E-Roller in Bukarest: Mikromobilität erobert rumänische Hauptstadt
In immer mehr Städten sind E-Scooter schon unterwegs. Sie werden als umweltfreundliche und einfache Transportalternative in den autoverstopften Städten betrachtet.
Ana-Maria Cononovici, 17.10.2019, 17:30
Der weltweit führende Anbieter von Mikromobilitätsdienstleistungen teilte im September mit, seine Kunden hätten die Grenze von 100 Millionen Fahrten übertroffen — eine Weltpremiere für eine derartige Dienstleistungsplattform. Das Ergebnis ist umso beträchtlicher, da es in weniger als 6 Monaten erreicht wurde. Denn erst im April 2019 hatte die Plattform 50 Millionen Fahrtanmeldungen verzeichnet. Die Mikromobilität — also die Möglichkeit, sich mit dem Elektroroller durch die Stadt fortzubewegen — zeichnet sich als eine sich immer stärker entwickelnde Tendenz im städtischen Raum aus. Derzeit können europaweit Elektro-Cityroller über eine Handy-App gemietet werden. Selbstverständlich auch in Bukarest.
Luca Mateescu ist der Operationsleiter der Mikromobilitätsplattform in Bukarest. Er erzählte uns, wie die Idee entstand und sich weiter verbreitete:
Das Konzept wurde im Jahr 2017 in San Francisco erstmals umgesetzt. Begründer waren Toby Sun und Brad Bao. Sie wollten nämlich eine Mobilitätsmethode erfinden, die den Transport im städtischen Raum radikal ändern sollte. Dementsprechend brachten sie dieses neue Konzept — der Mikromobilität — auf den Markt. Unser Portfolio umfasst auch andere Produkte, allerdings liegt der Fokus auf dem Elektroscooter, den sie auch auf den Straßen hierzulande immer öfter sehen. Der Elektroroller wurde in mehr als 120 Städten eingeführt. Die Initiative hatte Erfolg überall. Die Industrie entwickelt sich weiter, das ist wohl klar. Und die Mikromobilität scheint eine funktionierende Lösung für den vollen Städteverkehr zu sein. Wie schon bekannt, ist Bukarest mit hohen Verkehrsschwierigkeiten konfrontiert. Wir ahnten schon vor dem Start der Kampagne, dass sie ein Erfolg sein würde.“
Ebenfalls von Luca Mateescu erfuhren wir, worum es dabei konkret geht:
Wir verwenden ein Dockless-Modell, das heißt, die Nutzer können in einem Umfang von 500 m von dem Ort, wo sie sich befinden, einen Elektroroller finden. Dafür müssen sie unsere App verwenden. Die App muss erstmals auf dem Smartphone heruntergeladen werden. Um die Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, muss der Nutzer die App öffnen und sich anmelden. Damit wird der Roller freigegeben und der Nutzer kann ihn sich schnappen. Um dies zu tun, braucht er mit der App den Code am Roller einzuscannen. Danach muss nur noch ein Knopf gedrückt werden. Der Roller fährt automatisch mit einer Geschwindigkeit von höchstens 24 km/h. Die Nutzer müssen verbindlich 18 Jahre alt sein. Der Cityroller ist ein einfach zu bedienendes Verkehrsmittel, mit dem das gewünschte Reiseziel praktisch und umweltfreundlich erreicht werden kann.“
Sie mögen sich fragen, was für Verkehrsregeln zu beachten seien, wenn man mit dem Roller durch die Stadt fährt. Dazu Luca Mateescu:
