Litovoi: Neuentdecktes Paläo-Säugetier ist 68 Mio. Jahre alt
Ein internationales Forscherteam entdeckte vor kurzem eine neue Art eines prähistorischen Säugetiers im Hatzeger Geopark. Das Fossil ermöglichte den Forschern, eine Lücke in der Paläontologie zu schließen.
Ana-Maria Cononovici, 16.08.2018, 17:30
Der UNESCO-Dinosaurier-Geopark im Hatzeger Land bestätigte wieder seinen guten Ruf und seine paläontologische Bedeutung auf internationaler Ebene. Ein internationales Forscher-Team, geleitet von Prof. Dr. Zoltán Csiki-Sava, Professor an der Universität für Geologie und Geophysik in Bukarest, entdeckte eine neue Art eines prähistorischen Säugetiers, das vermutlich zu Zeiten der Zwergdinosaurier in Siebenbürgen gelebt hat. Das neu entdeckte Fossil erhielt den Namen Litovoi, benannt nach einem Herrscher im 13. Jh. in einem der ersten rumänischen Staatengebilde südlich der Karpaten. Wir unterhielten uns mit dem Paläontologen Zoltán Csiki-Sava über die jüngste Entdeckung im Hatzeger Dinosaurier-Geopark:
Litovoi ist ein Fossil, ein prähistorisches Säugetier, das sich vor sehr vielen Jahren auf diesen Gebieten tummelte. Skelett-Überreste dieses prähistorischen Säugetiers wurden bei Hatzeg, genauer im Hatzeger Becken, vor 4 Jahren ausgegraben. Während der letzten Jahre haben wir diese Skelett-Überreste untersucht und sind zum Schluss gekommen, es handle sich um eine neue Art eines prähistorischen Säugetiers. Wir haben das neuentdeckte Fossil nach einem berühmten rumänischen Fürsten getauft, um seine Erinnerung zu ehren.“
Die neu entdeckte Art füllt eine Lücke im Fossilbericht der frühen Verwandten der Säugetiere, die auf der ehemaligen Hatzeg-Insel vor rund 70 Millionen Jahren lebten. Professor Zoltán Csiki-Sava lieferte mehr Einzelheiten dazu:
Die im Hatzeger Becken neuentdeckte Art ist ein Säugetier, also einer unserer frühen Verwandten. Sie gehört allerdings zu einer Gruppe von Säugetieren, die ausgestorben sind. Im Mesozoikum war die Gattung der Multituberculata auf jeden Fall stark verbreitet und auf allen Kontinenten, in Nordamerika wie in Asien, zu finden. Litovoi gehörte zur genannten vorherrschenden Gattung — es waren Säugetiere, die ein ähnliches leben wie die heutigen Nagetiere führten und diesen auch ähnlich aussahen. Wir haben also ein Art Eichhörnchen oder Maus entdeckt, nur etwas größer, die im Mesozoikum gelebt hat.“
Verwandte des prähistorischen Säugetiers Litovoi seien nirgendwo anders in Europa zu finden, so der Experte Zoltán Csiki-Sava. Er fügte noch Folgendes hinzu:
Die Gattung der Multituberculata — eine Säugetierart — war im Mesozoikum stark im nördlichen Erdteil verbreitet. Deshalb überrascht die Tatsache, dass gegen Ende des Mesozoikums, als in der Umgebung von Hatzeg die Zwergdinosaurier lebten, diese Art von Säugetieren vermutlich auch nur auf diesem Gebiet bei Hatzeg und im Nachbarland, im heutigen Siebenbürgen, zu finden waren. Sie sind unbekannt in Ungarn, Frankreich oder Spanien. Die Säugetiere dieser Art, die in Nordamerika oder Asien lebten, sind ebenfalls nur weite Verwandte des Litovoi. Das bedeutet, der Litovoi war ein Säugetier, das nur in der Region des heutigen Siebenbürgens lebte. Spektakulärer ist allerdings, dass wir es geschafft haben, seinen Schädel vollständig zu rekonstruieren.“
Infolge ihrer Entdeckung kamen die Forscher zum Schluss, dass der Hirn des Litovoi kleiner war als vermutet, vor allem in Anbetracht seiner Dimensionen. Das regte eine neue Untersuchung an:
Der Litovoi weist viele Ähnlichkeiten mit Säugetieren auf, wie zum Beispiel das Nilpferd oder Wildziegen oder sogar fossile Menschen. Diese lebten ebenfalls auf Inseln, allerding vor viel weniger Jahren — etwa vor 5-10 Millionen Jahren. Der Litovoi hat hingegen vor 68 Millionen Jahren gelebt. Die Säugetiere, die auf der Insel lebten, mussten sich an die hiesigen Bedingungen anpassen. Demnach waren sie gezwungen, ihren Energieverbrauch neu zu verteilen, mit anderen Worten richteten sie ihre Ressourcen viel mehr in Richtung der Fortpflanzung, denn dieser Lebensbereich war wichtiger für sie, um das Fortleben der Tierart auf der Insel sicherzustellen. Daher wurde die Entwicklung des Hirns vernachlässigt. Der Litovoi hat sich angepasst und sich ähnlich wie diese größeren Säugetiere entwickelt. Dennoch stellten wir einige Besonderheiten in seinem Fall fest. Obwohl sein Hirn unterentwickelt war, waren die Hirnzentren, die das Gehör, den Geruch, die Augenbewegung steuerten, sehr gut entwickelt. Dieses Tier hatte sehr scharfe Sinne, die er zum Überleben benötigte.“
Der Rekonstruktion zufolge kamen die Forscher zum Schluss, dass sie es mit einer völlig neuen Entwicklungsrichtung zu tun haben, die die Ähnlichkeiten zum späteren Nilpferd oder anderen gegenwärtigen Säugetieren erklären. Weitere Mitglieder der Forschergruppe waren weltberühmte Paläontologen wie z.B. Mátyás Vremir von der Gesellschaft des Siebenbürgischen Museums in Klausenburg, Stephen Brusatte von der Universität in Edinburgh, Meng Jin und Mark Norell vom Naturwissenschaftlichen Museum in New York.