RRI Live!

Hören Sie Radio Rumänien International Live

Bukarest: Gedächtnis und Stadterkundung

Mit einem Kulturprojekt über sein kollektives Gedächtnis macht Bukarest seine Kandidatur um den Titel Europäische Kulturhaupstadt offiziell. Die Organisatoren stellen Schriftsteller gegenüber, die widersprüchliche Ideen über Bukarest ausdrücken.

Bukarest: Gedächtnis und Stadterkundung
Bukarest: Gedächtnis und Stadterkundung

, 29.08.2015, 17:30

Memorie” (zu dt. Gedächtnis) ist ein Teilprojekt über das kollektive Gedächtnis Bukarests, das die Kandidatur der rumänischen Hauptstadt um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2021 offiziell macht. Das Projekt läuft an der Gabroveni-Herberge (Hanul Gabroveni), die jüngst restauriert wurde und nimmt die Form einer Trilogie an, die aus folgenden Teilen besteht: Memoria, Explorarea, Imaginarea Oraşului z.d. das Gedächtnis, die Stadterkundung und die Wahrnehmung der Stadt.



Dabei wird die Stadt sowohl zum Handlungsraum, als auch zum Protagonisten. Bukarest war seinen Schriftstellern gegenüber gro‎ßzügig, hat ihnen erlaubt, sich von ihrem Kern, ihrer Quintessenz zu ernähren, manchmal in einer schmerzhaften Art, und lie‎ß sich ihrerseits, genau wie ein riesengro‎ßer Vogel, von den Schriftstellern ernähren, die über sie geschrieben haben. Sie haben sich dann Teile ihrer Körper weggeschnitten, damit sie der riesengro‎ße Vogel im Gegezug auf seinem Rücken hin und her transportieren kann. Die in Freunde und Feinde der Stadt geteilten Schriftsteller haben sie alle auch mit Gro‎ßzügigkeit und lauter Paradoxen belohnt. Sie haben Bukarest sowohl zum Handlungsraum, als auch zur Hauptfigur gemacht. Sie haben sie gleicherma‎ßen verehrt und verdammt.” Wir haben die Schriftstellerin Svetlana Cârstean zitiert, die Kuratorin der Literaturveranstaltungen, die an der Gabroveni-Herberge stattfinden. Die Schriftstellerin kommt mit Einzelheiten zum Veranstaltungsplan zu Wort:



Bis Mitte Mai läuft die Etappe Gedächtnis”. Im Vorfeld der Literaturveranstaltungen haben wir die Autoren streng ausgewählt. Wir schlugen den Schriftstellern vor, über Bukarest zu sprechen, während sie sich gegenüber sa‎ßen. Wir stellen sie einander gegenüber, um eine interessante Spannung zu schaffen. Sie bringen dabei widersprüchliche Ideen zum Ausdruck. Einige sagen, dass sie Bukarest ohne Vorbehalt lieben, andere sagen hingegen, dass sie sich gegenüber der Stadt fremd fühlen. Einige, dass sie sich nur hier zu Hause fühlen, während andere der Überzeugung sind, dass sie zu jeder Zeit diese Stadt verlassen könnten. Wir haben der Literatur ein dreitägiges Programm gewidmet. Bei einer der Veranstaltungen waren die Schriftsteller Ioana Pârvulescu und Răzvan Petrescu zu Gast, wobei das Gespräch von der Literaturkritikerin Florina Pârjol moderiert wurde. Dann kam die Debatte Adrian Schiop–Mihai Duţescu, moderiert vom Kritiker Paul Cernat. Alle Schriftsteller, die sich an diesem Projekt beteligen, haben bislang in ihren Prosawerken den Beweis einer äu‎ßerst tiefen Beziehung zu Bukarest gemacht. Eine andere Debatte stellte die Schriftstellerinenn Gabriela Adameşteanu und Simona Sora gegenüber. Das Gespräch wurde von der Literaturkritikerin Andreea Răsuceanu moderiert. Andreea Răsuceanu möchte ich allerdings zu einer Konferenz einladen, weil sie sich als ausgezeichnete Expertin der literarischen Geographie erweist. Sie arbeitet derzeit an einem Buch zum Thema: Bukarest in der zeitgenössischen Literatur, von Mircea Cărtărescu zu Simona Sora.”




