Mikrobiologie-Experimente für Jugendliche: „Malen mit Bakterien“
Malen mit Bakterien“ ist ein Projekt der Universität Sapientia in Miercurea Ciuc, das den Jugendlichen die bösen Mikroorganismen aus einer anderen Perspektive zeigen will.
Ana-Maria Cononovici, 20.07.2017, 17:30
Heute möchten wir Sie zu einem Experiment auffordern. Haben Sie jemals daran gedacht, sich als Maler zu versuchen? Haben Sie wiederum daran gedacht, dass Ihre Werkzeuge, mit denen Sie als Maler arbeiten, Bakterien sein konnten? Vermutlich nicht. Dennoch fand im Labor der Universität Sapientia in der Stadt Miercurea Ciuc (ung. Csíkszereda, dt. Szeklerburg) zum zweiten Mal in Folge ein interessantes Vorhaben statt. Die Initiatoren des Projektes nahmen sich vor, Gymnasiasten für das interessante Vorhaben heranzuziehen. Im Rahmen des Projektes schafften die Jugendlichen Gemälde“ mit Hilfe von Bakterien. Es war eine gute Gelegenheit, um auch die gute Seite der Mikroorganismen kennenzulernen.
Dr. István Máthé ist Dozent und arbeitet in der Abteilung für Bioingenieurwissenschaft an der Universität Sapientia in Miercurea Ciuc. Er erzählte uns, wie es zum Projekt kam:
Vor knapp 10 Jahren nahm ich an einer internationalen Konferenz teil. Ich sah damals das Logo eines Pharmaunternehmens, das mit Hilfe von Bakterien geschaffen worden war. Und so kam ich auf die Idee. Ich experimentierte das Malen mit Bakterien mit meinen Studenten im Labor. Sie zeigten sich begeistert von der Idee und so kam unsere Initiative zustande.“
In einem ersten Schritt erhielten die am Projekt beteiligten Jugendlichen weiße Blätter. Darauf konnten sie mit Bleistift eine Skizze entwerfen, so István Máthé. Danach legten sie die entworfene Skizze unter die durchsichtigen Petrischalen und begannen die Bakterien nach dem gewünschten Umriss auszusäen. Die lebenden Gemälde“ werden erst zwei Tage nach der Aussaat sichtbar. Die verwendeten Bakterien beinhalten unterschiedliche Farbpigmente. Mit der Zeit vermehren sich die Bakterien und so entsteht das Gemälde. Die meisten Bakterien, die eingesetzt werden, tragen zum Abbauen organischer Stoffe im Boden bei. Die entstandenen anorganischen Stoffe können im Nachhinein von Pflanzen bei der Photosynthese verwendet werden. Mehr Einzelheiten dazu bringt Dr. István Máthé:
Wir haben mehrere Petrischalen aus Glas, in denen unterschiedlich gefärbte Bakterien ausgesät werden können. Die Bakterien vermehren sich im Nährmedium, in dem sie ausgesät wurden. Nach zwei Tagen werden sie sichtbar. Am Anfang können nur ein paar feine Linien erkannt werden, das Gemälde für sich ist noch nicht sichtbar. Nach ein paar Tagen entwickeln sich die Kreationen aus dem gegebenen Nährmedium heraus.“
Eines der Projektziele war, den Schülern zu zeigen, wie wichtig die Bakterien in unserem Alltag sind, so unser Gesprächspartner, der noch Folgendes hinzufügte:
Wir wollten erstmals die Studenten und danach die Schüler ins Mikrobiologielabor einladen, um ihnen die gute Seite der Mikrobiologie zu zeigen. Denn nur wenige wissen, dass wir täglich Milliarden von Bakterienzellen verwenden — in der Milchindustrie, bei der Brotherstellung, in der Alkohol-, Pharma- oder Kosmetikindustrie. Als Kinder lernen wir, dass die Bakterien schlecht seien, dass wir die Hände waschen müssen, um sie loszuwerden. Wir wollten den Jugendlichen zeigen, dass mit Bakterien gearbeitet werden kann, dass es auch eine gute Seite daran gibt.“
Die Initiative Mit Bakterien malen“ wurde dieses Jahr schon zum zweiten Mal umgesetzt. Die Anzahl der Teilnehmer legte im Vergleich zum Vorjahr zu:
Letztes Jahr beteiligten sich 188 Schüler aus Miercurea Ciuc, heuer machten 230 Schüler der 12. Klasse aus unserer Stadt mit. Es handelt sich vielmehr um eine künstlerische Initiative, doch wir unterhielten uns mit den Schülern auch über Wissenschaft. Wir erklärten ihnen, was für eine Rolle die Bakterien in unserem Leben spielen. Der Grundgedanke dabei war, uns mit den Bakterien anzufreunden. Die Kunstwerke waren sehr vielfältig. In der Tat haben wir es mit kurzlebigen Kreationen zu tun. Sie können nur ein paar Tage betrachtet werden, dann müssen sie sterilisiert werden. Denn die Bakterien sterben sowieso und dann gehen auch die Gemälde verloren. Die Schüler wählten ganz unterschiedliche Themen für ihre Kunstwerke — Naturlandschaften, Bildnisse, volkstümliche Motive, Pflanzen, Tierdarstellungen. Die Phantasie der Schüler kennt keine Grenzen.“
Rund 500 Petrischalen, die das geeignete Nährmedium beinhalteten, verwandelten sich in Gemälde“. Dr. István Máthé freut sich, ein originelles Projekt ins Leben gerufen zu haben:
Es ist eine einmalige Initiative landesweit. In den großen Labors der Welt wird mit Bakterien gemalt. Einzigartig ist allerdings, dass wir hunderte Schüler daran beteiligten. Das Ergebnis war eine Ausstellung von 450 solchen Kunstwerken. Und das ist unserer Ansicht nach einmalig!“
Dieses Jahr nahm zum ersten Mal am Projekt auch ein Maskottchen teil. Es handelt sich um Sapibacillus, eine stilisierte, nette und freundliche Bakterie, die die jungen Maler bei ihrer Arbeit überwachte und unterstützte. Das Plüsch-Maskottchen wurde von Studenten entworfen. Es ließ sich freundlicherweise mit allen Teilnehmern fotografieren. Die von den Schülern in Miercurea Ciuc geschaffenen Kunstwerke wurden durch eine Jury, gebildet aus Vertretern der Universität, beurteilt. Die vergänglichen Kunstwerke konnten für ein paar Stunden im Flur der Universität bewundert werden. Die besten Kunstwerke wurden ausgezeichnet, Die Gewinner erhielten Preise — Diplome und Fachbücher sowie Belletristik.
Zum Schluss sterben die Kunstwerke. Die Petrischalen werden ausgewaschen. Sie sollen im kommenden Jahr wieder das Nährmedium für neue Gemälde anbieten.