Pandemien: Wie anfällig sind wir für Viren?
SARS-COV2 ist keineswegs das erste verheerende Virus, das die Menschheit heimsucht. Über die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen gegen Krankheitserreger und den notwendigen Phasen der Zulassung sprachen wir mit einem Experten.
Corina Cristea, 17.04.2020, 17:30
Definiert als ein infektiöser Prozess, der in einer geographischen Region auftritt, sich über sehr große Gebiete ausbreitet und einen großen Prozentsatz der Bevölkerung infiziert, wird die Pandemie durch einen Stamm des infektiösen Erregers hervorgerufen, gegen den die Bevölkerung keine antigenische Erfahrung hat. Wegen des neuen Coronavirus, dessen Auftritt erstmals im Dezember letzten Jahres in China gemeldet wurde und das den Namen SARS COV-2 erhielt, steht die Pandemie nun im Mittelpunkt aller Pressemitteilungen und bündelt alle Anstrengungen weltweit.
Es handelt sich jedoch bei weitem nicht um die erste Pandemie, denn die Menschheit hat im Laufe der Zeit mehrere Episoden von mehr oder weniger ähnlichem Ausmaß erlebt, die ihre Spuren hinterlassen haben. Wir sprechen von Pandemien wie den Pocken von 1870–1874 oder von Influenzapandemien: In der Geschichte des 20. Jahrhunderts gibt es drei große Influenza-A-Pandemien — die Spanische Grippe im Jahr 1918, die ihren Ursprung in China hatte und weltweit zum Tod von ca. 50 Millionen Menschen führte; die Asiatische Grippe im Jahr 1957, die etwa 1,1 Millionen Opfer forderte, bzw. die Vogelgrippe, die 1997 ausbrach und Millionen von Hausvögeln und mehrere hundert Menschen infizierte, von denen 168 starben. Weitere wichtige Herausforderungen sind im Laufe der Zeit die HIV/AIDS-Epidemie, der Ausbruch von Ebola in Afrika oder die Masern, die ohne Impfung zu häufigen Ausbrüchen führen. Dann gibt es auch das Respiratorische Syndrom des Nahen Ostens (MERS) und das ehemals schwere akute Atemnot-Syndrom (SARS COV-1), das 2002 in Hongkong aufgetreten ist. Und damit das Bild vollständig ist, muss man noch an die Fleckfieber-Epidemien erinnern, die zwischen 1914 und 1922 in Osteuropa und in den USA Millionen von Opfern forderten, etwa 300 000 davon in Rumänien. In Zahlen ausgedrückt, liegt die tragische Bilanz der Pandemien bei etwa 200 Millionen Menschen.
Wie anfällig sind wir für Viren? Es ist schwierig, diese Frage genau zu beantworten, denn selbst wenn die Impfstoffe es schaffen, die Situation mit den bereits bekannten Viren unter Kontrolle zu halten, bleibt die Anfälligkeit für ein neu aufgetauchtes Virus, also mit einem unbekannten Verhalten immer bestehen. Dafür muss eine Behandlung identifiziert und in kürzester Zeit ein Impfstoff entwickelt werden. Dan Zaharescu, der Exekutivleiter des rumänischen Verbands der internationalen Arzneimittelhersteller, der von Radio Rumänien eingeladen wurde, um verschiedene Aspekte der SARS-COV-2-Pandemie zu analysieren, sprach über die Bedeutung dieser beiden Werkzeuge zur Virenbekämpfung — Behandlung und Impfstoff:
Beide sind gleichwichtig. Natürlich ist aus der Sicht der öffentlichen Gesundheit der Impfstoff der wichtigste, weil er die Komponente ist, die die wirksamste Schutzlösung für die weite Bevölkerung bietet. Aber für diejenigen, die bereits mit diesem Virus infiziert sind, ist eine Behandlung unerlässlich. Und da wir über die Behandlung sprechen, wissen wir alle, dass es derzeit kein Medikament zur Behandlung der mit dem SARS-COV-2-Virus erkrankten Patienten gibt. Allerdings gibt es derzeit weltweit etwa 82 klinische Studien mit bereits existierenden Medikamenten, für die bereits die Erweiterung der therapeutischen Indikation bei der Behandlung gegen dieses Virus erprobt wird. Andererseits ist es sehr wichtig, unsere Hoffnungen in die in laufende Entwicklung von Impfstoffen zu setzen.“
Doch wie weit sind wir davon entfernt, einen Impfstoff gegen das neue Coronavirus zu finden, das bereits über 2 Millionen Infektionen verursacht und zum Tod von etwa 130 Tausend Menschen geführt hat?
Die Anstrengungen, die im Moment unternommen werden, sind gewaltig, es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, der weitergeht, um einen neuen Impfstoff zu finden, und ich kann Ihnen sagen, dass bei der Verbrennung einiger Etappen im Prozess der Entdeckung eines neuen Impfstoffs eine absolut außergewöhnliche Leistung erbracht wurde. Sieben Wochen nach der Genom-Kartierung dieses Virus wurde bereits ein Produkt, ein Impfstoff, eingeführt, der in die so genannte Phase-1-Studie eintrat. Unter Phase-1-Studie versteht man die Untersuchung gesunder Patienten und die Prüfung der unerwünschten Wirkungen, oder wie schädlich der Impfstoff für eine gesunde Person sein kann. Nach der ersten Phase der klinischen Studie folgt die zweite Phase der klinischen Studie, die an einer größeren Anzahl von Probanden durchgeführt wird. Dabei sprechen wir von mehreren hundert wiederum freiwilligen Probanden. Hier werden die Sicherheit und Immunogenität bewertet, die für den Impfstoff erforderliche Dosis analysiert und der Verabreichungsplan des Impfstoffs festgelegt, um seine Wirksamkeit zu gewährleisten. Und dann gibt es die klinische Studie der Phase Drei, die in der Regel mehrere Monate dauert, zwei, drei, vier Monate, um die Sicherheit und Wirksamkeit des groß angelegten Impfstoffs zu bewerten. Es wird auch die Verabreichung dieses Impfstoffs gleichzeitig mit anderen Impfstoffen analysiert, so dass es keine Interferenzen zwischen ihnen gibt und keine anderen Probleme auftreten. Am Ende dieser Phasen der klinischen Forschung gilt das Dossier für die Zulassung dieses Impfstoffs als fertig gestellt. Das Verfahren für die Zulassung eines Impfstoffs könnte, wenn es im Schnellverfahren durchgeführt wird, einige Monate, zwei oder drei Monate dauern, so dass bis zur Zulassung eines Impfstoffs im besten Fall sechs bis acht Monate vergehen könnten.“
Diese weltweiten Forschungsanstrengungen werden mit hunderten von Millionen Euro unterstützt, wobei die Endbeträge in der Größenordnung von Milliarden liegen. Insgesamt werden weltweit rund 80 Impfstoffe entwickelt, die am weitesten fortgeschrittenen in den USA und China. Unter den Impfstoffen, die derzeit in präklinischen Phasen getestet werden, befindet sich auch der Impfstoff der Forscher von OncoGen (dem Zentrum für Gen- und Zelltherapien in der Krebsbehandlung) im westrumänischen Timişoara (Temeswar).