Rumänien im herbstlichen Theaterfieber
Mit improvisierten Aufführungen in Bukarest und einem internationalen Festival im siebenbürgischen Turda begann die neue Theatersaison.
Corina Sabău, 23.09.2017, 17:30
Ein spannendes Event war die 5. Ausgabe des !MPRO — kurz für Festival des improvisierten Theaters. 75 Darsteller, 17 Stücke, 8 Workshops und Konferenzen unter der Marke !MPRO Talks standen unter dem Konzept Geschichten mit uns“. Die Veranstaltung fand statt im Nationalen Bauernmuseum. Kreationsdirektorin Monica Anastase erzählt über den Mumm, den jemand in den Knochen haben muss, um ein solches Festival zu organisieren:
Wir hatten Angst, und sie sitzt immer noch. Aber eine der Definitionen für Mut ist, etwas zu tun und dabei die Angst zu überwinden. Und wenn wir auf die Bühne steigen und keine Ahnung haben, wie alles ausgeht, leben wir mit diesem Risiko, uns auf eine Weise zu offenbaren, die wir nicht 100% kontrollieren können. Aber es ist wunderbar, dass die Zuschauer sich auf dieses Spiel einlassen, weil sie uns für diesen Mut bewundern. Beim improvisierten Theater klappt nicht immer alles wie am Schnürchen wie beim klassischen Theater, aber die Leute wissen es zu schätzen, wenn sich die Schauspieler ins Unbekannte begeben. Natürlich gibt es Regeln, aber abseits dieser Regeln ist bei der Improvisation alles offen. Nicht alles ist Chaos, aber wir kontrollieren nicht den gesamten Ablauf. Und eine gute Vorgabe ist auch der Input von den Zuschauern, die uns auch mal auf den richtigen Weg bringen.“
Zu einer Tradition ist inzwischen die Reihe !MPRO TALKS geworden — interaktive Diskussionen über die Umsetzung der Improvisation in verschiedenen kreativen Industrien. Auch die prominente Schriftstellerin Simona Popescu hat die Herausforderung angenommen, freute sich Organisatorin Monica Anastase.
IMPRO TALKS versucht seit letztem Jahr dem Publikum zu zeigen, dass Improvisation nicht nur negativ behaftet ist. Simona Popescu war hochbegeistert, uns entdeckt zu haben, denn sie setzt Improvisationstechnik mit ihren Studenten an der Philologie ein und sie haben 2009 alle zusammen einen Kollektivroman mit dem Titel »Rubik« mithilfe dieser Technik geschrieben. Wir haben auch Gäste aus dem Ausland, und weil es ihnen gefallen hat, sind sie wieder gekommen, und das Festival wird langsam bekannt. Die Improvisationsartisten kannten also das Festival und wussten, dass es ein gutes ist. Wir haben uns für die Auswahl viele Stücke angesehen, auch im Ausland. Wir sind interessiert zu wissen, was dort in Sachen Improvisation alles passiert“.
Die internationale Sektion umfasste drei englischsprachige Stücke mit Improvisatoren von Weltklasse: The Maydays aus Großbritannien führten Liebesgeschichten auf, Dave Morris und Missie Peters aus Kanada improvisierten Poesie und am letzten Abend traten alle in einer Supershow auf.
Weiter weg von Bukarest gab es in Turda (nahe Cluj) ein internationales Festival, das vom Aureliu-Manea-Theater am Ort organisiert wurde. Man bemühe sich um Weltoffenheit, sagt Intendant Cătălin Grigoraş.
Es ist zum ersten Mal, dass in Turda so viel los ist, in konventionellen wie unkonventionellen Räumen, wie zum Beispiel in der früheren Bierbrauerei oder im Salzbergwerk Turda und in der Fußgängerzone der Stadt. Wir haben eine interessante Musicalaufführung aus Ungarn — »The Woman Sitting in the 42nd Seat« — Deutsch soviel wie »Die Frau in Sitz 42«. Und ein Stück vom Teatro dei Venti in Italien, eine fabulöse Straßenshow. Das Theater Nord aus Satu Mare kommt mit einem sehr beliebten Stück — Caragiales »Karnevalstreiben«. Auch aus Polen kamen Theateranstalten. Die Stadtverwaltung hilft, aber nächstes Jahr wird hoffentlich auch die Privatwirtschaft dabei sein. Da sind wir eigentlich zuversichtlich, weil Turda ein Riesenpotenzial für die Besucher hat: Nicht nur die Salzbergwerke sind interessant, sondern auch das Römerlager. Solche Theaterevents rücken diese Orte buchstäblich ins Rampenlicht“.