Tanzaufführungen beim Internationalen Theaterfestival in Hermannstadt FITS 2017
Seit einigen Jahren nimmt der Tanz einen wichtigen Platz im Internationalen Theaterfestival im rumänischen Sibiu ein. Hier stellen wir ihnen die prominentesten Gäste vor.
Luana Pleşea, 29.07.2017, 17:30
Eine argentinische Tanzgruppe, die in den schwebenden Lufttanz innovative Elemente eingeführt hat, und das weltweit berühmte israelische Ensemble Vertigo Dance Company waren einige der Gäste der dem Tanz gewidmeten Sektion des Internationalen Theaterfestivals in der siebenbürgischen Stadt. Die israelische Tanzgruppe Vertigo Dance Company, die einen hohen Anspruch an künstlerische Kreativität stellt, wurde 1992 in Jerusalem von Noa Wertheim und Adi Sha’al gegründet. Das berühmte Ensemble war bereits fünf Mal beim Internationalen Theaterfestival in Sibiu zu Gast, an der 24. Ausgabe nahm es mit zwei Choreographien teil: der feierlichen Aufführung Vertigo 20“, die mit dem Exzellenzpreis für Performance des israelischen Kulturministeriums geehrt wurde, und Yama“, einer aktuellen Aufführung der Choreographin Noa Wertheim. Über die berühmte Aufführung Vertigo 20“ der Tanzgruppe, die dieses Jahr ihr 25. Jubiläum feierte, sagt Noa Wertheim:
Am Anfang wollte ich eine Aufführung schaffen, die Elemente einer Feier erahnen lässt, aber es fällt mir immer schwer, Kunst für Unterhaltung oder ein feierliches Ereignis zu schaffen. Ich bin nicht diese Art von Künstlerin. Jedes Mal versuche ich, zum Kern meiner Schöpfung vorzudringen. Besonders interessant ist für mich das Thema des freien Willens, das ich als Teil meiner Schöpfung betrachte. Ich frage mich selbst oftmals, inwiefern gehören uns die Entscheidungen in unserem Leben, was steht überhaupt in unserer Macht, was können wir kontrollieren und was nicht? Die große Frage steht also in enger Verbindung damit, ob die freie Wahl meine Handlungen wirklich bestimmt. In meinen Aufführungen versuche ich, die feierlichen Momente des Lebens sowie die Zeit und den Raum zwischen Erde und Himmel zum Ausdruck zu bringen. Es handelt sich um abstrakte Plätze, die den Stühlen ähnlich sind, wo man sich setzen kann, ohne dass die Zehen den Boden berühren; der somit geschaffene Raum ähnelt einem Abstellraum zwischen Erde und Himmel. Jedes Mal, wenn wir handeln, betreten wir diese Welt, am Ende gehen wir aber aus dieser Welt als Marionetten heraus, die von Gott und dem Publikum gehandhabt werden.“
Yama“ ist eine Aufführung, die hingegen um ein spirituelles und schwerwiegendes Thema kreist. Noa Wertheim erläutert:
»Yama« steht für Wasser, die Kostüme der Darsteller sind aber schwarz, alles ist schwarz. Laut der Bibel habe Gott am zweiten Tag das Wasser und den Himmel geschaffen. Das haben wir auf der Bühne mit Hilfe einiger Schachteln ausgedruckt, die über unseren Köpfen hängen. Die Schöpfung Gottes bringen wir zudem mit Hilfe fließenden Wassers und der Wellen zum Ausdruck. Es handelt sich um eine explosionsartige Energie, die in chinesischen Kampfkünsten durch den Begriff Fa jin definiert wird. »Yama« ist völlig anders im Vergleich zu »Vertigo 20«. Mit »Vertigo 20« haben wir das 20. Bestehen unserer Tanzgruppe gefeiert, es ist ein Fest für Auge und Ohr, mit »Yama« wenden wir uns hingegen einem tiefgreifenden Thema zu: der spirituellen Hoffnung.“
Auch die Aufführung Horses In the Sky“ der Tanzgruppe Kibbutz Contemporary Dance Company in der Choreographie von Rami Be’er wurde vom Publikum des Internationalen Festivals in Hermannstadt begeistert aufgenommen. Batsheva Dance Company ist die dritte israelische Tanzgruppe, die beim Festival zu Gast war. Die Aufführung Naharin’s Virus“ von Ohad Naharin wurde 2002 bei der Gala New York Dance and Performance Awards“ mit dem Bessie-Preis geehrt. Ohad Naharin hat mit seiner Tanzgruppe eine neue Bewegungssprache, die Gaga-Sprache, entwickelt. Der israelische Tänzer und Choreograph ist einer der sechs Künstler, die dieses Jahr mit einem Stern auf der Ruhmesmeile in Sibiu ausgezeichnet wurden.
