Sanitas per aquam: Kurtourismus im Aufwind
Immer mehr junge Menschen interessieren sich für Wellness und Spa. Der Kurtourismus ist hoch im Trend, und Rumänien hat diesbezüglich einiges zu bieten.
Corina Cristea, 06.01.2023, 15:21
2022 war ein kompliziertes und herausforderndes Jahr für den rumänischen Tourismus: Die Folgen der Covid-19-Pandemie, der Krieg in der benachbarten Ukraine und schließlich die Energiepreiskrise, der Arbeitskräftemangel und die galoppierende Inflation haben dem rumänischen Gastgewerbe und Fremdenverkehr erheblich zugesetzt.
Dem Präsidenten der Nationalen Vereinigung der Reisebüros (ANAT), Dumitru Luca, zufolge ist es jedoch ermutigend, dass die Nachfrage im Tourismus die Erwartungen übertroffen hat. Er führt das auf Nachholbedarf nach einer langen Zeit der Mobilitätsbeschränkungen zurück, aber auch die beiseite gelegten und zuvor nicht verbrauchten Budgets für Urlaube dürften eine Rolle gespielt haben. Wir erwarten, dass immer mehr Urlauber Formen des Ökotourismus bevorzugen, ihre Vorteile entdecken und die riesige Ressource Natur genießen. Und Rumänien hat in dieser Hinsicht viele Vorteile“, sagte der ANAT-Präsident. Auf Einladung von Radio Rumänien sprach Nicu Rădulescu, Präsident des Arbeitgeberverbands im Kurtourismus, über das touristische Angebot der rumänischen Kurorte:
Rumänien verfügt über außergewöhnliche Ressourcen und Naturschätze, die in Europa einen hohen Stellenwert haben, und wir können wirklich einen qualitativ hochwertigen Kurtourismus anbieten, indem wir die medizinische Erfahrung nutzen. Das lockt besonders Touristen an, die an ihrer Gesundheit interessiert sind. Und hier haben wir sehr, sehr gute Ergebnisse erzielt, denn wenn vor fünf Jahren das Durchschnittsalter von etwa 60 % der Kurgäste bei über 50 Jahren lag, so kommen heute immer mehr junge Leute in unsere Behandlungszentren, in die SPA- und Wellness-Bereiche,. Sie sind ein sehr wertvolles Kundensegment, und junge Menschen zwischen 35 und 40 Jahren machen heute etwa 62 % der Kurgäste aus. Dies bedeutet einen völligen Wandel in der Wahrnehmung des Kurtourismus und spricht für den Trend, Kurorte eher zur Prävention als zur Behandlung aufzusuchen.“
Ein entscheidender Faktor in diesem Trend ist die Wellness-Komponente, die sich in den letzten Jahren zu einer echten Industrie entwickelt hat. Zu den gefragtesten touristischen Angeboten gehören inzwischen Salons für verschiedene Therapien und Massagen, Körper- und Gesichtspflege-Behandlungen, spezialisiertes Personal und Spa-Einrichtungen. Tourismusfachleute sagen, dass die besten Wellness-Urlaube diejenigen sind, bei denen man neben spezifischen Behandlungen und Therapien auch verschiedene Sportarten, Kreuzfahrten, Tauchen, Schwimmen, Klettern, Bungee-Jumping, Wandern, Bewegung im Freien, Radfahren, Kajakfahren, Reiten, Tennis und vieles mehr betreiben kann. Erneut Nicu Rădulescu vom Arbeitgeberverband im Kurtourismus mit Einzelheiten:
Dieser gar nicht mal so neue Bereich des Tourismus geht auf die Römerzeit zurück. Spa ist ein Kürzel des lateinischen Spruchs »sanitas per aquam«, also Gesundheit durch Wasser, und man kann sich vorstellen, dass die Römer, die die ersten Thermalbäder im heutigen Rumänien bei Herkulesbad einrichteten, diese auch ausgiebig nutzten. Heutzutage haben fast alle Hotels in Kurgebieten einen Spa- und Wellnessbereich, der immer mehr von jungen Leuten in Anspruch genommen wird, und das zeigt, dass wir uns nicht nur um den Körper kümmern müssen, sondern auch um Geist und Seele. Wenn wir von Wasser sprechen, denke ich vor allem an Thermalwasser, man darf aber auch das schwefelhaltige Wasser nicht vergessen, denn schwefelhaltiges Wasser wird manchmal bei verschiedenen Beschwerden empfohlen, und man kann es auch trinken, es ist also Wasser zur inneren wie zur äußeren Behandlung. Und dann haben wir noch die Mofetten in Siebenbürgen, CO2-Ausstöße, die einen außergewöhnlichen therapeutischen Wert haben und einzigartig in Europa sind. Natürlich gibt es auch Touristen, die lieber für therapeutische Schlammpackungen kommen. Rumänien ist also als Land mit all diesen natürlichen Ressourcen sehr gut ausgestattet. Wir haben das nötige Wissen, denn wir dürfen nicht vergessen, dass Rumänien einen sehr starken, europaweit anerkannten Sektor im Bereich der Heilbäder hat: Es gibt Fachärzte für Physiotherapie, ausgebildete Massage-Experten und Begleitpersonal — all diese Menschen sind wirklich sehr aufmerksam und achten auf alles, was in den Heilbädern passiert.“
Die Balneologie ist eine Wissenschaft, die in Rumänien sehr gut entwickelt ist, sagt zum Schluss noch Nicu Rădulescu, der Präsident des Arbeitgeberverbands im Kurtourismus. Das Rumänische Institut für Balneologie wurde in den 1920er Jahren gegründet, es steht immer noch unter der Obhut des Gesundheitsministeriums, und immer mehr junge Ärzte wenden sich dem Bereich der Balneologie und Physiotherapie zu.
Was das medizinische Personal anbelangt, hat Rumänien auf jeden Fall ein gutes Ansehen in Europa. Das heißt, dass unsere Ärzte sehr gut ausgebildet sind, dass die Kurmedizin in Rumänien im Allgemeinen eine Tradition hat und dass ein Land wie Rumänien, das ein so vielfältiges Angebot in Bezug auf Mineralwasser und den natürlichen Heilquellen hat, diese Ressource durch hochqualifizierte medizinische Fachkräfte auch nutzen muss.“