Siebenbürgischer Karpatenverein setzt sich für Vernetzung europäischer Wanderwege ein
Seit diesem Jahr ist Rumänien Mitglied im Netzwerk europäischer Wanderwege für Touristen. Die Wandervereinigung Siebenbürgischer Karpatenverein S.K.V. hat mit Hilfe von Freiwilligen landesweit über 500 Km Wanderwege erneuert.
Ana-Maria Cononovici, 23.11.2017, 17:30
Seit diesem Jahr ist Rumänien Mitglied im Netzwerk europäischer Wanderwege für Touristen. Die Wandervereinigung Siebenbürgischer Karpatenverein S.K.V., eine Traditionseinrichtung, die um 1880 von Siebenbürger Sachsen gegründet wurde, hat mit Hilfe von Freiwilligen 180 Km Wanderwege im Banater Gebirge erneuert. Der Siebenbürgische Verein und die Volontäre haben außerdem mehrere Zugangswege in die Fogarascher Berge instandgesetzt und mehr als 50 Km Wanderwege im Bergmassiv Postăvaru (dt. Schulerberg) erneuert. Und sie haben noch Vieles vor!
Marcel Şofariu, der Vorsitzende des Siebenbürgischen Karpatenvereins SKV, erzählte uns über die weiteren Pläne der freiwilligen Organisation. Sie wollen das Wanderpotential des Landes soweit entwickeln, dass es den Zustand vor rund 100 Jahren wieder erreicht, als Rumänien mehr als 100 Partnerschaften mit ähnlichen europäischen Vereinigungen hatte. Wir fragten Marcel Şofariu, wie ein Wanderweg nach europäischen Standards auszusehen habe:
Der Wanderweg müsste in erster Linie auf Landkarten aufgezeichnet sein. Ideal wäre, wenn der Pfad auch im GPS-Track vorkommen würde. Im Wald sollte er markiert sein. Der Wanderweg sollte Orte mit schönen Landschaften durchqueren und nicht entlang einer Straße verlaufen. Darüber hinaus sollte er Orte von großem Interesse im betreffenden Land verbinden. Das waren die Kriterien, die wir bei der Wahl des Wanderwegs berücksichtigten. Um dieses Ziel zu erreichen, sind wir Tausende Kilometer zu Fuß gewandert und haben die Wanderwege ausgesucht, die den vorhin genannten Kriterien entsprachen und vernetzt werden konnten. Denn in Rumänien hat sich der Tourismus inselartig entwickelt. Wir mussten Verbindungen zwischen den verschiedenen Inseln schaffen.“
Rumänien erscheint nicht auf der europäischen Karte der Fernwanderwege — das stellte die siebenbürgische Wandervereinigung SKV fest. Infolge dieser Feststellung startete die freiwillige Organisation ihre Initiative zur Einrichtung europäischer Wanderwege. Marcel Şofariu erläuterte uns die Schritte, die Rumänien machen musste, um der internationalen Wanderweginfrastruktur beizutreten.
