Nachrichten 17.08.2020
Newsroom, 17.08.2020, 18:07
Die
Sozialdemokratische Partei, die größte Oppositionspartei in Rumänien, hat am
Montag im Parlament einen Misstrauensantrag gegen das von Ludovic Orban
geführte liberale Kabinett eingereicht. Der Interimsvorsitzende der
Sozialdemokraten Marcel Ciolacu behauptete, Rumänien habe die katastrophalste
Regierung der letzten 30 Jahre und beschuldigte die Vertreter der Exekutive,
alle den Bürgern bei der Pandemie auferlegten Regeln verletzt zu haben. Aus Sicht der Sozialdemokraten habe die
Regierung vor dem Hintergrund des derzeitigen Riesenchaos, der
heruntergekommenen Wirtschaft und der grassierenden Arbeitslosigkeit keinerlei
Glaubwürdigkeit. Den Sozialdemokraten nach sei die einzige Sorge der Exekutive
gewesen, sich seit ihrer Machtübernahme und inmitten der durch das neue
Coronavirus ausgelösten Gesundheitskrise aus öffentlichen Geldern zu bedienen.
Für die Annahme eines Misstrauensantrags sind 233 Stimmen erforderlich. Im
Falle eines Erfolgs wäre es das zweite Mal innerhalb eines Jahres, dass eine
von Ludovic Orban geführte Regierung durch einen Misstrauensantrag entlassen
wird. Die Sozialdemokraten werden von anderen Oppositionsparteien sowie von parteifreien
Parlamentariern unterstützt. Der Antrag wird hingegen von der Union
Rettet Rumänien und der Partei der Volksbewegung kritisiert – angesichts
der Gesundheitssituation, der Eröffnung des Schuljahres und der für den 27.
September geplanten Kommunalwahlen sei es nicht der richtige Zeitpunkt, die
Regierung zu ersetzen. Die regierenden Liberalen werfen der Opposition parlamentarische
Sabotage vor. Der Premierminister ist der Ansicht, dass der Ansatz der
Sozialdemokraten unverantwortlich sei und erklärte desweiteren, er analysiere
die Möglichkeit, dass die PNL das Verfassungsgericht benachrichtigt, da während
der Parlamentsferien kein Misstrauensantrag eingereicht werden kann.
Am Sonntag haben die stärksten Kandidaten für die Kommunalwahlen in Bukarest ihre Bewerbungen bekannt gegeben: ins Rennen gehen demnach u.a. die derzeitige Oberbürgermeisterin und Sozialdemokratin Gabriela Firea, Altpräsident und Altoberbürgermeister Traian Băsescu sowie Nicuşor Dan, der von der Nationalliberalen Partei und USR PLUS unterstützt wird. Der 50jährige Mathematiker hat laut Umfragen die meisten Chancen auf den Posten. Die diesjährigen Kommunalwahlen am 27. September werden angesichts der Covid-19-Pandemie unter besonderen Bedingungen stattfinden.
In Rumänien wurden am Montag von der Gruppe für strategische Kommunikation nur 733 neue Fälle von COVID-19 gemeldet, allerdings nach weniger als 7000 Tests. Damit wurden in dem Land seit Beginn der Epidemie Ende Februar über 71.000 Fälle einer Infektion mit dem neuen Coronavirus bestätigt. Mit 38 Todesfällen über die letzten 24 Stunden ist die Zahl der Todesopfer auf über 3000 gestiegen. Fast 500 Patienten liegen auf der Intensivstation.
Am Mittwoch tagen die EU-Staats und Regierungchef in einer Videokonfernz zur Lage in Belarus. Oppositionsführer haben dort inzwischen zu einem Streik aufgerufen, nachdem am Wochenende wieder massive Proteste gegen Präsident Alexander Lukaschenko stattgefunden hatten. Laut Reuters nahmen 200.000 Oppositionelle an einem Freiheitsmarsch in Minsk teil, während sich Lukaschenkos Anhänger parallel dazu versammelten, um seinem Aufruf zur Verteidigung des Landes gegen angebliche ausländische Einmischung zu folgen. Er sagte, Flugzeuge und Panzer der NATO seien 15 Minuten von den Grenzen des Landes entfernt stationiert gewesen. Der Vorwurf wurde vom Bündnis sofort zurückgewiesen. Für Alexander Lukaschenko, der seit 26 Jahren an der Macht ist, sind Proteste zwar nichts neues. Diesmal jedoch ist es die stärkste Protestwelle gegen die autoritäre Hand, mit der er das Land führt. Letzte Woche griff die Polizei brutal ein, um die Proteste zu beenden. Mindestens zwei Menschen wurden getötet und fast 7.000 festgenommen, viele wurden misshandelt.