„Stage Dogs“: Bühnenstück reflektiert über Selbstzweifel der Schauspieler
Schauspieler zu sein, ist eine wunderbare Tätigkeit. Schrecklich. Großartig. Lächerlich. Gewaltig. Fürchterlich. Erhaben. Peinlich.“ Das Zitat stammt von Florin Piersic Jr., der als Regisseur und Schauspieler für die Inszenierung verantwortlich ist.
Luana Pleşea, 11.08.2018, 17:45
Das Stück Stage Dogs“ stellt die erste Begegnung auf der Bühne zweier begnadeter, sehr bekannter und charismatischer Schauspieler dar: Marcel Iureş und Florin Piersic Jr. Und Stage Dogs“ ist eine Produktion des Bukarester Theaters Akt“, des ersten unabhängigen Theaters mit eigener Bühne in Rumänien nach 1989. In diesem Jahr feiert das Theater zwei Jahrzehnte seit seiner Gründung. Inspiriert von David Mamets Ein Leben im Theater“ öffnen die Bühnenstars“ die Tür zu den Kulissen der Theateraufführung.
Bringe den Menschen Freude. Bring sie zum Weinen, bring sie zum Lachen, nimm sie mit in weite Ferne, lass sie vergessen. Aber lüg sie nie an!“
Diese Worte, geschrieben von Piersic Jr., werden von Marcel Iureş am Ende der Aufführung gesprochen und hinterlassen eine starke Wirkung beim Zuschauer, der sie wohl nicht mehr so leicht vergessen wird. Wir fragten Marcel Iureş, wie leicht oder schwer es für einen Schauspieler ist, das Publikum nicht zu belügen.
Niemand weiß es. Es gibt viele, die so tun, als ob. Sogar hier machen sie etwas vor, aus ihrem Bedürfnis heraus, Dinge zu klären, eine Schlussfolgerung zu äußern, als Künstler halt etwas Gescheites zu sagen. Aber es ist eine Arbeit ohne Schlussfolgerungen. Was ich an dieser Aufführung faszinierend finde, so wie sie Florin konzipiert hat und wie wir sie spielen, ist die Tatsache, dass ein Licht in diesem dunklen Graben aufgeht. An einem Rand steht das Bedürfnis des Menschen, Legenden zu schaffen, zu erfinden. Es gibt viele Geheimnisse, die mehr oder weniger gerechtfertigt sind, und deine eigene Berühmtheit als Schauspieler, der eigene Bekanntheitsgrad. Das eine hat mit dem anderen nicht unbedingt etwas zu tun. Wie Florins Text in der 9. Szene lautet: Wir steigen wie bemitleidenswerte Schizophrene auf die Bühne, wir zittern aus allen Gliedern, unsere Sicherungen brennen durch und die DNA fließt uns aus den Adern auf der Bühne… Wir haben den Eindruck, dass wir jemand sind, weil wir uns als jemand anders ausgeben. Wir zittern wie ein Pudding und erleiden nur ein paar kleine Herzanfälle, aber wir erleiden sie jeden Abend, an dem wir auf die Bühne steigen. Eigentlich verspüren wir stets eine riesige Angst.“
Der Text in Stage Dogs“ ist als Geschichte aufgebaut, die der Beziehung zwischen einem als Star gefeierten etablierten Schauspieler und einem Nachwuchs-Schauspieler folgt. Aber welche Bedürfnisse, welche Wünsche, welche Suche nach dem höheren Sinn führen dazu, die Show des Lebens in den Kulissen eines Theaters zu offenbaren? Der Regisseur Florin Piersic Jr. hat das Wort:
Es sind Dinge, die auf der Bühne dargestellt werden, um einen bestimmten Bereich des Theaters zu besänftigen, den Bereich, in der die Darsteller einen Sockel erklettern, dann dort stehen und von oben auf dich herabschauen. Letztlich sind das auch nur Menschen. Und es ist gut, sich daran zu erinnern. Weil die Magie des Theaters doch funktioniert, es hängt davon ab, wie man das Licht setzt. Es hängt von vielen Dingen ab. Aber Schauspieler sind sehr fragile und oft unglückliche Menschen, mit echten, normalen Problemen im