RRI Live!

Hören Sie Radio Rumänien International Live

Leonid Dimov, der Oneiriker

Der rumänische Dichter Leonid Dimov (1926 - 1987) hat sich keiner großen Popularität erfreut, selbst wenn berühmte Literaturautoren wie Mircea Cărtărescu und Emil Brumaru ihn als ihren Meister bezeichnen.

Leonid Dimov, der Oneiriker
Leonid Dimov, der Oneiriker

, 14.09.2014, 11:35

Der rumänische Dichter Leonid Dimov (1926 – 1987) hat sich keiner gro‎ßen Popularität erfreut, selbst wenn berühmte Literaturautoren wie Mircea Cărtărescu und Emil Brumaru ihn als ihren Meister bezeichnen. Nun wird sein Werk erstmals systematisch untersucht. Es geht um die Monographie Leonid Dimov. Un oniric în Turnul Babel“ (Leonid Dimov: ein Oneiriker im Babelturm“). Der Band erschien im Verlag Cartea Românească“. Die Autorin Luminiţa Corneanu hat aufgrund der Dokumente des Nationalen Rates für die Aufarbeitung des Securitate-Archivs (CNSAS) das dramatische Schicksal eines Menschen und Dichters ans Tageslicht gebracht, das von der kollektiven Tragödie Rumäniens im 20. Jahrhundert, vom Juden-Pogrom in den Vierzigern bis zur Verfolgung durch die Securitate während des kommunistischen Regimes geprägt wurde.



Leonid Dimov wurde für seinen aufrührerischen Geist berühmt, im Jahr 1957 hat er auf Stalins Statue uriniert. Keine Überraschung, dass sein literarisches Werk in keine Schablone passt: Du, Dimov, du machst etwas Erstaunliches, ich könnte sagen, du krempelst die ganze Literatur um“, schrieb ihm im Jahr 1967 der Dichterkollege Emil Brumaru in einem Brief. Das Buch der Autorin Luminiţa Corneanu untersucht das Werk von Dimov sehr nah und erläutert, inwieweit der Dichter die kommenden Generationen von Literaturautoren geprägt hat:



Zum ersten Mal wurde ich auf das Werk von Dimov als Literaturstudentin aufmerksam, als ich zum ersten Mal mit den theoretischen Schriften der oneirischen Bewegung in Kontakt kam. Später, als ich Lehrerin wurde, war sein Werk in Schulbüchern mit dem Gedicht »Der Werwolf und Clotilda« (eine ironiebeladene Liebesgeschichte zwischen einem Werwolf und einer Tennisspielerin) vertreten. Danach habe ich versucht, seine Gedichte meinen sechzehnjährigen Schülern zugänglich zu machen. Als Thema meiner Doktorarbeit habe ich eine Monographie gewählt, weil solche Instrumente in der rumänischen Literatur eine wesentlich Rolle spielen sollten und leider in Bezug auf das literarische Schaffen während des Kommunismus nicht zu finden waren. Kein Buch war über Dimov geschrieben worden und das fand ich merkwürdig.“




Luminiţa Corneanu bietet ein äu‎ßerst umfangreiches und glaubwürdiges Bild des Schriftstellers und bringt eine kritische und dennoch anständige Stimme zum Ausdruck, die wir in der rumänischen Literatur mit Sicherheit auch zukünftig hören werden“, schreibt der Literaturkritiker Paul Cornea über die Monographie seiner Kollegin. Luminiţa Corneanu über die Literaturbewegung in deren Mitte sich der Dichter Leonid Dimov entwickelt hat:



