Energiewende in Rumänien: Verzicht auf fossile Brennstoffe könnte schwierig werden
Rumänien gehört zu den 18 EU-Ländern, die noch Kohlekraftwerke betreiben und auch bei der Heizung auf Holz und Kohle setzen. Doch die EU will bis 2050 klimaneutral werden. Der Umstieg auf saubere Energiequellen wird nicht leicht sein.
Corina Cristea, 12.02.2021, 17:30
Nach einer Schätzung der WHO tötet die Luftverschmutzung über sieben Millionen Menschen jährlich und macht viele andere krank und arbeitsunfähig. In Europa wäre es laut einer frisch veröffentlichten Studie möglich, durch die Reduzierung der Umweltverschmutzung auf WHO-Standards über 50.000 Todesfälle zu vermeiden. Die Feinstaubverschmutzung wird in städtischen Arealen mit höheren Sterberaten, Herz- und Kreislaufkrankheiten, Atembeschwerden, Schwangerschaftsproblemen und sogar fötalen Missbildungen in Verbindung gebracht.
Es besteht also dringender Handlungsbedarf in Industrie, Verkehr, aber auch in der Beheizung von Gebäuden mit Holz und Kohle. In der EU wird noch in 18 Ländern Kohle eingesetzt, darunter auch Rumänien, wo die Kohlekraftwerke zumeist einem von zwei großen Energiekonzernen gehören — Oltenia oder Hunedoara. Die Betriebseinstellung in Kohlekraftwerken auf internationaler Ebene und die Streichung von Subventionen für fossile Brennstoffe gehören zu den Maßnahmen, die eine reinere Umwelt begünstigen könnten.
Im Dezember haben die EU-Staaten beschlossen, bis 2030 die Treibhausgasemissionen um mindestens 55% gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren. Bis 2050 will die Union sogar klimaneutral werden. Der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg zufolge wurden letztes Jahr 38% des Energiebedarfs in der Union aus erneuerbaren Quellen erzeugt — um 4% mehr als 2019. Dieser Vorsprung reichte für einen Rekord aus — wie die Bukarester Energieexpertin Otilia Nuţu von Thinktank Expert Forum im Gespräch mit Radio Rumänien sagt, kam es vor dem Hintergrund einer aus Pandemiegründen rückläufigen Energienachfrage zu dieser günstigen Entwicklung:
Die aktuelle Politik hat dazu geführt, dass letztes Jahr erstmalig mehr Energie aus grünen Quellen als aus fossilen Quellen produziert wurde. Es steht zu erwarten, dass sich die Kohlebranche 2021 leicht erholt, aber der Schock wird langfristig dazu führen, dass Kohlekapazitäten geschlossen werden — die Frage ist nun aber, womit wir die Kohle ersetzen. Wir brauchen neue Kraftwerke, die mit der nichtkonstanten Versorgung aus erneuerbaren Quellen fertig werden.“
Wichtig ist, so Otilia Nuţu, dass wir uns nicht auf Transitlösungen festlegen, die uns dann weitere Probleme schaffen. Sie meint zum Beispiel Gaskraftwerke, die zwar weniger verschmutzen als die Kohlekraftwerke, aber ihre hohen Investitionskosten erst in 30 Jahren amortisieren.
Während in Europa der Anteil an fossilen Brennstoffen zurückgeht und 2019 bei 71% lag, ist in Rumänien diese Quote etwas höher: 73%. Dumitru Chisăliţă, Chef der Vereinigung für Intelligente Energie, einer zu Energiepolitik forschenden NGO, wirft ein, dass Rumänien in den letzten Jahren zahllosen internationalen Abkommen beigetreten ist, die die Reduzierung der CO2-Emissionen vereinbaren und dabei vor allem auf den Abbau der Kohleinfrastruktur abzielen. Wir müssen uns auf die Zukunft vorbereiten, fordert Dumitru Chisăliţă:
Schon jetzt sollten wir uns darauf einstellen, dass wahrscheinlich ab 2025 eine Entscheidung kommt, die die Wandthermen betrifft, und 2030 eine zum Verkehr. Dass das kommt, ist bekannt. Es ist demnach in grüne Erzeugung zu investieren, aber auch in die Speicherung — denn die Versorgung aus erneuerbaren Quellen erfolgt nicht kontinuierlich, weil wetterabhängig. Wir — d.h. die Union und Rumänien — müssen deshalb in Speicher investieren, die schnell einspringen, wenn die Erzeugung ausfällt. Das heißt dann aber auch, dass in die Umgestaltung der Stromnetze zur Anpassung an erneuerbare Energiequellen investiert werden muss. Und nicht zuletzt müssen wir uns den Verbrauch und die Nachfrage ansehen. Denn man diskutiert sehr viel über eine massive Umstellung der Verkehrs von herkömmlichen Treibstoffen auf Elektrofahrzeuge, über die Beheizung, die langfristig bis 2050 nicht mehr mit Holz oder Gas stattfinden soll, sondern mit Strom.“
Insgesamt, warnt der Energieexperte, geht es hier um gewaltige — auch finanzielle — Anstrengungen für den Aufbau der Stromnetze, die einen solchen Konsum tragen können.