Rumänien braucht einheitliches Förderungskonzept
Prominente wie der britische Kronprinz Charles und Fachverbände verschiedener Art fordern eine kohärente Förderungspolitik für Tourismus und landwirtschaftliche Produkte aus Rumänien.
Corina Cristea, 16.11.2018, 17:30
Der britische Kronprinz Charles ist bekanntlich ein großer Bewunderer Siebenbürgens. Er hat diese Region im Zentrum Rumäniens konsequent gefördert, da er hier die einzigartige Beziehung zwischen Mensch und Umwelt“ zu schätzen weiß und deren Bewohner von einem gewissen Gefühl der Zugehörigkeit“ angetrieben werden. Inzwischen gibt es auch nützliche Strategien für den Schutz des Kultur- und Naturerbes hier.
Der britische Kronprinz Charles hat mehrere traditionelle Häuser in der Umgebung erworben und ist in eine Kampagne eingestiegen, die Siebenbürgens Wälder vor der Zerstörung zu retten versucht — von denen einige zu den letzten Urwäldern in Europa gehören, das heißt vom Menschen unberührte Wälder. Die traditionellen Produkte der Region liegen Prinz Charles besonders am Herzen, deshalb spielt er die Hauptrolle in der Dokumentation Wild Carpathia“, die vom britischen Sender Travel Channel ausgestrahlt wurde.
Ein nützlicher Dokumentarfilm für Rumänien — ein Land, dem nach allgemeiner Auffassung mehr Förderung nicht schaden würde. Online- und Social-Media sind zu den wichtigsten Kanälen geworden, um Touristen zu den erfolgreichsten Reisezielen auf der ganzen Welt zu locken. Obwohl die Zahl der ausländischen Touristen prozentual angestiegen ist, ist die Werbung für Rumänien als Reiseziel im Jahr 2018 mangelhaft“, behauptet Tudor Maxim, der Gründer von #ExperienceBucharest — dem größten unabhängigen Förderprojekt Rumäniens, neben #ExperienceRomania.
Er weist auf die Bedeutung von Werbevideos, die Notwendigkeit einer ständigen Aktualisierung der offiziellen Website für nationale Werbezwecke und die Verwendung anderer Sprachen als Rumänisch hin. Kurz gesagt, wir existieren offiziell nicht als internationale Marke, und die Statistik der ausländischen Touristen in Rumänien gehört zu den schwächsten in ganz Europa“, sagt Tudor Maxim.
Anfang dieses Monats kamen bei der #ExperienceBucharest-Veranstaltung mehr als 300 internationale Gäste, Blogger, Journalisten, Vlogger sowie Twitter- und Instagram-Spezialisten zusammen. Sie entwickelten für die Kampagnen hochwertige Inhalte, warben für Bukarest und verschiedene Regionen und verbesserten den Bekanntheitsgrad Rumäniens um mehrere Dutzend Millionen Euro. Bei dieser Gelegenheit wurden alternative Führungen und Erlebnisreisen organisiert, wie Die Geschichte von Bukarest“, bei denen die Teilnehmer gut 500 Jahre Geschichte erkunden konnten, das Kulturerbe der Roma“ zum sensiblen Thema der Diskriminierung der Roma, dann Die Alternativ-Tour“, die mehr Appetit auf urbane Kunst machen soll, oder die Kommunismus-Tour“ zu den über 40 Jahren Geschichte, die den heutigen rumänischen Staat entscheidend prägten.
Rumänien sei noch weit davon entfernt, sein wahres Potenzial im Tourismussektor zu nutzen, sagen Vertreter der rumänischen Hotelbranche. Demnach könnten sowohl die rumänische EU-Ratspräsidentschaft ab Januar 2019 als auch die Vorbereitung der Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2020 sich positiv auf den rumänischen Tourismus auswirken. Alle Beteiligten müssten aber eine einheitliche Strategie verfolgen, sagt Călin Ilie, Präsident des Branchenverbandes des Hotelgewerbes in Rumänien:
Bis zum 31. Januar haben wir das Ziel, die Strategie zur Förderung der Reiseziele Bukarest und Rumänien fertigzustellen. Wir wollen alle Akteure an einen Tisch bringen und die Ressourcen nicht für einzeln entworfene Strategien verschwenden, eine vom Ministerium, eine vom Bürgermeisteramt, eine vom Verband. Wir glauben, dass wir Erfolg haben werden, auch wenn es extrem spät ist. Wir werden das fertigstellen, ich würde es nicht Strategie sondern Aktionsplan nennen. Während der Präsidentschaft erwarten wir rund 25.000 Delegierte aus den Mitgliedsländern, und während der Europameisterschaft werden etwa 120.000 Fußball-Fans zu den vier Spielen kommen. Wir möchten diesen Touristen eine positive Erfahrung bieten, wir möchten die lokale Bevölkerung so weit wie möglich einbeziehen, um ein Gefühl von Stolz zu erzeugen, dass man in einer Stadt wohnt, die solche Veranstaltungen organisiert, und vor allem wollen wir das Kulturerbe verwerten, die ‚Legacy‘ nutzen, die nach einem solchen Ereignis erhalten bleibt, so dass die positiven Auswirkungen 3, 4, 5 Jahre danach immer noch zu spüren sind.“
Das Ministerium für Tourismus wird das Reiseland Rumänien anhand von zwei Werbespots fördern, Broschüren in fünf internationalen Sprachen veröffentlichen, aber auch die Veranstaltung von Konzerten auf dem EU-Gipfel im Mai 2019 in Hermannstadt unterstützen. Allerdings braucht nicht nur der Tourismus mehr Werbung. Rumänien habe eine kohärente Strategie notwendig, um für traditionelle Produkte werben zu können, sagt Emil Dumitru, der Präsident des Branchenverbandes der Hersteller von Landwirtschaftsprodukten Pro Agro. Am Tag der rumänischen Landwirtschaftserzeugnisse erklärte er im Interview mit Radio Rumänien, es sei geplant, eine Agentur zur Förderung von Qualitätsprodukten zu gründen.
Eine solche Agentur wird dem rumänischen Hersteller in hohem Maße helfen, eine ordnungsgemäße Kennzeichnung für die eigenen Produkte zu haben, um alle technischen Angaben ordnungsgemäß präsentieren zu können, und wir glauben, dass Rumänien, das nach dem Austritt Großbritanniens das fünftstärkste EU-Agrarland sein wird, zum wichtigen Akteur auf dem Agrar-Lebensmittelmarkt in Europa avancieren wird.“
Für ein Länderprojekt in diesem Bereich plädieren auch die Weinproduzenten in Rumänien, die daran erinnern, dass ihre Weine oftmals internationale Auszeichnungen erhalten, jedoch wenig von der Werbung profitieren.