Am Ende der sechziger Jahre, ungefähr 1966-1967, trafen sich die Schriftsteller, die später die Oneirische Gruppe bildeten, im Luceafărul-Kreis, geleitet von Miron Radu Paraschivescu. Sie unterschieden sich von den anderen durch den kämpferischen Geist, sie plädierten für die Ausdrucksfreiheit, für die Freiheit der Schriftsteller. 1968 findet ein Rundtisch statt und Dumitru Ţepeneag legt den Grundstein dieser Gruppe. Es war das erste Mal, als der Begriff »Oneirismus« [abgeleitet vom griechischen ‚oneiros‘ für Traum — Anm. d. Red.] gebraucht wurde. Eine neue Gruppe bildet sich. Leonid Dimov und Dumitru Ţepeneag bleiben die bekanntesten Vertreter dieser Schriftstellergruppe. Sorin Titel, Daniel Turcea, Virgil Mazilescu sind ebenfalls Vertreter der Oneirischen Gruppe, die 10 Mitglieder zählte.“




Wie diese Schriftsteller es geschafft haben, in einer Periode zu schreiben, in der die Zensur sehr streng war, sagt uns nun die Autorin des Volumens Leonid Dimov. Ein Oneiriker im Babelturm“, Luminiţa Corneanu:



Gleich nachdem der Oneirismus durch die Theorie von Dumitru Ţepeneag anerkannt wurde, kam die Antwort der offiziellen Schriftsteller, der Favoriten des kommunistischen Regimes. Die Vertreter der neuen Gruppe wurden heftig kritisiert. Die Oneiriker waren nicht am Projekt für die Herausbildung des ‚neuen Menschen‘ beteiligt, sie wollten der Gesellschaft ausweichen, was damals als gravierendes Vergehen angesehen wurde. Die Oneiriker wurden allesamt als Evasionisten, als Entweichler gebrandmarkt, was in Zeiten des Proletkults schlimme Folgen haben konnte. Wenn man keine Kunst für die Arbeiter pflegte, wenn man nicht aktiv an der Gründung der neuen Gesellschaft beteiligt war, wurde man als ein Vertreter des Bürgertums gesehen. Die Gesellschaft bestrafte solche Einstellungen. Leonid Dimovs Erklärungen und Geständnisse sind ein Slalom zwischen seiner Konzeption und jener von Dumitru Ţepeneag über Literatur, Kunst und offizielle Reaktionen auf ihr Schreiben und ihre Einstellung. Die politische Polizei, die sogenannte Securitate, bespitzelte sie wegen ihres Freiheitswunsches, der ganz deutlich ausgedrückt war.“




Dimov besucht auf Dumitru Ţepeneags Einladung im Zeitraum 20. Juli — 14. September 1971 Frankreich. Im September 1971 werden die beiden Schriftsteller von Radio Freies Europa interviewt. Die Securitate reagierte gleich. Nach seiner Rückkehr in Rumänien wurde Leonid Dimov ständig überwacht und er erhielt Publikationsverbot. Er starb am 5. Dezember 1987 an einem Herzinfarkt. Zwölf Gedichtbände und zahlreiche Übersetzungen bilden sein Werk. Er wurde vom Bukarester Schriftsteller-Verein für die Gedichtbände Dialectica vârstelor“ (Dialektik der Zeitalter“) (1978) und Veşnica reîntoarcere“ (Ewige Rückkehr“) (1982) ausgezeichnet. Der Schriftstellerverband hat ihn 1980 für die Übersetzung der Gedichte von Gérard de Nerval, die 1979 im Bukarester Univers-Verlag veröffentlicht wurde, ausgezeichnet. Dimov war für lange Zeit nur ein Name pour les connaisseurs“.

Foto: facebook.com/Clara.the.Romanian.school.teacher
Kulturchronik Freitag, 22 November 2024

Spielfilm „Clara“: Soziales Drama zum Thema Migration kürzlich in die Kinos gekommen

Der Spielfilm „Clara“ ist  kürzlich landesweit in die Kinos gekommen. Die Produktion des Regisseurs Sabin Dorohoi erzählt die Geschichte von...

Spielfilm „Clara“: Soziales Drama zum Thema Migration kürzlich in die Kinos gekommen
Kulturchronik Freitag, 15 November 2024

Spielfilm „Das neue Jahr, das es nie gab“ steht an der Spitze der Kinokassen

Die Produktion von Bogdan Mureșanu wurde als erster rumänischer Debütfilm bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig mit vier Preisen...

