Bukarester Odeon-Theater wurde 70
Ende November feierte das Bukarester Theater Odeon sein 70-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass wurde u.a. der Band Odeon 70. Ein historisches Abenteuer und eine Hommage“ vorgestellt.
Luana Pleşea, 10.12.2016, 17:48
Im September 1946 öffnete das sog. Theater der Eisenbahnarbeiter“ seine Tore im Bukarester Arbeiterbezirk Giuleşti. Kurz darauf erhielt es einen neuen Namen und wurde zum Theater Giuleşti. 1974 zog die Truppe des Theaters Giuleşti in ein schönes, historisches Gebäude auf der Calea Victoriei (Siegesstraße), das berühmte Comedia Majestic. 1990, auf Initiative des damaligen Direktors, des Regisseurs Vlad Mugur, wurde das Theater Giuleşti zum Theater Odeon. Und das mit gutem Grund: Laut der Historikerin Maria-Magdalena Ioniţă hatte der Direktor den Namen Odeon nicht zufällig gewählt — er wusste, dass der Architekt Grigore Cerchez beim Planen des eleganten Gebäudes auf der Calea Victoriei sich von der Architektur des Odeon-Theaters in Paris hatte inspirieren lassen.
Das Bukarester Theater Odeon feierte neulich 70 Jahre seit seiner Gründung; zu diesem Anlass wurden zwei Büsten in Erinnerung an zwei Prominente dieses Theaters feierlich enthüllt — die Büste der Direktorin Elena Deleanu, die das Theater Giuleşti 38 Jahre lang leitete und es erreichte, einen zweiten Saal, den Saal Majestic in der Calea Victoriei, zu bekommen, und die Büste des beliebten Schauspielers Stefan Bănică, der als Star des Theater Giuleşti das Publikum jahrzehntelang mit seinem komödiantischen Talent unterhielt.
Bei der 70-Jahre-Feier des Theaters Odeon wurde auch der Jubiläumsband Odeon 70. Ein historisches Abenteuer und eine Hommage“ vorgestellt. Die Autorin, Miruna Runcan, war von 1991 bis 1994 Dramaturgin des Theaters Odeon.
Mit diesem Band zum 70-jährigen Jubiläum des Theaters Odeon, des ehemaligen Theaters Giuleşti, wollte ich eine Art Köder für Theaterliebhaber werfen — es handelt sich nicht bloß um eine kommentierte Datenbank. Das Recherchieren war für mich ein echtes Abenteuer — es gibt nur sehr wenig Informationsmaterialien über dieses Theater. Im Archiv des Theaters Odeon gibt eine Reihe von Kritiken, die im Laufe der Jahre veröffentlicht wurden, aber nicht sehr viele. Für die Zeitspanne 1950-1960, das heißt gleich nach der Gründung des »Theaters der Eisenbahnarbeiter«, gibt es so gut wie nichts, und ich musste lange suchen, um überhaupt etwas zu finden. Ich fühle mich mit diesem Theater seelisch verbunden, ich wurde gegenüber dem Theater Giuleşti geboren, und mich interessierte, wie es dazu kam, dass in der Nähe des Bukarester Hauptbahnhofes, im Eisenbahner-Bezirk, ein Theater eröffnet wurde. Die kommunistische Ideologie verlangte, dass praktisch über Nacht in einem Arbeiterbezirk ein Theater funktionieren sollte.“
Der Jubiläumsband ist chronologisch strukturiert. Die Autorin bezog sich einerseits auf die politische Situation der damaligen Zeit und auf die unterschiedlichen Etappen des Kommunismus in den 45 Jahren, so dass der Leser die Aktivität des Theaters Giuleşti in diesem Kontext versteht. Andererseits betonte sie die ästhetischen Debatten, die Entwicklung des Denkens über Theaterregie in Rumänien. Über die repräsentativsten Momente in der Geschichte des Theaters Odeon sagte Miruna Runcan:
Ein erster wichtiger Moment ist das Jahr 1956. Das war ein Wendepunkt im ästhetischen Denken über Theaterregie. Ein zweiter wichtiger Moment waren die 1970er Jahre — es war eine äußerst fruchtbare Zeit für das Theater in Rumänien. Dann kamen die für ganz Rumänien und auch für das rumänische Theater besonders schlimmen 1980er Jahre. Nach der Wende erlebte das Theater Odeon eine großartige Zeit, die Zeit der Regisseure Alexandru Dabija, Alexander Hausvater, Mihai Măniuţiu, Dragoş Galgoţiu. Und seit 1996 entwickelte sich das Theater Odeon konstant — es ist eines der wenigen Theater in Rumänien, die immer besser wurden.“
Laut Miruna Runcan war das Theater Odeon das erste Theater, das nach 1990 seine Aufführungspalette stark gefächert hat — neben den auf dem Spielplan stehenden Aufführungen veranstaltete das Theater Odeon Lektüreveranstaltungen, Ausstellungen und Sonderprogramme für Kinder.
Die Schauspielerin Dorina Lazăr, die seit 1969 der Truppe angehört, ist seit 20 Jahren Direktorin des Theaters Odeon. Über die Beziehung zwischen dem Theater Odeon und seinem Publikum sagte Dorina Lazăr:
Sowohl dort, in Giuleşti, als auch hier, in der Calea Victoriei, besteht unser Publikum aus echten Theaterliebhabern. Zu uns kamen nicht unbedingt die Einwohner vom Bezirk Giuleşti, sondern vielmehr von anderen Bezirken Bukarests. Deshalb setzte sich die ehemalige Direktorin, Elena Deleanu, dafür ein, dass vor dem Theater eine Bushaltestelle platziert wird, so dass die Leute leichter ins Theater kommen. Wir haben ein treues Publikum — ältere Leute, die seit vielen Jahren in unser Theater kommen, bringen jetzt ihre Enkelkinder mit. Glücklicherweise haben wir Aufführungen für alle Altersgruppen, für Kinder, Jugendliche, Erwachsene. Die Tore unseres Theaters sind immer für junge Menschen offen. Die Eintrittskarten sind bei uns nicht teurer geworden, damit alle sich so oft wie möglich einen Theaterabend leisten können.“