„Hommage an die kleinen, anonymen Helden“: Regisseur Mavrodineanu über seinen Dokumentarfilm „Caisă“
Caisă – das heißt auf deutsch Aprikose, aber nicht um Obst geht es heute, sondern um den gleichnamigen Dokumentarfilm von Alexandru Mavrodineanu. Die Produktion dreht sich um den jungen Boxer Cristian Palcuie – Spitzname Aprikose – und seinen Trainer.
Corina Sabău, 03.08.2019, 17:30
Der Film wurde zum ersten Mal beim Transilvania International Film Festival 2018 gezeigt und gewann den Preis für den besten rumänischen Film beim Astra Film Festival in Sibiu (Hermannstadt). Der Film eröffnet eine beunruhigende Perspektive auf die rumänische Gesellschaft und stellt einen Menschen im Mittelpunkt, der die allgemeine zynische Haltung ablehnt und jungen Menschen Zuflucht und eine Chance bietet“, so die Motivation der Jury beim Astra Film Festival. Die Produktion ist auch bei der Gopo-Filmgala, auf der rumänische Filmpreise verliehen werden, als beste Dokumentation von 2018 ausgezeichnet worden.
Der Dokumentarfilm zeigt auf spannende Weise die unberechenbare Beziehungen zwischen dem Boxtrainer Dumitru Dobre und seinem besten Schüler, dem 13-jähigen Cristian Palcuie alias Aprikose. Dobre, am Ende seiner Karriere, trainiert in einer Sporthalle am Stadtrand von Bukarest Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnisse und will ihnen zur Juniormeisterschaft helfen. Er ist schwer enttäuscht, aber hartnäckig und investiert seine Hoffnung in den talentierten jungen Boxkämpfer. Der Regisseur Alexandru Mavrodineanu erzählt bei RRI, wie es zu dieser emotionalen Geschichte kam und was es bedeutet, einen Dokumentarfilm von Null auf zu drehen — ohne Filmcrew und ohne Finanzierung. Mavrodineanu sagt, dass der Film unterschiedlich rezipiert wurde.
Die Dokumentation wurde vielfältig ausgelegt — einige Zuschauer sahen in erster Linie das soziale Drama, aber ich freue mich, dass das Publikum größtenteils den Film als menschliche Story aufgenommen hat, was auch meine Absicht war. Als Hommage an die kleinen, anonymen Helden, die um uns herum jeden Tag ihre Arbeit erledigen. Sie sind für mich eine Quelle der Inspiration und jedes Mal, wenn ich an einen Film denke, gehe ich in diese Richtung. Ein solcher Held ist für mich Trainer Dobre, die Hauptfigur.“
Filmemacher Alexandru Mavrodineanu hat mit den Dreharbeiten schon 2013 begonnen, gleich nach dem er einen Film über einen Segelflugzeugpiloten fertig hatte. Er plante kein neues Projekts, aber das Leben spielt eben so: Der Regisseur traf Dobre und seinen Schüler und wollte ursprünglich eine Story zur Überwindung der eigenen Umstände aus der Sicht des jungen Boxers drehen. Aber nachdem er schon 350 Stunden Filmmaterial hatte, erkannte Mavrodineanu, dass die zentrale Figur der Trainer ist, der sich jedes Mal emotional einbringt und riskiert, seinen gesamten Einsatz zu verlieren. Der junge Caisă wäre nicht der erste gewesen, der eines Tages das Handtuch wirft und die Boxhandschuhe an den Nagel hängt.
Ich habe Dobre und Caisă am ersten Tag kennengelernt, als ich meine Fitnesshalle wechselte. Sie haben mich bezaubert und ausgetrickst und ich habe mich Hals über Kopf in dieses Abenteuer gestürzt. Ich hatte keine Ahnung, wie ich zu einer Finanzierung komme, zu einer Crew. Aber diese schöne Beziehung zwischen den beiden hat mich so beeindruckt, dass ich zur Kamera griff und einfach losdrehte.“
Nach nur wenigen Tagen erkannte er, dass die Protagonisten sich sehr gut vor der Kamera machen, was für einen Dokumentarfilm ausschlaggebend ist. Denn die Story kann noch so gut sein, wenn die Figuren keine Gefühle vermitteln, erreicht man das Publikum nicht. Mavrodineanu drehte wie besessen, die Geschichte ließ ihn einfach nicht mehr los, obwohl er immer wieder auch das Gefühl hatte, Unnötiges zu drehen. Der Film hat eine Dramaturgie wie bei einem Fiction-Spielfilm und das — findet der Filmemacher — war ein weiterer Grund dafür, dass er so gut beim Publikum ankam. Auch bei einem Dokumentar reicht es nicht aus, Figuren und die Story so einfach zu zeigen — man braucht eine Handlung, um die Zuschauer zu halten. Mavrodineanu gelang das diesmal so gut, dass es ein Riesenhit wurde.
Bei keinem anderen Film kamen solche Reaktionen. Und alles war von unterschiedlichen Aspekten bestimmt — ich habe begriffen, dass dieser Dokumentarfilm so ist, dass er die Emotionen im Zuschauer anspricht und das Schönste an die Oberfläche bringt. Und das erfüllt mich am meisten. Als Filmemacher freut dich eine günstige Rezension, weil sich das auch in der Branche herumspricht und wir die Chance bekommen, auch mal einen neuen Film zu machen. Aber der wahre Grund, Filme zu machen, ist, das Publikum anzusprechen. Wir wollen eine Wirkung sehen.“