Spielfilm „Das neue Jahr, das es nie gab“ steht an der Spitze der Kinokassen
sursă foto: facebook.com/fntfestivalulnationaldeteatru
Kulturchronik Samstag, 09 November 2024

Dramaturgien des Möglichen: 34. Ausgabe des Nationalen Theaterfestivals

Drei Kuratoren wählten 31 Aufführungen aus allen Theatern des Landes. Hinzu kamen Nebenveranstaltungen wie Performance-Installationen,...

Dramaturgien des Möglichen: 34. Ausgabe des Nationalen Theaterfestivals
Foto: Adi Mărineci
Kulturchronik Samstag, 26 Oktober 2024

EXT. MAŞINĂ. NOAPTE: ein Film über sein eigenes Making-of

EXT. MAŞINĂ. NOAPTE ist der zweite Spielfilm von Andrei Crețulescu und in seiner Besetzung sind vier emblematische Schauspieler der Neuen Welle zu...

EXT. MAŞINĂ. NOAPTE: ein Film über sein eigenes Making-of
Kulturchronik Freitag, 18 Oktober 2024

Für Inklusion, Gleichberechtigung und eine normale Welt: das künstlerische Projekt „Die Welt kennenlernen“

Im Mittelpunkt des künstlerischen Projektes stehen Kreativworkshops, Kunsttherapie, visuelle und psycho-relationale Bildung. Die Fotos des Projekts...

Für Inklusion, Gleichberechtigung und eine normale Welt: das künstlerische Projekt „Die Welt kennenlernen“
Kulturchronik Samstag, 12 Oktober 2024

Animest: Italien als Gastland beim diesjährigen Animationsfilm-Festival

Animest setzt eine lange Tradition jährlicher Retrospektiven fort, die Ländern gewidmet sind, die Meilensteine des Kinos gesetzt haben. In diesem...

Animest: Italien als Gastland beim diesjährigen Animationsfilm-Festival
Kulturchronik Samstag, 05 Oktober 2024

Konformitätsdruck: Das Theater-Projekt „Bestiar. Konsumgut”

Das Projekt eröffnet die Debatte über die besorgniserregende Spannung der die Jugendlichen heutzutage ausgesetzt sind. Es ist die...

Konformitätsdruck: Das Theater-Projekt „Bestiar. Konsumgut”
Kulturchronik Samstag, 28 September 2024

Nachwuchstalent gewinnt Gopo-Preis: Steckbrief Nico Becker

Niko Becker begann seine Karriere auf der Bühne des Deutschen Staatstheaters in Timișoara und spielte im Alter von 15 Jahren die Hauptrolle in dem...

Nachwuchstalent gewinnt Gopo-Preis: Steckbrief Nico Becker

Partner

Muzeul Național al Țăranului Român Muzeul Național al Țăranului Român
Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS
Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online
Institului European din România Institului European din România
Institutul Francez din România – Bucureşti Institutul Francez din România – Bucureşti
Muzeul Național de Artă al României Muzeul Național de Artă al României
Le petit Journal Le petit Journal
Radio Prague International Radio Prague International
Muzeul Național de Istorie a României Muzeul Național de Istorie a României
ARCUB ARCUB
Radio Canada International Radio Canada International
Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti” Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti”
SWI swissinfo.ch SWI swissinfo.ch
UBB Radio ONLINE UBB Radio ONLINE
Strona główna - English Section - polskieradio.pl Strona główna - English Section - polskieradio.pl
creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti
italradio italradio
Institutul Confucius Institutul Confucius
BUCPRESS - știri din Cernăuți BUCPRESS - știri din Cernăuți

Mitgliedschaften

Euranet Plus Euranet Plus
AIB | the trade association for international broadcasters AIB | the trade association for international broadcasters
Digital Radio Mondiale Digital Radio Mondiale
News and current affairs from Germany and around the world News and current affairs from Germany and around the world
Comunità radiotelevisiva italofona Comunità radiotelevisiva italofona

Provider

RADIOCOM RADIOCOM
Zeno Media - The Everything Audio Company Zeno Media - The Everything Audio Company