre Eigentümer beziehen.
Die meisten Forscher sind der Ansicht, dass die erste Festung in Hunedoara (dt. Eisenmarkt, ung. Vajdahunyad) im südwestlichen Siebenbürgen bereits im 14. Jahrhundert entstand. Die Umfriedung war ellipsenförmig, die Mauern aus Dolomit und Kalkstein bis zu zwei Meter breit, die Nordseite hatte vermutlich einen Bergfried.
Nach 1440 ließ der für Ungarn tätige Staatsmann und Heeresführer Johann Hunyadi (rum. Iancu de Hunedoara) die bereits bestehende Wehranlage zur Stammburg der Hunyadis umbauen. Die Umfriedung wird verdoppelt und mit Schießscharten versehen, mehrere Rundtürme und rechteckige Türme flankierten die Wehranlage. Die Rundtürme waren ein Novum in der damaligen militärischen Architektur Siebenbürgens, das Erdgeschoss bestand aus vollem Mauerwerk, die beiden Obergeschosse dienten als Wohnraum und Verteidigungsanlage. In einem der Rundtürme, dem Capistrano-Turm, ist ein restaurierter gotischer Kamin erhalten, der einzige dieser Art im gesamten Bauwerk. Erwähnenswert ist auch der bemalte Streitkolben-Turm mit einem einzigen Obergeschoss: Das Außenfresko enthält geometrische Motive als dekorative Ergänzung der Schießscharten.
Die rechteckigen Türme im Nordwesten und Südosten der Burg, der Alte und Neue Torturm, hatten breite, befahrbare Eingänge und waren für die Verteidigung sowohl mit Pfeil und Bogen als auch mit Feuerwaffen ausgerüstet. Die Eingänge selbst sind als bewegliche Pfeilerbrücken konzipiert. Interessant ist auch der mit einer Legende behaftete Brunnen zwischen der alten und der neuen Umfriedungsmauer. Der Erzählung nach wurde der 28 Meter tiefe Brunnen im Hof der Burg von drei türkischen Gefangenen gegraben, denen ihre Freiheit versprochen wurde, wenn sie so lange graben, bis sie das Wasser erreicht hätten. Als diese nach 15 Jahren Arbeit ihre Aufgabe erfüllt hatten, wollten ihre Auftraggeber ihr Versprechen nicht halten. Nach der Legende zeuge eine Aufschrift der Gefangenen an einer Burgwand in Brunnennähe von der großen Niedergeschlagenheit der Türken. Sie lautet: Ihr habt vielleicht Wasser, aber kaum Gefühle.“
Generell gilt die Errichtung der Corviner Burg als im Jahr 1446 abgeschlossen, dem Jahr, in dem Johann Hunyadi zum Reichsverweser von Ungarn wurde und fortan mehr Zivilbauten in Auftrag gab. Aus dieser Zeit stammt dennoch die Kapelle an der Ostseite des Schlosses. Das rechteckige Kirchenschiff folgt einem Vorschiff, über den sich auf hexagonalen Pfeilern stützend die Empore erhebt. Der Sakralbau entspricht somit den lokalen Zügen der Gotik.
Das eigentliche Schloss steht an der Westseite der Wehranlage und umfasst den Rittersaal, den Saal des siebenbürgischen Landtags und die Wendeltreppe. Beide Säle haben einen rechteckigen Grundriss und sind zweigeteilt durch fünf oktogonale Marmorpfeiler mit Kreuzrippen und verzierten Kragsteinen. Gewölbe und Schlussstein sind im spätgotischen Stil.
Zu den militärischen Anbauten sind die Galerie und der Turm namens Nebojsa“ zu zählen. Der Name entstand vermutlich unter dem Einfluss serbischer Söldner, auf Serbisch bedeutet не бој се (ne boj se) fürchtet euch nicht“. Der Turm hat fünf Obergeschosse, die allesamt mit Schießscharten versehen sind. Vom Turm zum Schloss führt eine 33 Meter lange Galerie, die sich auf massiven Pfeilern aus Kalksandstein stützt.