Die dem zeitgenössischen Tanz gewidmete Sektion der Festspiele brachte dieses Jahr auch eine argentinische Tanzgruppe nach Sibiu, es handelt sich um das Ensemble Brenda Angiel Dance Company. Die Choreographin hat 1994 die Tanzgruppe gegründet, die ihren Namen trägt. Brenda Angiel gilt weltweit als Innovatorin des schwebenden Lufttanzes. Brenda Angiel Dance Company beteiligt sich das zweite Jahr in Folge an den Internationalen Festspielen in Sibiu. Nach dem herausragenden Erfolg der Aufführung Tango la înălţime“ (Tango in der Höhe“) schlagen die argentinischen Tänzer dem siebenbürgischen Publikum eine Fortsetzung vor. Die Darsteller scheinen frei im Raum zu schweben, der Boden und die Wände dienen ihnen als Stützpunkt, sie gehen über ihre Grenzen hinaus und schaffen ein Kaleidoskop der Bewegung und der Animation. Brenda Angiel erläutert das Konzept aerial dance“ (schwebender Lufttanz):
Was wir jetzt auf die Bühne bringen, ist das Ergebnis einer 22-jährigen Erfahrung. Das kann man nicht von heute auf morgen machen. Ich will die Bewegung erforschen, um neue Perspektiven und Möglichkeiten zu entdecken. Ich konzentriere mich ausschließlich auf den schwebenden Lufttanz, der den Darstellern im Tanz neue Bewegungsmöglichkeiten und dem Publikum neue Perspektiven anbietet. Das ist irgendwie mit einer endlosen Gelegenheit zu vergleichen. Heutzutage gilt das Konzept ›aerial dance‹ als Zirkusakrobatik und so wird es meistens vom Publikum wahrgenommen. Ich bin ausgebildete Tänzerin und meine Arbeit besteht aus Tanz, und nicht aus Akrobatik. Ich tanze und die Akrobatik entsteht daraus. Deswegen gilt für mich der Tanz als Kern meiner Arbeit und der Tanz kann sich durch Bewegung ausdrücken, mehr braucht er nicht. Manchmal kann er von starken emotionalen Zügen geprägt werden oder er kann Geschichten schaffen. Man kann sagen, dass ich mit der Abstraktion spiele, ich schaffe Geschichten, dann kehre ich zur Bewegung zurück.“
Berühmte Tanzgruppen aus Israel, Argentinien, Spanien, Frankreich, Südkorea traten beim Internationalen Festival im mittelrumänischen Sibiu auf. Rumänien durfte natürlich nicht fehlen. Der Choreograph Gigi Căciuleanu schlägt dem Hermannstädter Publikum eine Aufführung vor, die spezifische Themen für das Universum der Jugendlichen angeht. Zum ersten Mal brachte der Choreograph die Aufführung #EMOJIPLAY auf die Bühne des Bukarester Theaters Excelsior. Gigi Căciuleanu:
Ein wichtiges Thema meiner Aufführung ist die Kommunikation und der Dialog. Manchmal ein Dialog der Tauben oder ein Dialog, der funkt, als ob man ein Streichholz auf einer Reibfläche anzündet. In dieser Aufführung betonen wir diese Idee des Menschlichen in einer unmenschlich gewordenen Welt. Das Leben des modernen Menschen wird zunehmend von den Fortschritten der Technik geprägt, die ihn seiner menschlichen Natur berauben.“
Der Choreograph Gigi Căciuleanu wurde 2013, bereits bei der ersten Ausgabe des Projektes Ruhmesmeile, für die Einzigartigkeit seiner Schöpfung in der Tanz- und Theaterwelt“ mit einem Stern ausgezeichnet.