Im Rahmen des Projektes “Gedächtnis” fand auch ein Gedichtmarathon, moderiert von Svetlana Cârstean, statt, woran sich Adela Greceanu, Florin Iaru, Octavian Soviany, Miruna Vlada und Elena Vlădăreanu beteiligten. Die Kuratorin des Events mit weiteren Einzelheiten: “Jeder dieser Schriftsteller hat eingewilligt, seiner persönlichen Beziehung zu Bukarest Ausdruck zu verleihen. Unser Treffen führte folglich zu einem au‎ßergewöhnlichen Resultat und ich möchte das Projekt fortsetzen, weil es so viele Schriftsteller gibt, deren persönliche Erfahrung und Beziehung zu Bukarest ich kennenlernen möchte. Das ist aber nur eines der Projekte. In der Gabroveni-Herberge gibt es auch eine Ausstellung, die ich sehr lieb beigewonnen habe und die mir in der rumänischen Kulturlandschaft wie etwas ganz Au‎ßergewöhnliches vorkommt.



Es handelt sich um ein kleines Archiv mit alten Bukarest-Fotos. Jeder kann sich eines davon wählen, beim Infokiosk einscannen lassen, und es dann in einem anderen Ausstellungsraum an die Wand kleben und daneben schreiben, was für Erinnerungen das besagte Foto bei ihm weckt. Viele Besucher und auch Schriftsteller haben unseren Vorschlag mit voller Begeisterung angenommen. ”Der erste Teil der der rumänischen Hauptstadt gewidmeten Trilogie, das Gedächtnis der Stadt” nimmt sich vor, eine kognitive und affektive Karte Bukarests zu schaffen. Die Organisatoren spornen die Einwohner dazu an, sich mit Bildern und Videos aus persönlichen Sammlungen, die verschiedene Ausschnitte aus Dokumentationen ergänzen, am Projekt aktiv zu beteiligen. Die Bukarester haben somit auch die Gelegenheit, ihre persönliche Beziehung zu ihrer Stadt zum Ausdruck zu bringen. Svetlana Cârstean erläutert:



Der Prozess des Gedächtnisses” begann mit ein paar Menschen und wird, meiner Ansicht nach, mit deutlich mehr weitermachen. Darin liegt auch eines der Ziele unseres Projektes und eines der Kriterien, aufgrund derer jede Kandidatur ausgewertet wird: eine möglichst aktive und glaubwürdige Mobilisierung der Gemeinde. Ich wünsche mir, dass nicht nur Künstler über ihr eigenes Bukarest erzählen, selbst wenn dieser Aspekt beim Publikum viel Neugier weckt. Ich fand besonders interessant, als der Prosaschriftsteller Adrian Schiop sagte: wenn ich Geld haben werde, werde ich mir eine Wohnung im Randviertel Ferentari kaufen. Oder wenn jemand anderes darauf erwiderte, dass er möglichst weit weg von Bukarest gehen möchte. Ich bin selber nicht in Bukarest geboren, ich wuchs in Botoşani auf und die ersten Jahre meines Lebens verbrachte ich auf dem Land bei meinen Gro‎ßeltern. Ich habe also dieses Trauma, mich in einer Stadt einzuleben, zweimal erlebt: einmal als ich nach Botoşani zog, selbst wenn Botoşani eine kleine Stadt ist, und dann als ich in die Metropole Bukarest zog. Ich lebe seit 27 Jahren in Bukarest, theoretisch könnte ich sagen, dass ich mich hier zu Hause fühle. Ich fühle mich dennoch nicht richtig wie zu Hause, die Stadt hat mich mittlerweile nicht komplett adoptiert. Ich habe verschiedene Entwicklungsstadien Bukarests miterlebt, in zahlreichen und voneinander total unterschiedlichen Vierteln gewohnt. Ich glaube, dass mir dieses Projekt die ganze Zeit Überraschungen bereiten wird und es wird mir klar, dass ich mich gegenüber dem Subjekt neu positionieren muss.”




Es besteht die Möglichkeit, dass sich Bukarest im Jahr 2021 der langen Liste der europäischen Kulturhauptstädte anschlie‎ßt. Der nationale Wettstreit der Städte, dessen Gewinner Rumänien dabei vertreten wird, startete im Dezember 2014. Um den Titel kämpfen auch Cluj-Napoca (Klausenburg), Timişoara, Iaşi, Craiova, Arad, Sfântu Gheorghe, Oradea, Alba Iulia (Karlsburg), Brăila und Braşov (Kronstadt).

Foto: Adi Mărineci
Kulturchronik Samstag, 26 Oktober 2024

EXT. MAŞINĂ. NOAPTE: ein Film über sein eigenes Making-of

EXT. MAŞINĂ. NOAPTE ist der zweite Spielfilm von Andrei Crețulescu und in seiner Besetzung sind vier emblematische Schauspieler der Neuen Welle zu...