Eine zweite Bauphase wird mit dem Tod Johann Hunyadis und den darauffolgenden Kämpfen um den ungarischen Thron eingeleitet. Nach 1458 wird ein neuer Flügel an der Nordseite angelegt, der aus Bogenhallen besteht; die Innenmalerei mit weltlichem Sujet gilt als einzigartig. Den letzten Schliff erhält die Burg um das Jahr 1480, Experten sind der Meinung, dass das Schloss den ähnlichen Bauten seiner Zeit aus Westeuropa in nichts nachstand.
Im 16. Jahrhundert werden hauptsächlich weitere Zivilbauten im Bereich des Alten Turms errichtet. Im 17. Jahrhundert lässt der siebenbürgische Fürst Gabriel Bethlen Änderungen am Bauwerk durchführen, die dem Zeitgeist entsprachen. An der Ostseite entsteht ein neues, zweistöckiges Gebäude mit Wohnräumen namens Großer Palast. Der Landtagssaal wird völlig umgebaut, die gotische Ornamentik wird entfernt und die innenräumliche Gestaltung verändert. Auch die Kapelle muss dem Stil der Epoche und dem Geschmack des neuen Besitzers folgen: Die gotischen Gewölbe werden entfernt und die Spitzbogenfenster werden durch rechteckige ersetzt. Es entstehen ferner weitere militärische Anbauten wie der Weiße Turm und die Artillerie-Terrasse. Ebenfalls im 17. Jahrhundert wird der außerhalb der Burg liegende Husarenhof eingerichtet, der die Wohnräume des Verwalters und der Kanzleibediensteten, die Hütten der Jagdhunde, die Speisekammern und das Futterlagerhaus beherbergte.
Das 19. Jahrhundert bringt die wichtigsten Restaurierungs- und Erneuerungsarbeiten mit sich. Die Fassade des Großen Palastes und die aufgestockten Dächer mit glasierten Ziegelsteinen stammen aus dieser Zeit und sind in dieser Form bis heute enthalten. Die Artillerie-Terrasse wird mit einer Mauer mit Zinnen und einem Wachturm versehen, um die Attraktivität des Bauwerks zu erhöhen. Eine größere Instandsetzung erfolgte im Jahre 1817. In diesem Jahr unternahm Kaiser Franz I. mit seiner vierten Ehefrau Karoline Auguste von Bayern eine Reise nach Siebenbürgen. Nach einem dreitägigen Hoflager in der Burg stellte der Kaiser für die dringendsten Renovierungen einen Betrag von dreißigtausend Gulden zu Verfügung. Größere Renovierungsarbeiten an der Ruine wurden erst im Jahr 1868 unter dem Architekten Ferencz Schulcz aufgenommen. Dieser begann unter anderem mit der Wiederherstellung der gotischen Architektur im Rittersaal und der Restaurierung alter Skulpturen. Nach seinem Tod setzte Imre Steindl, der Erbauer des Parlamentsgebäudes in Budapest, die Arbeiten bis 1874 unter anderer Gewichtung fort. Steindl war aber offensichtlich nicht an einer Wiederherstellung, sondern an einer Erneuerung der Burg interessiert. Die Burg hat aus heutiger Sicht stark unter den inadäquaten Restaurierungsarbeiten des 19. Jahrhunderts gelitten.
Zur heutigen Nutzung: Das Schlossmuseum wurde im Jahr 1974 eröffnet. Zu Beginn beherbergte das Museum mittelalterliche Stücke. Die Sammlungen erweitere man später um Archäologie, Völkerkunde, dekorative Kunst und alte Bücher. Das Museum beschäftigt sich seit 1990 auch mit antiker Geschichte und bringt eine eigene Schriftenreihe heraus, die bislang 10 Bände umfasst.
Eine Besichtigung der Burg einschließlich Museumsbesuch oder eine Anmietung für kommerzielle Filme ist nach vorheriger Absprache möglich. Die Burg ist ganzjährig öffentlich zugänglich. Spezielle Führungen für Einzelpersonen und Gruppen werden angeboten. Regelmäßig werden auf dem Burggelände mittelalterliche Veranstaltungen bzw. Feste durchgeführt.
Die Burg wird oft als Filmkulisse vermietet. Eine Vielzahl von rumänischen und internationalen Film-Produktionen (künstlerische Filme, Dokumentarfilme oder Werbespots) wurde bereits dort gedreht.
Quellen: