Themen-Café: Chef-Draisine übernimmt die Bestellung
Eine Spielzeugeisenbahn lässt viele Kinderherzen und auch die Herzen ihrer Eltern höher schlagen. Ein junger Unternehmer aus Bukarest hat es geschafft, mit Hilfe seiner Lieblingsspielsachen ein erfolgreiches Geschäft auf die Beine zu stellen.
Ana-Maria Cononovici, 19.02.2015, 17:45
Ein Kindheitstraum wird zur Wahrheit: Man kann als Erwachsener mit Spielzeugeisenbahnen Spaß haben und auch seinen Lebensunterhalt damit verdienen. Anfang Februar eröffnete der Bukarester Unternehmer Mihai Crăciun das Café La Trenuleţe“ (dt. Zu den Spielzeugeisenbahnen“), wo jeder Tisch eine Eisenbahnstation ist und die Gäste mit einer Draisine und mehreren Lokomotiven bedient werden. Im Internet finden Sie das Café unter www.latrenulete.ro Wir fragten Mihai Crăciun, wie er auf diese ausgefallene Idee gekommen ist:
Alles begann mit meiner Kindheitsleidenschaft für elektrische Spielzeugeisenbahnen; als Erwachsener gründete ich im Jahr 2000 eine kleine Firma, einen Versand für elektrische Modelleisenbahnen, besondere Sammlerstücke. Wegen der Wirtschaftskrise von 2009 brach der Markt zusammen, und wir fragten uns, was wir noch tun könnten. Wir hatten Erfahrung in diesem Bereich, die Modelleisenbahnen haben wir immer selbst hergestellt, und wir hatten auch unsere eigenen elektronischen Kontrollsysteme und Software entwickelt. So sind wir auf die Idee eines Lokals mit Lok-Bedienung gekommen. Vor einigen Jahren machten wir einen ersten Versuch, mit einem kleinen Lokal, wo die Bedienung ausschließlich mit Modelleisenbahnen erfolgte — vom Bestellen bis zum Hinbringen der Produkte.“
Was erleben die Gäste in dem Café Zu den Spielzeugeisenbahnen“? Mihai Crăciun bringt weitere Details:
Die Gäste setzen sich an die Tische, und an den Tischen gibt es Kassetten mit mehreren Knöpfen. Jeder Tisch trägt den Namen einer echten, bekannten Eisenbahnstation, vom Prahova-Tal oder von der Schwarzmeerküste. So entsteht eine angenehme Atmosphäre, die Gäste fühlen sich wie auf einer Reise, sie entspannen sich. Man fühlt sich ganz gut, wenn man sagt: ‚Heute habe eine Limonade oder einen Kaffee in Sinaia getrunken‘ — es ist, als wäre man für eine Weile weg von Bukarest. Der Gast setzt sich an seinen Tisch in Predeal, drückt auf den roten Knopf, um die Bestellung abzugeben, und schnell erscheint ein kleines Bahndienstfahrzeug, eine Draisine, die die Bestellung annimmt. Man bestellt ganz einfach auf Fahrkarten mit Hilfe einer Schaffnerzange — man stanzt auf der Liste, was man sich wünscht, und legt die Fahrkarte auf die Draisine, die schnell zur Bar fährt. Der Barkeeper macht die Bestellung fertig und stellt sie auf eine andere Modelleisenbahn, eine Lokomotive, die die Getränke zum jeweiligen Bahnhof transportiert. Das Ganze läuft komplett automatisch.“
Nachdem der Gast mit Hilfe der Chef-Draisine“ die Fahrkarte abgegeben hat, sagt der Eisenbahn-Disponent dem Barkeeper bescheid, dass er die Bestellung fertig machen soll, und stellt dann die Getränke auf eine Gütereisenbahn, die am entsprechenden Tisch (eigentlich Eisenbahnstation) hält und das Gewünschte liefert. Wenn die Lokomotive an einem Bahnhof vorbeifährt, ohne anzuhalten, dann ist die Bestellung für einen anderen Tisch. Die Gäste werden gebeten, die Produkte auf den Waggons erst anzufassen, wenn der Zug zum Stillstand gekommen ist. Ansonsten könnten die Züge entgleisen. Wie auf einem echten Bahnhof, kann man die Waggons nicht während der Fahrt entladen. Nachdem der Gast seine Bestellung vom Zug abgeladen hat, gibt er mit einem Druck auf den grünen Knopf der Tischkassette das Kommando zum Wegfahren. Wenn man wieder bestellen möchte, drückt man wieder auf den roten Knopf, und die Prozedur wird wiederholt. Die Modelleisenbahnen haben eigene Namen. Mihai Crăciun dazu:
Wir nannten die Dampflokomotive »Aburica« (dt. in etwa »Dampfelina«), die große, starke elektrische Lok »Musculosul« (dt. »Muskelprotz«) und eine kleine, schmalspurige Eisenbahn ist »Fâşneaţa« (dt. »Die Wuselige«). Die Draisine, die die Bestellungen entgegennimmt, ist unsere »Chef-Draisine«. Wenn die Gäste die Tür aufmachen und in unser Café hereinkommen, ist ihre erste Reaktion ein breites Lächeln — und das freut uns ganz besonders. Bei uns herrscht eine positive Atmosphäre, alle sind entspannt und fühlen sich wohl. Unser Lokal ist immer voll, demnächst müssen wir noch ein Café mit demselben Modelleisenbahn-System eröffnen und im Sommer werden wir auch eine Terrasse aufmachen.“
Das Café La Trenulete“ (Zu den Spielzeugeisenbahnen“) ist der richtige Platz für alle, die in ihren Herzen noch Kinder geblieben sind, sagte uns Mihai Crăciun:
Anfangs dachten wir, unsere Gäste würden meistens Kinder und Jugendliche sein, aber das war nicht so; wir haben festgestellt, dass Menschen jeden Alters gern in unser Café kommen. Alle schätzen das interaktive Mitspielen und die Erinnerung an die Kindesjahre. Die Modelleisenbahnen sind Standardmodelle für den Außenbetrieb, die man im Garten fahren kann. Aber das Schalt- und Kommandosystem haben wir selbst entwickelt, sie sind unsere exklusive Kreation. Wir haben viel daran gearbeitet, damit die Modelleisenbahnen sich genau wie die wirklichen Eisenbahnen bewegen.“
Um die Rechnung zu bezahlen, muss der Gast die Chef-Draisine“ noch einmal abrufen und auf ihren Rücken eine Karte mit der Aufschrift Zahlen, bitte“ legen. Diese Karte muss man nicht mehr stanzen. Die Rechnung bringt dann der Barkeeper, er nimmt das Geld und die Eindrücke über die Qualität der Dienstleistungen entgegen. Die kleinen Loks sind ganz emsig, aber genaue Rechenaufgaben können sie doch nicht bewältigen.