EXT. MAŞINĂ. NOAPTE: ein Film über sein eigenes Making-of
Foto:
Kulturchronik Freitag, 18 Oktober 2024

Für Inklusion, Gleichberechtigung und eine normale Welt: das künstlerische Projekt „Die Welt kennenlernen“

Im Mittelpunkt des künstlerischen Projektes stehen Kreativworkshops, Kunsttherapie, visuelle und psycho-relationale Bildung. Die Fotos des Projekts...

Für Inklusion, Gleichberechtigung und eine normale Welt: das künstlerische Projekt „Die Welt kennenlernen“
sursă foto: facebook Animest
Kulturchronik Samstag, 12 Oktober 2024

Animest: Italien als Gastland beim diesjährigen Animationsfilm-Festival

Animest setzt eine lange Tradition jährlicher Retrospektiven fort, die Ländern gewidmet sind, die Meilensteine des Kinos gesetzt haben. In diesem...

Animest: Italien als Gastland beim diesjährigen Animationsfilm-Festival
Il progetto Bestiario - Bene di consumo
Kulturchronik Samstag, 05 Oktober 2024

Konformitätsdruck: Das Theater-Projekt „Bestiar. Konsumgut”

Das Projekt eröffnet die Debatte über die besorgniserregende Spannung der die Jugendlichen heutzutage ausgesetzt sind. Es ist die...

Konformitätsdruck: Das Theater-Projekt „Bestiar. Konsumgut”
Kulturchronik Samstag, 28 September 2024

Nachwuchstalent gewinnt Gopo-Preis: Steckbrief Nico Becker

Niko Becker begann seine Karriere auf der Bühne des Deutschen Staatstheaters in Timișoara und spielte im Alter von 15 Jahren die Hauptrolle in dem...

Nachwuchstalent gewinnt Gopo-Preis: Steckbrief Nico Becker
Kulturchronik Samstag, 21 September 2024

Anonimul – Das Unabhängige Filmfestival im Donadelta

„WTF Luci!?“, unter der Regie von Paul Radu, ist der Kurzfilm, dem die Anonimul-Stiftung den ‚Ovidiu Bose Paștină‘-Preis verliehen hat. Die...

Anonimul – Das Unabhängige Filmfestival im Donadelta
Kulturchronik Freitag, 28 Juni 2024

Rumänischer Film “Drei Kilometer bis zum Ende der Welt” mit der Queer Palm ausgezeichnet

Seit ihrer Einführung im Jahr 2010 wurde die Queer-Palme an Produktionen verliehen, die die Vielfalt widerspiegeln. Emanuel Pârvu wurde auf dem...

Rumänischer Film “Drei Kilometer bis zum Ende der Welt” mit der Queer Palm ausgezeichnet
Kulturchronik Samstag, 08 Juni 2024

Regisseur Emanuel Pârvu: „Mir geht es um die menschlichen Beziehungen“

  RadioRomaniaInternational · Regisseur Emanuel Pârvu: „Mir geht es um die menschlichen Beziehungen“   Seit der Einführung des...

Regisseur Emanuel Pârvu: „Mir geht es um die menschlichen Beziehungen“

Partner

Muzeul Național al Țăranului Român Muzeul Național al Țăranului Român
Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS
Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online
Institului European din România Institului European din România
Institutul Francez din România – Bucureşti Institutul Francez din România – Bucureşti
Muzeul Național de Artă al României Muzeul Național de Artă al României
Le petit Journal Le petit Journal
Radio Prague International Radio Prague International
Muzeul Național de Istorie a României Muzeul Național de Istorie a României
ARCUB ARCUB
Radio Canada International Radio Canada International
Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti” Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti”
SWI swissinfo.ch SWI swissinfo.ch
UBB Radio ONLINE UBB Radio ONLINE
Strona główna - English Section - polskieradio.pl Strona główna - English Section - polskieradio.pl
creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti
italradio italradio
Institutul Confucius Institutul Confucius
BUCPRESS - știri din Cernăuți BUCPRESS - știri din Cernăuți

Mitgliedschaften

Euranet Plus Euranet Plus
AIB | the trade association for international broadcasters AIB | the trade association for international broadcasters
Digital Radio Mondiale Digital Radio Mondiale
News and current affairs from Germany and around the world News and current affairs from Germany and around the world
Comunità radiotelevisiva italofona Comunità radiotelevisiva italofona

Provider

RADIOCOM RADIOCOM
Zeno Media - The Everything Audio Company Zeno Media - The Everything Audio Company