Musikalische Neuerscheinungen im Rundfunkverlag „Casa Radio“
Nigelnagelneue Alben für Musikliebhaber: Während des George-Enescu-Festivals hatte der Verlag Casa Radio“ die neuesten Musik-CDs präsentiert. Dabei standen rumänische Komponisten und Interpreten im Vordergrund.
Corina Sabău, 25.11.2017, 17:30
Eine der Neuveröffentlichungen des Verlags Casa Radio“ während des Festivals war dem großen Komponisten selbst gewidmet: George Enescu — Compozitor“ — eine Doppel-CD, die vier seiner bekanntesten Sinfonien umfasst: Die 3. Sinfonie, die sinfonische Dichtung Isis“ sowie die Sinfonien Nummer 4 und 5. Die Aufzeichnungen stammen aus den 90er Jahren und werden von hochkarätigen Künstlern dargeboten. Das sind die Dirigenten Horia Andreescu, Camil Marinescu und Corneliu Dumbrăveanu, der Tenor Florin Diaconescu, das Nationale Rundfunkorchester und der Akademische Chor des Rundfunks.
Ein weiteres Highlight unter den Neuerscheinungen war Breviarium Enescu“ (bestehend aus einem Buch und vier CDs) von Pascal Bentoiu. Es handelt sich um eine Exegese des Werkes von Enescu in einem attraktiven Format und einer wunderschönen Sprache des wohl bekanntesten Enescu-Experten. Die Auslegungen und Kommentare des Komponisten und Musikologen Pascal Bentoiu stammen aus dem Jahr 2005, veröffentlicht zum Anlass des 50. Todestages Enescus, erzählt Tiberiu Comandaşu, Musikredakteur des Verlags Casa Radio.
Es sind Sendungen des Musiksenders Radio Romania Muzical, mit denen sich die Redaktion vorgenommen hatte, einen Überblick über die Entwicklung des Komponisten Enescu zu vermitteln. Auch mit dem Versuch, das Gesamtwerk Enescus wiederzugeben. Die Kommentare sind umso interessanter, da sie in einer sehr zugänglichen Sprache gemacht werden, auch wenn sie sehr gut argumentierte Musikthesen beleuchten. Das heißt, das breite musikliebende Publikum kann sie verstehen, auch ohne besondere Fachkenntnisse. Und dieses Angebot richtet sich nicht nur an das rumänische Publikum, sondern auch an das englischsprachige Publikum, das ist ein zusätzlicher Grund für eine Verbreitung der Arbeit auch im Rahmen weitreichender Projekte zur rumänischen Kultur. Wer den Band kauft, wird in der Beschreibung und der Stimme Pascal Bentoius umso mehr seine persönlichen Erlebnisse zu schätzen wissen, denn Bentoiu war bei einigen von Enescu selbst dirigierten Aufführungen im Athenäum zugegen. Und in dem Band werden auch jene Momente erwähnt — aus der Perspektive eines Augenzeugen.“
Als Exeget des Werks von Enescu hat Pascal Bentoiu auch die Partituren der unvollendeten Sinfonien Nr. 4 und 5 von George Enescu orchestriert. Dem Publikum wurden sie zum ersten Mal im Rahmen des Festivals von 1998 dargeboten, interpretiert vom gleichen Orchester und mit den Dirigenten Corneliu Dumbrăveanu (für die 4. Sinfonie) und Horia Andreescu (für die 5. Sinfonie). Bei der letzteren wirkte auch der Frauenchor des Rundfunks unter der Leitung von Aurel Grigoraş und mit dem Tenor Florin Diaconescu als Solist mit.
Ferner rekonstruierte Bentoiu nach Skizzen Enescus vokal-sinfonisches Poem Isis“. Tiberiu Comandaşu, Musikredakteur des Verlags Casa Radio“, betont im Interview mit unserer Kulturredaktion die Hauptmerkmale des Bandes Enescu-Breviarium“:
Der einführende Teil ist freundlich, mit knappen Texten, die aber einige Grundprinzipien der Musik hervorheben, so dass Enescu-Liebhaber auch Zugang zur Grundtheorie des Werks bekommen. Im Band sind auch Stimmungselemente und Hintergrundinfos enthalten. Ein Beispiel dreht sich rund um die Aufführungen der Oper »Oedip« im Rahmen des Enescu-Festivals von 1958. Anfang Oktober 1958, nach einigen ruhmreichen Aufführungen beim ersten Enescu-Festival, fand die offizielle Premiere der Oper »Oedip« statt, in Anwesenheit des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, allen voran der schreckliche Gheorghe Gheorghiu Dej. Pascal Bentoiu erzählt etwa, dass er sich daran erinnern kann, dass die armen Musiker, Komponisten, Kritiker und andere Schlachttiere geopfert wurden und ins Exil mussten — in den letzten hinteren Balkon des Opernsaals. Die vorderen Sitzreihen waren von den Parteibonzen und den Securitate-Leuten besetzt. Während die Stimmung bei der vorangegangenen Aufführung wirklich feierlich gewesen war, mit Gästen wie Yehudi Menuhin, David Oistrach, Nadia Boulanger, war es jetzt richtig frostig. Die Genossen verstanden nicht so richtig, worum es ging und unser Beifall aus dem zweiten Balkon war nicht sehr stark zu hören. Kurzum: Es hat ihnen nicht gefallen, es hat sie gestört, sie geärgert. Vor allem wegen der Anspielungen auf die Götter im vierten Akt wurden sie richtig böse; dass es zuvor auch nur um Gottheiten gegangen war, hatte sie nicht gestört. Sie wurden aber böse wegen der Idee einer endgültigen Aussöhnung, der ausgelöschten Schuld, des Vergebens, der Vermehrung des Guten im Menschen. Und so wurde die Aufführung am Ende verboten. Einige skrupellose Verbrecher verhängten ein Verbot gegen das Meisterwerk der rumänischen Musik. Und so blieb das Werk für weitere zwei drei Jahre verboten, bis man das Libretto an einigen Stellen änderte; auf den ausdrücklichen Wunsch des mutigen Mihai Brediceanu hin war die Wiederaufnahme der Aufführung auf einmal möglich. Aber es war eine amputierte, banalisierte Oper, aufgrund der lächerlichen Änderungen im Libretto. Und da haben sie eine Beschreibung der Stimmung anlässlich der ersten Aufführungen von Enescus »Oedip« in Rumänien.“
Das Werk von Enescu wird auch in einem weiteren Album verwertet, das unlängst beim Casa-Radio-Verlag erschien. Eines der zwei Werke auf der CD Marin Cazacu — Dvořák, Enescu“ ist die Konzertsinfonie Op.8 für Cello und Orchester. Diese beleuchtet die romantische Seite Enescus, vor allem in der inspirierten Interpretation des bekannten Cellisten Marin Cazacu und des Nationalen Rundfunkorchesters unter der Leitung von Horia Andreescu von 1995.