Gepäck, dazu noch haben sie ganz viele eingebildete Probleme. Das sind die Probleme aus ihren Rollen, die sie immer mit sich herumtragen. Und das macht sie auch besonders. Aber ich denke, es war notwendig, bestimmte Dialoge in das Stück einzubauen, einige Texte, die das Gleichgewicht herstellen. Weil eine gewisse Art von überschwänglicher Begeisterung ich nicht unbedingt für gesund halte. Ich beziehe mich hier auf die Begeisterung der Zuschauer gegenüber den Schauspielern. Ok, die Ausstrahlung eines Schauspielers gibt es, eine Art Übermensch. Dieser Eindruck entsteht schon, aber alle sind doch nur Menschen. Und das ist eigentlich, was in dieser Aufführung präsentiert wird.“
Mit Marcel Iureş und Florin Piersic Jr. sprachen wir nach der Aufführung beim Internationalen Theaterfestival in Arad — es war etwa die zwanzigste nach der Premiere im März. Stage dogs“ füllte den großen Saal des Klassischen Theaters Ioan Slavici“. Und jedes Mal sind bei dieser Aufführung alle Plätze ausverkauft. Darf man sich da fragen, ob die Leute nur deshalb kommen, um die beiden Schauspieler zu sehen oder ob der Text auch zu ihren Herzen vordringt? Florin Piersic Jr. berichtet von den eigenen Zweifeln.
Ich musste irgendwann darüber nachdenken, wen das Stück interessieren würde. Werden vielleicht nur Schauspielerkollegen daran interessiert sein? Oder die Theaterwissenschaftler, die Kritiker? Und jetzt beginne ich zu entdecken, dass diese verborgene Welt, die Kulissen- und die Kabinenwelt immerhin interessant sein könnten, solange sich die Leute mit diesen Schauspielern identifizieren. Sie erkennen bestimmte Erfahrungen in ihnen. Und ich sage, ja, das ist möglich. Und auch die Selbstironie funktioniert als eine sehr gute Waffe in der Aufführung.“
Wenn Stage Dogs“ uns schon die Tür zur Schauspielerkabine geöffnet hat, wollten wir uns zum Schluss auch in den Backstage-Bereich der Proben für das Stück begeben, um herauszufinden, wie Florin Piersic Jr. und Marcel Iureş miteinander ausgekommen sind.
Was bei den Proben unglaublich war und sich nun in der Aufführung widerspiegelt, ist, dass wir immer dieses heilende Gelächter erlebt haben, mit Geschichten, die wir uns gegenseitig erzählt haben, Dinge, die in diesen Zusammenhang passten, die davon zeugten, wie menschlich und profan sie tatsächlich sind, die Schauspieler. Wir haben über so viele Dinge gesprochen und haben das so sehr genossen! Und das hilft jetzt, denn die Aufführung ist, denke ich, zum Großteil eine Komödie. Und es ist gut, das zu wissen. Ich glaube nicht an Dramen ohne eine ein Quäntchen Komödie. Genauso wie im Leben.“ — berichtet Florin Piersic Jr. Und Marcel Iureş ergänzt:
Es war eine Erfahrung, eine Begegnung, kein Aneinandervorbeigehen. Man kann eine Beziehung nachahmen und ruinieren, um den Ruhm zu bewahren, die Legende. Es ist eine Dummheit. Die Vorstellung, sich an diesen Krieg der Berühmtheiten zu klammern, ist schrecklich. Daran glaube ich nicht. Ich glaube, im Gegenteil, an eine Auflösung, denn schließlich lösen wir uns voneinander oder einer in den anderen auf. Es klingt ein bisschen grandios, aber die Anstrengung geht in diese Richtung. Das ist die grundlegende Anstrengung der Schauspieler, wenn sie aufeinandertreffen. Diese Zusammenarbeit bedeutet genau das: sich die Hand reichen zu können, einander zu verstehen und sich nicht schämen oder falsche Keuschheit verspüren. Wir im Theater arbeiten völlig nackt. Gut, diejenigen, die das können…“