Wir richten uns nach internationalen Normen, die wir auch unseren Kunden weiterempfehlen. Der Elektroscooter ist ein bisschen mehr als ein Fahrrad. Wir empfehlen den Nutzern, immer auf der rechten Seite der Straße zu fahren und die geltende Straßenverkehrsordnung zu beachten. Eine weitere Empfehlung unsererseits ist, dass sie immer auf dem Gehsteig parken, ohne aber die Fußgänger irgendwie zu hindern oder ihnen den Durchgang zu versperren. Wir empfehlen ihnen auch, einen Schutzhelm zu tragen. Diese minimale Schutzausrüstung würde den Schwierigkeitsgrad von etwa 80% der Unfälle beträchtlich vermindern. Der Elektroroller ist ein relativ sicheres Verkehrsmittel, dank der niedrigen Geschwindigkeit. Doch müssen die Nutzer selbstverständlich aufpassen. Statistisch betrachtet ist der Elektroroller sogar ein sehr sicheres Verkehrsmittel. Doch ist das Verkehrsverhalten durchaus ausschlaggebend. Wir setzen großen Wert darauf und werden bald sogar Ausbildungen zum Thema eines entsprechenden Verkehrsverhaltens organisieren. Es gab diesbezüglich auch weitere Initiativen. Wir haben auch Schutzhelme verteilt. Und nach der Anmeldung in der App wird den Nutzern durch interaktive Mitteilungen erklärt, was ein präventives Verkehrsverhalten bedeutet.“
Statistiken zufolge ersetzt eine von vier Rollerfahrten eine Autofahrt. Die Nutzer hätten dadurch bislang mehr als 40 Millionen im Straßenverkehr zurückgelegte Kilometer vermieden. Mehr Einzelheiten dazu lieferte uns Luca Mateescu:
Die Bukarester nehmen gerne die von uns angebotene Mobilitätsmöglichkeit an. Bis jetzt wurden schon mehrere Hunderttausend Fahrten angemeldet. 150.000 davon wurden als Fahrten angemeldet, die zugunsten einer Autofahrt gewählt wurden. Eine großartige Errungenschaft für Bukarest.“
Im Falle der Mikromobilitätsplattform haben wir es mit einem internationalen Unternehmen zu tun. Daher arbeitet sie anhand von guten Praktiken, die weltweit festgestellt wurden. Ein großer Vorteil, so Luca Mateescu:
Es gibt einen Austausch von guten Praktiken zwischen den Ländern, wo das Konzept eingeführt wurde. Wenn eine gute Praxis an einem Ort Fuß fasst, wird sie global umgesetzt. Dieses Modell hat offensichtlich seine Vorteile. In Rumänien verwaltet ein rumänisches Unternehmen das Geschäft. Wieso das? Wir müssen uns ja an den einheimischen Markt anpassen. Doch wir werden international unterstützt, durch das gemeinsame Kundendienstzentrum. Für IT-Probleme, Test-Schwierigkeiten oder andere Besonderheiten wenden wir uns an das Shared Service Center. Wird irgendwo eine gute Praxis erkannt, wird sie auch in Bukarest angewendet.“
Wohin führt der Weg? Dazu Luca Mateescu:
Es ist ein Lernprozess. Die Industrie ist sehr neu, die Menschen sind zurückhaltend. Auch die anderen Verkehrsteilnehmer müssen sich an die neuen Gegebenheiten anpassen. Wie gesagt, wir haben es mit einem Lernprozess zu tun. Bukarest verfügt leider nur über wenige Radwege. Sonst würden wir selbstverständlich die gleiche Infrastruktur in Anspruch nehmen. Deshalb sind Auto- und Rollerfahrer im Verkehr gleich zu betrachten — als Verkehrsteilnehmer, die unter gleichen Bedingungen fahren. Wir raten allen Verkehrsteilnehmern zu großer Vorsicht. Auch was das Parken anbelangt, besteht Anpassungsbedarf. Wir wollen nämlich flexibel bleiben und unseren Nutzern die Wahlfreiheit eines Parkplatzes überlassen. Die Menschen passen sich allmählich an dieser neuen Wirklichkeit an. Auch an der App haben sich die Nutzer gewöhnt — das konnten wir feststellen. Wir haben es mit einer Industrie zu tun, die sich weiterentwickelt.“
In der Tat, eine neue Kultur der Mikromobilität ist erscheinen. Und sie bietet eine weitere Option für Fahrten innerhalb des städtischen Raums.