Wir markierten oder reparierten die Markierungen von etwa 500 Km Wanderwegen. Die zwei Fernwanderwege E3 und E8 erstrecken sich auf rund 2000 Km auf rumänischem Gebiet. E3 beginnt an der Grenze von Spanien zu Portugal, in Santiago de Compostela, und geht durch mehrere europäische Staaten, darunter auch Rumänien. Der Fernwanderweg endet in Bulgarien, am Schwarzen Meer. E8 beginnt in Irland und geht ebenfalls durch mehrere Länder. Der Endpunkt ist ebenfalls das Meer in Bulgarien, an der Grenze zur Türkei. Der Wanderweg E3 beginnt in Rumänien in Oradea (Großwardein). Er geht durch das Apuseni-Gebirge, führt weiter hinunter durch das Gebirge Poiana Ruscă bis in den Ferienort Semenic hin. Er geht weiter über die Donau nach Serbien, über den Übergangspunkt Porţile de Fier (Eisernes Tor). Dort überschneidet sich der Wanderweg E3 mit dem europäischen Fernwanderweg E8. Letzterer kommt aus der Ukraine nach Rumänien. Hierzulande geht er von Sighetul Marmaţiei aus, schneidet sich die Bahn weiter durch die Ost- und die Südkarpaten und erreicht letztendlich das Apuseni-Gebirge. Der E8 verlässt unser Land ebenfalls über den Grenzpunkt Porţile de Fier. Einen Teil des Fernwanderwegs E8, der durch Europa geht, haben wir abgesondert als Via Karpatica definiert. Diesbezüglich haben wir eine Partnerschaft mit Wandervereinigungen aus Österreich, Tschechien, der Slowakei, Polen, der Ukraine und Serbien abgeschlossen. Wir haben zusammen die Strecken, die durch die Karpaten gehen, in den jeweiligen Ländern identifiziert und als Teil der Via Karpatica definiert. Darüber hinaus wählten wir zwei Mitglieder unserer Wandervereinigung aus, die den gesamten Wanderweg zu Fuß zurücklegten, von Serbien bis nach Österreich. Wir sind daran interessiert, die Standards in anderen Ländern kennenzulernen, um uns daran anzupassen. Die Via Karpatica kann zu Fuß zurückgelegt werden. Zum Übernachten gibt es Almhütten entlang der Strecke. Oder die Wanderer können zelten.“
Das Projekt wurde durch Mittel aus dem Schweizer Beitrag an die erweiterte EU kofinanziert, so Marcel Şofariu. Er lieferte uns einige Informationen auch zum aktuellen Zustand der Wanderwege in Rumänien:
Sämtliche Wanderwege sind derzeit für Wanderer zugänglich. Dennoch werden die Wanderwege nicht so stark benutzt. Es gibt nämlich eine gewisse Zurückhaltung in Bezug auf die neu eingerichteten Wanderwege am Rande der EU. Die Wanderer, die sich dazu wagen, sind allerdings bekannte Blogger. Sie werden von zahlreichen Internetnutzern und Bergliebhabern verfolgt. Somit erfahren viele Leute, wie schön unser Land ist und wie gastfreundlich die Rumänen sind. Hoffentlich erfahren sie auch, wie gut unsere Weginfrastruktur ist. Diesbezüglich gibt es noch Mängel zu beheben, aber wir bemühen uns stark in dieser Hinsicht. Doch gut ausgestattete Wanderer dürften auf keine zu großen Schwierigkeiten stoßen.“
Für eine Fernwanderung sollte man einen Monat, sogar anderthalb Monate einplanen. Dazu wagen sich Touristen aus verschiedenartigen Touristenkategorien, so unser Gesprächspartner:
Manche nehmen sich vor, einmal im Leben so eine Fernwanderung zu unternehmen. Letztes Jahr ging zum Beispiel ein Amerikaner in der Türkei los und wanderte bis nach Portugal. Er ist auch durch Rumänien gewandert. Wir waren ständig in Verbindung mit ihm. Er wird auch ein Buch über seine Erfahrung schreiben. Heuer hat eine Deutsche etwa 45.000 Km zurückgelegt — alles nur Fernwanderwege. Sie wanderte über 4 Kontinente. Rumänien war auch für sie eine Neuigkeit. Und sie will ebenfalls einen Reiseführer darüber schreiben. Eigentlich lebt sie davon. Sie wandert durch weniger bekannte Orte und schreibt im Nachhinein Reiseführer, in denen sie ihre Erfahrungen mit einbringt. Derzeit wandert ein Belgier durch Rumänien. Er hat den Wanderweg E3 eingeschlagen und ist nun irgendwo bei Cheile Nerei (dt. Nera-Klamm). Mittlerweile hat es auch geschneit, doch er ist gut ausgestattet. Winterbedingungen sind allerdings eine zusätzliche Herausforderung. Wir befinden uns in ständigem Kontakt mit ihm, er ist in Sicherheit.“
An der Grenze zu Rumänien gehen zwei weitere europäische Fernwanderwege vorbei — der E4 und der E7. Sobald die entsprechenden Wanderwege in Rumänien eingerichtet werden, könnten auch diese an das europäische Netzwerk der Fernwanderwege angeschlossen werden.