HeArt Couture: integrative Modeschau mit jungen Down-Syndrom-Patienten
Menschen, die unter dem Down-Syndrom leiden, werden häufig aus dem Gesellschaftsleben ausgeschlossen. Allerdings gibt es auch sehr viele Bemühungen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Ana-Maria Cononovici, 21.11.2019, 17:30
Sie gingen über die Bühne und ernteten Beifall von den Zuschauern. Sie lächelten und genossen den Erfolg der von ihnen vorgestellten Kleider. Die Aufregung war groß — wie erwartet. Doch sie wussten die Aufregung in Freude zu verwandeln. 20 junge Menschen mit Down-Syndrom stiegen auf die Bühne und präsentierten eine Modeschau. Sie wurden von Freiwilligen begleitet, die ihnen hilfsbereit beistanden. Es war die erste Modeschau, bei der sowohl die Models als auch die Modedesigner unter Down-Syndrom litten. Die vorgestellte Mode-Kollektion trägt den Namen heArt Couture“. Sie wurde sorgfältig vorbereitet im Rahmen von kreativen Workshops. Die kreativen Workshops fanden in einem Sommer-Camp in der Ortschaft Buşteni im Monat Juli statt. Danach wurde die Arbeit im Bukarester Zentrum fortgesetzt.
Unter dem Motto Die Musik begegnet der Farbe“ hörten Kinder klassischer Musik zu. Sie lernten, wie die wahrgenommen Töne in abstrakte Malerei übersetzt werden können. Ihre Malereien wurden von einer Mannschaft der Organisation ROXY&KIDS ART so umgestaltet, dass sie in die Kleider-Kollektion heART COUTURE“ integriert werden konnten. Im Rahmen des heART COUTURE“-Projekts wurde konstant ein zweisprachiges Handbuch verwendet. Das Buch heißt Do you see what I see/ Siehst auch du, was ich sehe?“ und wurde von Roxana Ene als Lehrmaterial verfasst. Das Lehrbuch erläutert die von der Organisation ROX&KIDS ART angewandte Methode. Mehr Einzelheiten dazu erfahren wir von Roxana Păsculescu, der Kommunikationsleiterin des Vereins.
Das Buch beschreibt die Methode, die wir in unserer Werkstatt bei Roxy and Kids Art einsetzen. Wir greifen auf Synästhesie zurück — das bedeutet, die Kinder werden angeregt, zur Musik zu malen. Von daher stammt auch die Musik in unserem Projekt »HeArt Couture«. Die unter Down-Syndrom leidenden Kinder hatten Spaß, sie unterhielten sich miteinander. Sie wurden permanent von gesunden Kindern begleitet, sowie von Volontären vom Kunstgymnasium »Tonitza«.“
Wie es zum Projekt kam, erzählte uns die Projektleiterin Cristina Moraru:
Die Organisation Down Plus Bukarest setzt viel auf die Gefühle der Kinder mit Down-Syndrom. Sie führen jeden Tag verschiedene Aktivitäten durch. Und sie haben auch ihren Stolz. Als sie erfuhren, dass sie ihre Werke vorzustellen haben, wurde alles viel spannender. Sie freuten sich, an einer Modeschau als Models teilzunehmen und ihre eigenen Werke zu präsentieren. Wir lernten dann irgendwann die Damen von »Roxy and Kids Art« kennen und wir verliebten uns auf Anhieb in ihre Arbeit. Die Art und Weise, in der sie mit den Kindern arbeiten, wie sie die Zeichnungen der Kinder umdenken — es ist einfach toll! Wir beschlossen, das Projekt zusammen zu entwickeln. Wir wollten gemeinsam malen, Freude an unserer Arbeit haben, Musik hören, tanzen. Wir starteten mit Blei- und Filzstiften, Obst und Schokolade, Zahnpasta. Und die Kinder machten sich an die Arbeit. Die Gruppenzeichnungen wurden danach von Roxana Ene uminterpretiert. Die Kinder präsentierten auf der Bühne zunächst mal die Originalteile und danach die uminterpretierten Werke.“
Roxana Ene ist die Künstlerin, die die Zeichnungen der Kinder uminterpretierte. Wir fragten sie, wie sie die Initiative beurteile:
Es war unerwartet, überraschend! Die Kinder waren mit Leib und Seele dabei. Und sie waren glücklich. Sie hatten so viel Freude an der Modeschau. Sie hatten die Freiheit, mit Materialien zu arbeiten, die sie bis dahin nicht verwendet hatten. Klar waren sie überrascht, festzustellen, dass mit schwarzer Zahnpasta gemalt werden kann. Wir haben auch andere für sie überraschende Stoffe zum Malen verwendet, wie zum Beispiel Lebensmittelreste, Schalen, Blätter. Sie waren angenehm überrascht. Und auch neugierig, zu schauen, was aus ihren Werken wird. Sie wussten, worum es ging, wir hatten ihnen alles genau erklärt. Sie wussten schon, dass wir ihre Werke umgestalten werden, waren also deswegen nicht schockiert. Eigentlich ging es viel mehr um eine Uminterpretation ihrer Zeichnungen. Wir arbeiteten nicht direkt am Original, sondern an Kopien. Und das ist erst der Anfang! Wir haben es mit dem Beginn einer neuen Ära zu tun — »The Beginning of a New era« lautete auch unser Slogan. Denn bis jetzt hingen die Bilder an der Wand. Nun ist es aus damit. Die Leinwände starten ihre Reise durch die weite Welt. Die von ihnen gemalten Bilder werden von anderen Kindern, von ihren Geschwistern und Verwandten getragen. Sogar der Kameramann trug einen Mantel, an dem eine uminterpretierte Zeichnung abgebildet war. Was hier passierte, ist einfach großartig!“
Larisa Bucur, Mitarbeiterin des Vereins Down Plus Bukarest, meinte, es sei eine einmalige Veranstaltung gewesen. Die Bemühungen zur Organisation seien allerdings entsprechend groß gewesen:
Es war eine unglaubliche Erfahrung! Ich konnte einmal mehr feststellen, dass die Menschen mit Down-Syndrom besonders viele Fähigkeiten haben. Sie überwinden täglich ihre Grenzen und bringen uns wichtige Lebenslektionen bei. Die Veranstaltung war keine Haute-Couture-Präsentation, sondern eine Uminterpretation — HeArt Couture. Denn es ist allgemein bekannt, dass Menschen mit Down-Syndrom sehr liebevoll sind. Von dieser Idee ging die Umgestaltung aus. Es war ein Mix von zeitgenössischer Kunst und Liebe. Wir versuchen, die Aktivitäten der Kinder mit Down-Syndrom so vielfältig wie möglich zu gestalten. Als wir ihnen vorschlugen, Malereiunterricht einzuführen, waren sie begeistert. Die Idee der Modeschau bereitete ihnen ebenfalls übermäßig Freude.“
Und das ist erst der Anfang. Künftig sollen weitere zwei Modeschauen sowie zwei Ausstellungen stattfinden, in denen die Werke der Kinder gezeigt werden.