Wasserschutz in der EU: Noch weit von Zielen der Wasserrahmenrichtlinie entfernt
Die Mehrheit der Gewässer der Europäischen Union befindet sich in keinem guten ökologischen Zustand, verlautet aus der jüngsten Studie der Europäischen Umweltagentur für den Zeitraum 2010–2015.
România Internațional, 02.11.2018, 17:30
Es wurden über 130 Tausend Wasserquellen untersucht und die Schlussfolgerung ist, dass die Gewässer in der ganzen Europäischen Union in einem besorgniserregenden Rhythmus verschmutzt wurden. Osteuropäische Länder haben sauberere Flüsse und Seen als jene in Westeuropa. Die chemische Verschmutzung der Gewässer ist auf die Bevölkerungsdichte und die Landwirtschaft zurückzuführen. Auch weltweit ist die Lage besorgniserregend. Experten warnen, dass sich die Welt auf eine Trinkwasserkrise hinbewegt, wenn nicht sofortige Maßnahmen ergriffen werden. Laut den Berechnungen der Vereinten Nationen werden 2050 rund fünf Milliarden Menschen in Gegenden mit eingeschränktem Zugriff auf Wasserquellen leben. Ein Bericht der Weltbank verweist darauf, dass in den letzten Jahren weltweit ungefähr 70 wichtige Flüsse wegen der Bewässerungssysteme und des exzessiven Verbrauchs ausgetrocknet sind.
Die Länder der Europäischen Union haben die Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG) zur Verfügung, um die Wasserökosysteme zu schützen und wiederherzustellen. Der Bericht der Weltbank zeigt aber, dass die besagte Richtlinie vor Ort nicht umgesetzt worden ist. Die Mehrheit der Flüsse, der Küstengewässer und der Untergrundgewässer ist weiterhin verschmutzt. Quecksilber und Kadmium sind weiterhin die Hauptverantwortlichen für die chemischen Verschmutzungsfälle. Camelia Ionescu ist Landeskoordinatorin der Abteilung Süßwasser bei WWF Rumänien und weiß mehr zum Thema:
Nur 40% der europäischen Gewässer befinden sich in gutem oder sehr gutem Zustand. Die Bewertungskriterien der Flüsse gehen von der aktuellen Gesetzgebung aus, von der Wasser-Rahmenrichtlinie, aber auch von anderen Gesetzgebungen, die mit dieser Richtlinie in Verbindung stehen. Bei dieser Studie hat man die physisch-chemischen Parameter beachtet, die Art und Weise, wie die Flüsse unter der Menschentätigkeit förmlich ersticken, konkrete physische Eingriffe wie Regelungen, Eindämmungen und Stauungen, die den natürlichen Kreislauf erschweren. All diese Kriterien wurden bei der Untersuchung der Flüsse von jedem einzelnen Land bewertet. Man hat allerdings festgestellt, dass Vieles nicht beachtet wurde, seitdem die Richtlinie Anfang der 2000er Jahre in Kraft trat. Die Richtlinie setzt klare Ziele fest, um eine gute Wasserqualität für alle Gewässer zu erreichen. Damals, im Jahr 2000, hat man Ziele gesetzt, um 2015 einen guten Wasserzustand zu erzielen, was man aber nicht eingehalten hat. Viele Länder sind von der Verlängerung der Zeit für die Zielerreichung ausgegangen, es gab viele Ausnahmeregelungen. Es hat einen Ehrgeizmangel einiger Länder gegeben, aber auch eine ineffiziente Art, die Investitionsnotwendigkeit zu bewerten, um die Gewässerqualität zu verbessern. Um ehrlich zu sein, besagt die Richtlinie, dass alle Ausnahmeregelungen bis 2027 zulässig sind. Bis dann müssen wir in Europa aus ökologischer Sicht Flüsse von guter Qualität haben.“
Der Bericht der Europäischen Umweltagentur verweist darauf, dass in Rumänien die Gewässer zum Großteil sauber sind. In den letzten Jahren wurden in diesem Bereich beträchtliche Investitionen getätigt. 287 Ortschaften haben Gelder erhalten, um die Versorgungs- aber auch die Aufbereitungsinfrastruktur des Wasers zur sanieren und zu erweitern. Für den Zeitraum 2014–2020 wurden diesem Bereich 2,7 Milliarden Euro zugewiesen, es wurden vier neue Initiativen genehmigt. Eines der großen Investitionsvorhaben befindet sich in Bukarest. Dieses erhält eine Zuweisung von 200 Millionen Euro aus europäischen Fonds. Camelia Ionescu:
In Rumänien ist der qualitative Anteil der Gewässer höher als der europäische Durchschnitt. Praktisch haben wir Flüsse, die sich in gutem Zustand befinden, aber auch eine Reihe von Bedrohungen in Verbindung mit den Verschmutzungsquellen. Ein Beispiel wäre die Landwirtschaft. Ich denke, dass fast die ganze Fläche Rumäniens als empfindlicher Bereich gilt, was die Verseuchung mit Nitraten aus der Landwirtschaft angeht. Das Grundwasser ist mit solchen Stoffen verseucht. Es gibt viele Fälle, in denen Brunnen nicht als Trinkwasserquelle benutzt werden konnten. Man müsste im landwirtschaftlichen Bereich seine Aktivitäten so planen, dass man die Wasserressourcen schützt.“
Die Wasser-Rahmenrichtlinie befindet sich derzeit im Fitness Check“-Überarbeitungsprozess. Dieser Fitness Check“ wird die Relevanz, die Effizienz, die Kohärenz und den Mehrwert dieser Richtlinie EU-weit überprüfen. Dieser Prozess wird auch eine öffentliche Umfrage umfassen, die im September 2018 ins Leben gerufen wurde. Rund 100 NGOs arbeiten derzeit an der Verteidigung und an der Konsolidierung der Umsetzung dieser Richtlinie. Sie rufen eine Kampagne ins Leben, die die Europäische Kommission auffordert, die Wasser-Rahmenrichtlinie zu verteidigen. Diese soll unverändert bleiben, auch wenn sich einige Staaten wünschen, dieses Gesetz abzuschwächen. Camelia Ionescu:
In diesem Bewertungsprozess gibt es auch einen Bestandteil, in dem die Bürger ihren Standpunkt, ihre Ideen äußern können und ihre Meinungen darüber, wie Wasser bewirtschaftet wird, übermitteln können. Das ist der Augenblick, in dem die Bürger der Europäischen Kommission, den nationalen und den europäischen Behörden mitteilen können, wie sie die Umsetzung der Richtlinien und den Schutz der Gewässer sehen, ob diese Gesetzgebung gut ist oder ob diese verbessert werden kann. Was wir wissen ist, dass diese Richtlinie vielen Wasserverbrauchern, aber auch vielen Behörden in unterschiedlichen Ländern recht viel Kopfzerbrechen bereitet hat. Die Absicht ist, diese Richtlinie abzuändern, umzuwandeln. Unsere Befürchtung ist, dass diese Umwandlungen zu einem Zurückschrauben der Ziele und einer Abschwächung der Ansprüche in der Wasserbewirtschaftung führen werden.“
Die öffentliche Umfrage findet bis zum 4. März 2019 statt. Zusätzliche Informationen über die Kampagne Schütze das Wasser“ gibt es auf der Webseite www.wwf.ro/campanii/protejeaz_apa.