BRUA-Projekt: Kann Rumänien zu einem Energiesicherheitspol werden?
Das rumänische Energiesystem ist solide und lebensfähig, und Rumänien erfüllt alle Voraussetzungen für den Energieexport, sagt zumindest Energieminister Anton Anton.
Corina Cristea, 07.09.2018, 17:30
Rumänien ist zu diesem Zeitpunkt der Neubewertung der Energiepolitik auf globaler und europäischer Ebene Teil des Prozesses zur Gründung und Entwicklung der Energieunion zusammen mit den anderen europäischen Ländern. Wonach strebt Bukarest? Als regionaler Energiesicherheits-Pol aufzutreten und nicht nur ein Markt zu sein, sondern ein Knotenpunkt der Verkehrswege, die die Europäische Union vereinen. Man möchte aber auch zum effizienten und wettbewerbsfähigen Energie- und Gasproduzenten in Europa aufsteigen. Über welche Grundlage verfügt Rumänien, um diese Ziele zu erreichen? Es sei vor allem ein Energie-Mix, das zu den großen Unterscheidungsmerkmalen Rumäniens in Europa gehört, sagt Minister Anton.
Wir haben ein rohstoffreiches Land. Rumänien gehört zu den wenigen europäischen Ländern, die über eine Vielfalt der Ressourcen sprechen können. Mit diesen Ressourcen und den begrenzten Produktionskapazitäten, die wir zur Verfügung haben, decken wir den gesamten Energieverbrauch und außerdem schaffen wir es, Energie in die Region zu exportieren. Rumänien ist ein Pol der Energiesicherheit.“
Darüber hinaus könnte Rumänien, sobald die Förderung der Vorkommen auf dem Festlandsockel des Schwarzen Meeres beginnt, seine Position als unabhängiger Spieler auf dem europäischen Gasmarkt stärken und die Abhängigkeit von den Gasimporten aus Russland beseitigen. Dies ist das Ergebnis einer Delloite-Studie, die unlängst der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Kontext der Studie: Rumänien deckt bereits den größten Teil des Erdgasverbrauchs aus seiner eigenen Produktion und ist in der Tabelle der energieunabhängigen Staaten an dritter Stelle in der EU. Von den 28 Mitgliedstaaten ist die Abhängigkeit von Rohstoffimporten lediglich in Estland und Dänemark geringer als in Rumänien.
Razvan Nicolescu, ehemaliger Energieminister, derzeit Experte des Beratungsunternehmens Deloitte, erklärte, dass man aus Offshore-Perimetern 170 Milliarden Kubikmeter, das heißt durchschnittlich fünf Milliarden Kubikmeter pro Jahr fördern könnte. Investitionen in den Kohlenwasserstoff-Sektor im Schwarzen Meer würden bis zum Jahr 2040 Einnahmen für das Staatsbudget in Höhe von 26 Milliarden Dollar und weitere 40 Milliarden Dollar für das rumänische BIP generieren. Die Prognose ist etwas weniger optimistisch als die der rumänischen Behörden, sie basiere auch auf technischen Daten von Offshore-Operationen im Golf von Mexiko, die denen im Schwarzen Meer ähnlich seien, wie Răzvan Nicolescu erklärt.
Was die Gasvorkommen angeht, behaupten die Behörden, sie beliefen sich auf 200 Milliarden Kubikmeter. Wir sagen 170 Milliarden, das gemäß unserer Berechnung. Die Europäische Kommission zeigt in den durchgeführten Folgenabschätzungen einen starken Anstieg der Gaspreise. Wir schätzen, dass wir einen Produktionsüberschuss haben werden, dass diese Überschussproduktion positive Auswirkungen auf den Wettbewerb haben und den Preisanstieg in Rumänien dämpfen wird.“
Jede Geldsumme, die in die Nutzung von Schwarzmeergas investiert wird, wird durch direkte und indirekte Folgen oder die Auswirkungen auf angrenzende Wirtschaftssektoren verdreifacht wieder in den Haushalt zurückfließen. Hier sprechen die Experten von Deloitte davon, dass es sich nicht nur um den Verkauf von Gas selbst handelt, sondern um die gesamte wirtschaftliche Kette, die mit dieser Ressource verbunden ist, wie Projektleiter Sorin Elisei erläutert.
Wir reden von Investitionen im Wert von 22,2 Milliarden Dollar. Die Durchführung dieser Projekte in allen vier Phasen führt zu einer durchschnittlichen jährlichen Mitarbeiterzahl von über 30.000. Die Einnahmen für das kumulierte Staatsbudget werden um 26 Milliarden US-Dollar erheblich ansteigen, und wir sprechen von mehr als 70 Milliarden US-Dollar an zusätzlicher Wertsteigerung in der Produktion als Folge dieser Investitionen.“
Deloitte schätzt, dass 65% des geförderten Erdgases in Rumänien verbraucht werden und der Rest an den Export gehen wird, wodurch die Position Bukarests auf dem europäischen Gasmarkt konsolidiert wird. Die Vision der Energiestrategie Rumäniens ist es, den Energiesektor im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu stärken. Die Entwicklung des Energiesektors bedeutet ein Aufbau neuer Kapazitäten sowie die Modernisierung der bestehenden Kapazitäten in Bezug auf Energieerzeugung, -transport und -verteilung, sagen die Entscheidungsträger in Rumänien. Aus geographischer Sicht entspricht Rumänien einem Gebiet der Europäischen Union, über das viele Transportrouten führen könnten, und in diesem Sinne wurde das sogenannte BRUA-Pipeline-Projekt gefördert.
Der Verlauf der neuen Leitung kommt uns zugute, wir müssen uns anstrengen, mit ihr nicht nur Rumänien zu durchqueren, sondern auch Gewinne für Rumänien zu erzeugen, erklärte der Energieminister. BRUA ist ein neues europäisches Erdgasprojekt für einen Transitkorridor mit einer Gesamtlänge von 1.318 Kilometern, der eine bessere Vernetzung zwischen den Ländern entlang seiner Route ermöglichen soll — Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Österreich. Auch will man dadurch den Energiemarkt unterstützen, indem neue Verbindungen zu großen Infrastrukturprojekten wie die mitteleuropäischen Gaszentren und künftigen Offshore-Produktionsanlagen im Schwarzen Meer ermöglicht werden. Das Projekt soll auch eine stärkere Integration der europäischen Gasmärkte gewährleisten und die Versorgungssicherheit erhöhen.