Das Internationale Hörspielfestival „Grand Prix Nova“
Am 18. Februar 1929 hat der rumänische Hörfunk erstmals ein Hörspiel ausgestrahlt. Knapp 85 Jahre später gab es eine neue Live-Aufführung im Rahmen der Internationalen Festpiele des Hörspiels.
Luana Pleşea, 12.10.2013, 17:30
Am 18. Februar 1929 hat der rumänische Hörfunk erstmals ein Hörspiel ausgestrahlt. Es handelte sich um das Theaterstück Ce ştia satul“ (Was das Dorf wusste“) in der Regie von Ion Valjan, dargestellt von den Schauspielern des Nationaltheaters in Bukarest Maria Filotti und Romald Bulfinski. Fast 85 Jahre später wurde dasselbe Theaterstük am 5. Oktober zum Abschluss der internationalen Festspiele des Hörspiel-Theaters Grand Prix Nova“ ausgestrahlt. Somit ehren wir die Menschen, die in den Jahren 1928-1929 den Mut aufgebracht haben, innovativ zu sein und ein neues Massenkommunikationsmittel zu erfinden. Sie haben den Mut gezeigt, wie es sich Jahre später herausstellte, ein neues Kunstgenre: das Hörspiel-Theater zu erfinden“, sagte der Chefredakteur der Theater-Abteilung der Rumänischen Hörfunkanstalt, Attila Vizauer.
Es gab eine Zeit, als das Hörspiel auf der Bühne produziert und mit anwesendem Publikum live ausgestrahlt wurde. Auf der Bühne des Großen Saals des Rumänischen Hörfunks arbeiteten Schauspieler und Tontechnicker im Beisein des Publikums zusammen. Zur Erinnerung an diese Zeiten wurde die Bearbeitung nach dem Theaterstück Was das Dorf wusste“ unter dem Titel Was die Stadt wusste“ auf die Bühne des Bukarester Komödientheater vor einem zahlreichen Publikum gebracht. Regisseur Mihai Lungeanu über dieses ,visuelle“ Treffen des Publikums mit dem Hörspiel-Theater:
Der Zuschauer, Teilnehmer an diesem Kunstgenre, steht vor einer Art Alchemie, die er nicht jederzeit erleben kann, weil er nicht weiß, was im Studio läuft. Wir haben versucht, dem Publikum den Schöpfungsakt näherzubringen. Wir haben versucht, die Energie der Künstler, die vor 85 Jahren zum ersten Mal vor dem Mikrophon ein Theaterstück als Hörspiel vorgetragen hatten, wiederherzustellen. Es war das erste Treffen des Hörers mit Gestalten, seelischen Zuständen, Gefühlen, also mit live übertragenen Geschichten auf der Wellenlänge. Es handelte sich um einen einmaligen Schöpfungsakt, der den Schauspielern keinen Raum für Korrektur, Wiederholung oder Verbesserung anbot.“
Dieses Jahr fand das Internationale Festival des Hörspiel-Theaters Grand Prix Nova“ zum ersten Mal statt. Die Festspiele wurden zwischen dem 30. September und dem 5. Oktober von der rumänischen Öffentlich-Rechtlichen Hörfunkanstalt unter der Schirmherrschaft Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Margareta von Rumänien aus Anlass des 85. Jahrestages des rumänischen Hörfunks organisiert. Thema der Festspiele war die Innovation im Hörspiel-Theater.
