Performance und Experiment: LIKE CNDB – das etwas andere Festival
In Bukarest ging diese Woche die 3. Auflage des Festivals LIKE CNDB statt zu Ende. Es handelt sich um ein Festival der unkonventionellen Tanztheaterveranstaltungen, die sonst nicht unter einen Hut mit herkömmlichen Produktionen zu bringen wären.
Luana Pleşea, 16.04.2016, 17:30
Die 3. Auflage des Festivals LIKE CNDB, das vom Nationalen Tanzzentrum Bukarest vom 17. März –17. April veranstaltet wurde, lief unter dem Motto: De neîncadrat“ (zu deutsch in etwa Die, die aus der Reihe tanzen“). Unter diesem Motto versuchten die Festivalveranstalter, die sog. Waisenkinder“ der Unterhaltungskunst, hybride Vorstellungen und Shows, die aus Kombinationen verschiedener Künste resultieren, zusammenzubringen und bekanntzumachen. Mehr dazu von der Managerin des Nationalen Tanzzentrums Bukarest, Vava Ştefănescu:
Warum das Motto »Die, die aus der Reihe tanzen«? Erstens, weil wir dieses Jahr 100 Jahre DADA feiern. DADA war eine der stärksten Bewegungen der Avantgarde, und das Nationale Tanzzentrum Bukarest (CNDB) wird von diesem Geist der Avantgarde beseelt. Bereits seit seiner Gründung hat das CNDB dem Publikum außergewöhnliche, nicht der Norm entsprechende Veranstaltungen angeboten, Aufführungen, die aus der Reihe tanzten. Unsere Tanzaufführungen haben den Rahmen der Tanzkunst gesprengt, die Perspektive über diese Kunstform und deren Aufführungsmittel von Grund auf erneuert. In letzter Zeit haben die Künstler um uns herum breit gefächerte Interessen und Projekte, die nicht zu einem Genre passen, nicht in eine bekannte Kategorie einzustufen sind. Die Tanzkunst steht auch nicht mehr alleine da — jetzt bieten die Gegenwartstänzer komplexe Aufführungen an — in Begleitung anderer Kunstformen entstehen mehrere Diskurse in derselben Performance.“
Zu den Veranstaltungen, die aus der Reihe tanzen“ und vom Nationalen Tanzzentrum Bukarest dieses Jahr ein LIKE“ bekommen haben, gehört auch die Aufführung mit dem Stück EA e băiat bun“ (dt. SIE ist ein guter Junge“), Text und Regie von Eugen Jebeleanu, basierend auf dem Dokumentarfilm Rodica ist ein guter Junge“ (Rodica ist ein weiblicher Name in Rumänien). Ziel des Projekts war, eine Aufführung über den Mangel an sozialer Toleranz gegenüber Minderheiten zu präsentieren, um die öffentliche Meinung für die schlimmen Folgen der Intoleranz und Diskriminierung zu sensibilisieren, oder mindestens um Fragen zu stellen. Mehr dazu vom Hauptdarsteller Florin Caracala:
Das ist keine Theateraufführung und auch keine Tanzaufführung. Es ist im Grunde genommen die Sublimierung der Geschichte Rodicas aus dem Dokumentarfilm »Rodica ist ein guter Junge«. Sehr wichtig ist dabei auch die Art und Weise wie wir, die Künstler, die Geschichte der echten Rodica, das Leben im Dorf Rozavlea, wo sie lebt, die Erfahrungen Rodicas, erlebt haben. Rodica ist ein Transsexueller. Was uns besonders überrascht hat, ist, dass alle Leute im Dorf Rozavlea Rodica sehr gern haben. Daher glauben wir, dass dieses Dorf ein gutes Beispiel für die ganze Welt ist. Wenn man im Dorf Rozavlea fragt: ‚Wie ist Rodica denn so?‘ — kommt sofort die Antwort: ‚Rodica ist ein guter Junge.‘ Rodica kümmert sich um die Tiere, sie singt bei Hochzeiten und Taufen… Alle lieben Rodica im Dorf Rozavlea. Wir haben einige Fragmente vom Dokumentarfilm, Gespräche mit Rodica, übernommen und diese in unserer Performance verwendet, aber in der Performance geht es nicht um den Dokumentarfilm, sondern um Rodica selbst, über unsere Beziehung zu Rodica, über Transsexualität, über Gender– und Geschlechtsidentität und auch über die Gesetzgebung betreffend die Geschlechtsidentität in Europa.“
Die Aufführung SIE ist ein guter Junge“ wurde in Cluj/Klausenburg produziert. Ebenfalls aus Cluj kommt die Konzert-Performance Parental CTRL“, eine Kreation des eklektischen Künstlers Ferenc Sinkó, die zum Thema Die, die aus der Reihe tanzen“ des Festivals LIKE CNDB perfekt passt. Ferenc Sinkó:
Diese Konzert-Performance wurde bereits im Nationalen Tanzzentrum Bukarest und in mehreren Theatern aufgeführt. Wenn man einer Minderheit angehört, kann man irgendwie sowohl der Minderheit als auch der Mehrheit angehören — man hat diese Möglichkeit, diese Flexibilität. Und das bedeutet viel mehr, als nur eine klar eingestufte Person zu sein. Ich bin noch auf der Suche nach meinem Genre, nach einer Form, die mich repräsentiert, aber zurzeit ist diese Form immer noch unklar, verstreut, und momentan gefällt mir diese Form, die ‚aus der Reihe tanzt‘. Der Titel »Parental CTRL« ist nur ein Teaser, ein Anreißer. Wir haben uns nicht vorgenommen, ein Bühnenstück über Elternkontrolle oder über den Konflikt zwischen den Generationen zu präsentieren. Wir sind eher in eine etwas persönlichere Zone gegangen, wo jeder seine persönliche Geschichte in Bezug auf die Eltern und die Beziehung zu den Eltern hat. Von da an haben wir angefangen, die Situationen zu entwickeln und zu generalisieren. Ich hoffe, dass jeder, der diese Aufführung erlebt, sich selbst wie in einem Spiegel betrachtet und auch an persönlichere Erlebnisse denkt, nicht nur daran, was auf der Bühne passiert. Jeder hat seine Geschichte und seine Geschichten.“