Dragobete – das fast vergessene Fest der Liebe
Die Rumänen feiern am 24. Februar die Liebe. Ähnlich dem Valentinstag ist das rumänische Dragobete in seinen Grundzügen vor allem ein Festtag der Liebe bzw. der Liebenden. Dies äußert sich in einer ganzen Reihe entsprechender Bräuche und Traditionen.
Ana-Maria Cononovici, 26.02.2019, 17:30
Am 24. Februar feiern die Rumänen die Liebe. Sie nennen das Fest Dragobete“. Es ist die rumänische Version des Valentinstags. Die Tradition besagt, der Dragobete sei ein Fabelwesen, zur Hälfte Mensch, zur Hälfte Engel. Er sei ein unsterblicher junger Mann, der unsichtbar durch die Welt wandere, so der Ethnologe Simeon Florea.
Das Dragobete-Fest ist eine Tradition, die früher überall im Land gefeiert wurde. In der Marmarosch markiert das Liebesfest den Frühlingsbeginn, daher auch die Bezeichnung, unter der es hier bekannt ist, nämlich Cap de Primăvară (dt. Frühlingsanfang) oder Dragomir. Dragomir ist eine Gestalt, die die gleichen Eigenschaften wie der Dragobete besitzt, ausgenommen seiner doppelten Natur. Außerhalb des Karpatenbogens wird der Dragobete als mythisches Wesen dargestellt — mit Menschenkopf und Schafbockbeinen. Es ist eine sehr alte Darstellung, vermutlich thrakischen Ursprungs, die allerdings auch in anderen Weltkulturen vorkommt. Das Dragobete wird am häufigsten am 24. Februar gefeiert, obwohl auch der letzte Februartag sowie der 1. März als mögliche Daten fungierten.
Anlässlich des Dragobete zogen die jungen Dorfbewohner jedes Jahr ihre festliche Volkstracht an. Sie pflückten magische Pflanzen, die sie das ganze Jahr über aufbewahrten, im Hinblick auf eine vermutliche Heirat. Am gleichen Tag versammelten sich die jungen Frauen und Männer im Dorf und schlossen Blutsbrüderschaften. Das Versprechen galt für das ganze kommende Jahr.
Das rumänische Dragobete ist eine Alternative zum abendländischen populären Valentinstag. Die Dorfmuseen im Land feiern das Dragobete in traditioneller Weise, wobei sie den Brauch fördern und ihn für die Neugierigen erläutern. Das Dorfmuseum in Bukarest zum Beispiel organisierte heuer ein Sonderprogramm zu diesem Anlass. Anfänglich wurde das Dragobete und seine Bedeutung vorgestellt. Der Schauspieler Alexandru Nicolae Mihai verlieh dem Fabelwesen seine Stimme:
Am 24. Februar feiern wir hier im Dorfmuseum das Liebesfest, das Dragobete. Das Dragobete wird in der Regel mit dem Gedanken der Versöhnung, der Harmonie gepaart. Junge Frauen und Männer gingen früher bei dieser Gelegenheit zusammen aus, um die ersten Frühlingsblumen zu pflücken. Diese Geste stellt ein pflanzliches Opfer dar — wenn man sich die tiefere Bedeutung der Handlung anschaut. Dadurch war die Heiligkeit und Reinheit der nächstkommenden Zeit gesichert, hieß es. Darüber hinaus hieß es, dass die Vögel sich an diesem Tag ihre Paarungspartner aussuchten. Man sagte, der Vogel, der seinen Partner bis zum Dragobete nicht fände, würde das ganze Jahr allein bleiben. Eine Anmerkung diesbezüglich: Die Zeitspanne, die erwähnt wird, ist ein Jahr, und nicht ein Leben lang. Mit anderen Worten: Hast du es dieses Jahr nicht geschafft, gibt es nächstes Jahr eine neue Chancen.“
Narcisa Mihai vom Bukarester Dorfmuseum erzählte uns mehr über die üblichen Dragobete-Zauberformeln:
In Zusammenhang mit dem Dragobete gibt es sehr viele Traditionen. Vor dem Fest mussten sich die jungen Damen, die Schneeglöckchen pflücken gingen, vergewissern, dass die Männer, die sie mochten, auch etwas für sie empfanden. Daher mussten sie bestimmte Zauberworte dienstags und donnerstags aussprechen. Sie mussten also einen Liebeszauber aufsagen. Für ein komplettes Ritual brauchten sie Salz, Honig und »Feenwasser«. Salz und Honig findet sich in jedem Haushalt, wo war aber das Feenwasser zu finden ? Das Feenwasser wurde den letzten schmelzenden Schneeflecken in den Bergen und Wäldern entnommen. Es wurde mit großer Sorgfalt, ebenso wie das Weihwasser, gelagert und für den Liebeszauber aufgehoben. Salz und Honig wurden in einen Topf gegeben und auf den Herd gestellt. Sobald das Gebräu zu brutzeln und zu zischen anfing, gab man Feenwasser dazu, um den Mix zu löschen. Das Mädchen, dem der Liebeszauber galt, musste nackt vor einer Ikone stehen. Es wurde mit dem magischen Trunk bespritzt, dabei wurde auch der Zauberspruch aufgesagt. Damit die beschworene Liebesbeziehung hielt, musste das Mädchen keine Kleider tragen. Denn falls das Feenwasser auf die Kleider gelangt wäre, so wäre die Liebe nicht nachhaltig, sondern vergänglich gewesen.“
Das Dragobete ließ die jungen Frauen von ihrer großen Liebe träumen, so Narcisa Mihai:
Das Ritual, das das Aufsagen des Zauberspruchs und das Zauberwasser voraussetzt, garantierte anscheinend den jungen Damen die Begegnung mit dem Traummann. Doch falls die Begegnung nicht in dem Jahr stattfand, war es nicht schlimm. Der Zauberspruch konnte auch im nächsten Jahr versucht werden. Doch häufig blieben die jungen Paare, die im Frühjahr gemeinsam Blumen pflückten, zusammen. Und bis zum Herbst waren sie meistens auch verheiratet. Selbstverständlich gibt es Traditionen, die auch die verheirateten Frauen einhalten müssen, damit die Liebe hält. Es heißt, die Ehemänner dürfen ihre Ehefrauen zu Dragobete nicht ärgern, sonst haben sie Pech das ganze Jahr über.“
Und es gibt auch noch andere Bräuche, die mit dem Dragobete in Verbindung gebracht werden. Zum Beispiel müssen die Frauen einen jungen, netten Mann berühren — einen anderen als den Ehepartner –, um Glück während des Jahres zu haben und geliebt zu werden. Die Liebe frisch Vermählter wird bei dieser Gelegenheit auch in verschiedener Weise zur Probe gestellt. Zum Beispiel werden zwei Nüsse ins Feuer gelegt. Wenn sie ruhig knistern, wird sich die Liebe zu einer entspannten Beziehung entwickeln. Wenn sie mit großem Krach aufplatzen und aus der Glut geschleudert werden, soll es eine schwierige Liebesbeziehung werden. Eine andere Tradition besagt: Wer seinem Partner am Dragobete-Tag auf den Fuß tritt, wird die dominante Rolle in der Beziehung einnehmen.
Ob nun Valentinstag oder Dragobete-Fest: Hauptsache, die Liebe wird gefeiert!