Attila Vizauer, der Chefredakteur der Theaterabteilung von Radio Rumänien sagte, die erste Auflage der Festspiele habe seine Erwartungen übertroffen, selbst wenn das rumänische Hörspiel-Theater in letzter Zeit mit zahlreichen Preisen weltweit ausgezeichnet wurde. Attila Vizauer:
Jede Etappe des Festivals war ein Abenteuer. Nachdem das Projekt entstand, haben wir die Zusage der Leitung der rumänischen Hörfunkanstalt bekommen. In der nachfolgenden Etappe haben wir große Namen des europäischen Hörspiel-Theaters eingeladen, Jurymitglieder unseres Festivals zu werden, und wir haben begeisterte Rückmeldungen bekommen. Dann kam die Etappe der Teilnehmer-Registrierung. Das erste Gesuch haben wir aus Vietnam, dann aus der Ukraine bekommen. Schritt für Schritt haben wir so viele Teilnahme-Ansuchen bekommen, dass wir die Einschreibungszeit um 15 Tage verlängern mussten. 25 Theaterensembles aus 22 Ländern, 56 Aufführungen nach der ersten Auswahl! Dann hat das Festival begonnen und Teilnehmer aus der ganzen Welt wollten dabei sein, nicht nur ihre Beiträge nach Bukarest schicken, sie haben an allen Hörproben und Debatten teilgenommen. Es gab viele Gespräche zum Thema des Festivals und zu jeder Aufführung, die auf dem Programm der Festspiele stand. Wir haben viel diskutiert, was Innovation im Hörspiel-Theater bedeutet, in welchen Bereichen dieser Kunst man innovativ werden soll, welche die letzten Entwicklungen dieses Kunstgenres sind, all diese Themen sind bei unseren Gesprächen zur Sprache gekommen.“
Präsident der Jury war der Leiter der Norwegischen Akademie für Sprache und Literatur und ehemaliger Leiter der Theater-Abteilung der norwegischen Hörfunkanstalt, Nils Heyerdhal. Zu den neuesten Entwicklungen im Hörspiel-Theater sagte Jurymitglied Nils Heyerdhal:
Besonders bemerkenswert fand ich, dass immer mehr Produzenten und Radiosender den Inhalt über verschiedene Kommunikationskanäle, nicht nur über Radiosender verteilen lassen möchten. Heute wird Hörspiel nicht nur für Radio, sondern auch für das Online-Umfeld und soziale Netzwerke produziert. Hier wird eine Art Gemeinschaft um das Theaterstück gebildet, hier entstehen Gespräche und man kann Kommentare hinterlassen. So kommen wir zu einer zweiten Richtung des aktuellen Hörspiels: Das heutige Hörspiel-Theater versucht, für das junge Publikum attraktiv zu werden. Der Inhalt ist selbstverständlich sehr wichtig, aber gleichermaßen auch die Form. Das Kurztheater zum Beispiel genießt heute eine große Beliebtheit. Heute wird alles mit großer Geschwindigkeit gemacht. Eine neue Richtung ist daher das Kurztheater. Mehrere Folgen von je 10 oder 15 Minuten können beispielweise das junge Publikum anziehen. Das bedeutet aber auch, dass die Schauspieler anders spielen müssen, nicht wie in einer Inszenierung von Tschechow oder Ibsen, die zwei Stunden dauern kann, sondern wie für die neue Welle.“
Diese neue Richtungen sind auch im Stück Vai, sărmanul tată!“ (Oh weh, der arme Vater!“) wiederzufinden. Das Theaterstück, das von Radio Rumänien in der Regie von Attila Vizauer produziert wird, wurde mit dem zweiten Preis der Sektion Kurztheater ausgezeichnet. Für den Regisseur Attila Vizauer war der Preis eine Überraschung:
Ich vertraute dem Text von Petre Barbu, meiner Vision als Regisseur, dem Professionalismus und der Begeisterung, die der Toningenieur Mihnea Chelaru und der Musikregisseur Mădălin Cristescu zur Gestaltung dieses Theaterstücks gebracht haben. Ich hätte nie gedacht, dass ich einen Preis erhalten werde, ich wagte nicht einmal, davon zu träumen. Das war nicht das Ziel unseres Teams, sondern eine erfolgreiche Organisierung dieser Veranstaltung. Der Preis ist für uns eine Freude, ein Geschenk.“
Das Fazit des Festivals zog der Präsident der Jury, Nils Heyerdhal:
Ich möchte das die öfffentlich-rechtliche Hörfunkanstalt solche Festivals, wo Theaterprofis aus der ganzen Welt zusammenkommen und über Zukunft und neue Möglichkeiten debattieren, das junge Publikum anzuziehen, auch zukünftig organisiert.“
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